Städtereise Liverpool

  • Nachdem wir letztes Jahr zur selben Zeit in Manchester waren, und es uns dort sehr gut gefallen hat, waren wir diesmal von Donnerstag bis Sonntag in Liverpool. Die Anreise ging wieder via Manchester Airport und die Fluglinie war wie letzes Jahr EasyJet. Das Angebot passt einfach. Wir hatten gegen einen Aufpreis von 25 GBP pro Strecke Exit Seats gebucht. In dem Aufpreis war außerdem ein zweites Handgepäckstück und Speedy Boarding inkludiert. Die Cabin Crews waren bei beiden Flügen sehr aufmerksam und freundlich.


    Ah ja, zum Thema Inflight Entertainment: Bei EasyJet gibt's 4 verschiedene Gins und 3 unterschiedliche Tonics! Der Tarquin`s Seadog ist ein Navy Strenght Gin mit 57% Alkoholgehalt. Jede 0,05 Liter Flasche wird exklusiv für EasyJet abgefüllt und von Hand mit Wachs versiegelt.





    Donnerstag:


    Vom Manchester Airport nehmen wir einen Bus von National Express, der uns in ca. 50 Minuten ins Zentrum von Liverpool bringt. Unser Hotel ist das Pullman Liverpool, das direkt in den Docklands liegt. Das kann man sich so vorstellen wie in Hamburg: Die Docklands entsprechen der Speicherstadt und der Bus fuhr bis Landungsbrücken. Zur Orientierung ein Foto, das ich vom Turm der Liverpool Cathedral aus gemacht habe. Das Pullman Hotel mit dem gelben Streifen am Dach ist links zu sehen, rechts davon die Echo Arena (die beiden ovalen Gebäude), das Wheel of Liverpool und das Albert Dock. Das Gewässer ist der River Mersey. Die Busstation befindet sich knapp außerhalb des rechten Bildrandes.



    Liverpool Cathedral



    Nachdem wir unser Zimmer in der 5. Etage mit Blick über die Echo Arena in Richtung "Three Graces" (dazu später mehr) bezogen hatten, erkunden wir Albert Dock. Der Komplex wurde in den 1840ern erbaut und besteht aus Docks und Warenlagern. Bei der Konstruktion wurde erstmals auf die Verwendung von Holz als tragendem Element verzichtet, damit war Albert Dock das erste nicht-brennbare Speichergebäude der Welt. Im WW2 wurde es bei deutschen Bombenangriffen zerstört und später wieder aufgebaut. Nun dient es (wie die Hamburger Speicherstadt) Restaurants und vor allem Museen als Heimat.



    Albert Dock



    Zwei Dinge sind in Liverpool allgegenwärtig: Die beiden großen Fußballvereine und natürlich The Beatles:



    Fab Four



    Weil das Wetter passt, machen wir uns zum Crosby Beach auf. Hier befindet sich das Kunstwerk Another Place von Sir Anthony Gormley. Einhundert eiserne Statuen, jede 650 Kilo schwer, die Gormley nach seinem Ebenbild geschaffen hat, wurden am Strand verteilt aufgestellt. Je nach Gezeitenstand steht einigen das Wasser bis zum Hals, während andere noch völlig trocken sind. Another Place thematisiert die Ausgeliefertheit eines durchschnittlichen Mannes mittleren Alters gegenüber Natur und Technik.



    Another Place



    Another Place



    Another Place



    Crosby Beach erreicht man am besten mit der Merseyrail (Northern Line von der Central Station bis Blundellsands & Crosby, Fahrzeit 20 Minuten, Retourfahrkarte um 3,70 GBP). Die Rückfahrt kann man dann von der Station Waterloo aus antreten.

  • Freitag:


    Wir starten mit einem herzhaften Frühstück im East Avenue Bakehouse in der Bold Street. Die Hipster backen selbst, brutzeln uns herrliche Eggs Benedict und Kaffee kochen können sie auch.



    East Avenue Bakehouse



    Danach sehen wir uns die Bombed Out Church an. Die Kirche steht am östlichen Ende der Bold Street. Offiziell heißt sie Church of St Luke, wurde während des "Blitz" (Bomberangriffe der Deutschen Luftwaffe 1941) ausgebombt und dient nun als Denkmal für die Kriegsopfer. 4000 waren es während des Blitz, die Region um Liverpool war die am heftigsten bombardierte Gegend Englands.



    Bombef out Church


    Wir gehen die Bold Street entlang. Es handelt sich um eine sehr interessante Geschäftsstraße mit vielen Restaurants. Am westlichen Ende liegt die Central Station. Hier wird's etwas schäbiger. One pound shops, Obdachlose. Bahnhofsgegend eben, das kennt man ja auch aus deutschen Städten.


    Gleich dahinter jedoch wird es wieder pompös. St. George's Hall, im neoklassizistischen Stil errichtet, beherbergt Konzertsäle und Gerichtshöfe. Eine schräge Mischung. Vor dem Gebäude steht irgendein Lord:



    Irgendein Lord



    Bombed out Church



    Wir besichtigen die Walker Art Gallery, eine der größten Kunstsammlungen Großbritanniens. Andrew Barclay Walker war Brauereibesitzer und später auch Bürgermeister von Liverpool. Aber nicht nur Mister Walker war kunstsinnig. Ich bin es auch! Um dies zu beweisen, habe ich ein Foto des Kunstwerks ausgewählt, das mich am meisten berührt hat:



    Walker Art Gallery


    Aber auch einen Turner gibt's zu bewundern, auch wenn es sich offensichtlich nur um ein Übungsblatt handelt:



    Ein Turner!!! Walker Art Gallery



    Direkt neben der Walker Art Gallery befindet sich die Stadtbibliothek mit ihrem historischen Lesesaal:



    Central Library, Liverpool


    Der moderne Teil der Bibliothek ist allerdings architektonisch auch nicht zu verachten:



    Central Library, Liverpool

  • Immer noch Freitag. Von der Bibliothek gehen wir eine knappe Viertelstunde zur (römisch-katholischen) Metropolitan Cathedral. Das kreisrunde, zeltförmige Bauwerk wurde 1967 geweiht. Die Spitze symbolisiert die Dornenkrone Jesu. Ist das schön? Oder hässlich? Jedenfalls ist es markant! Hier ein Foto, aufgenommen vom Turm der (anglikanischen) Liverpool Cathedral:



    Liverpool Metropolitan Cathedral



    Liverpool Metropolitan Cathedral


    Liverpool Metropolitan Cathedral



    Unweit der Metropolitan Cathedral steht DAS Wahrzeichen Liverpools, die Liverpool Cathedral. Es handelt sich um eine der größten Kirchen der Welt. 1903 gewann der damals 23jährige katholische (!) Architekturstudent Giles Gilbert Scott einen Wettbewerb für den Entwurf einer anglikanischen Kathedrale. Zwanzig Jahre später hat Scott übrigens noch einen Wettbewerb gewonnen: Von ihm stammt der Entwurf der typischen britischen Telefonzelle.


    Der Grundstein wurde 1904 gelegt, der Bau ging jedoch schleppend voran. Der 100 Meter hohe Turm wurde erst 1942 fertiggestellt und der Abschluss der Bauarbeiten erfolgte erst 1978! Jedenfalls ist es ein Gebäude der Superlativen. Die Länge beträgt 189 Meter, damit ist sie die längste Kathedrale der Welt. Vom Volumen her ist sie die fünftgrößte Kirche der Welt. Hier ein Blick in eine wirklich kleine Seitenkapelle:



    Liverpool Cathedral


    Und ein Blick auf die Kathedrale im letzten Abendlicht, gemacht am Samstag als wir aus einem Lokal kamen (Handyfoto):



    Liverpool Cathedral


    Will man am Ende einer anstrengenden Stadtbesichtigung einen 100 Meter hohen Kirchturm ersteigen? Eigentlich nicht. Aber man kann ja fragen, vielleicht gibt es einen Lift. Es gibt einen Lift, nur die letzten 108 Stufen muss man zu Fuß bewältigen. Da geht es von der Ebene, wo die Glocken befestigt sind, im Turm empor:



    Liverpool Cathedral


    Der Ausblick - hier auf Kloppi's Arbeitsplatz - ist gigantisch:



    Anfield



    Um ca. 17 Uhr sind wir retour im Hotel. Zeit, um den Reisebericht zu schreiben (Carina) und die Fotos zu sichten und zu bearbeiten (ich). Am Abend gehen wir dann noch in den Shoppingkomplex Liverpool One zu Yo! Sushi, wo wir einen sehr hohen Tellerturm bauen.



    Yo! Sushi

  • Samstag:


    Zeit, sich näher mit dem Albert Dock zu befassen. Zuerst gehen wir allerdings zum Museum of Liverpool. Das Gebäude ist nicht nur architektonisch interessant, auch die Ausstellung ist es. Hauptsächlich sind wir aber wegen dem Blick auf die "Three Graces" hier. Port of Liverpool Building, Royal Liver Building und Cunard Building wurden zwischen 1907 und 1917 erbaut. Das Royal Liver Building war von 1911 bis 1932 das höchste Gebäude der Welt.


    Dass wir die drei Bauwerke betrachten dürfen, verdanken wir der Deutschen Luftwaffe. Sie wurden als Ziel für den Anflug auf Liverpool benötigt und deshalb verschont.



    Three Graces from Museum of Liverpool



    Liverpool


    Dann besuchen wir das Museum of Slavery und das Liverpool Maritime Museum, die beide im selben Teil des Albert Dock untergebracht sind. Das Museum of Slavery beschäftigt sich kritsch mit der Rolle Liverpools im Sklavenhandel und beleuchtet auch den Kampf der schwarzen Menschen um Anerkennung ihrer Rechte und die bis heute anhaltenden Auswirkungen der Unterdrückung. Im Maritime Museum befindet sich u.a. eine Titanic-Ausstellung. Der Dampfer war ja in Liverpool registriert und hat auch sonst einige Verbindungen zu der Stadt.


    Aber das Wetter ist viel zu schön für Museen. Wir fahren mit dem Taxi zum Sefton Park. Dort gehen die Liverpooler mit ihren Hunden spazieren, fahren Rad, es wird musiziert. Schöne Stimmung, gutes Wetter (wie die ganzen vier Tage).



    Sefton Park



    Sefton Park



    Retour ins Zentrum fahren wir mit dem Bus. England hat eine Königin, Liverpool hat jedoch einen König: Mohamed Salah. Alle sind schon sehr aufgeregt, weil das Endspiel der Champions League naht:



    Waiting for the final



    Den Abend verbringen wir im Baltic Triangle, ein eher triestes Viertel, das aus Warenhäusern besteht. Allerdings sind hier Liverpools Kreative eingezogen. Es gibt Kunst und jede Menge Lokale. "The Botanical Garden" ist eine Gin-Bar, zu essen gibt's einen saugeilen Softshell Crab Burger. Den Wortwitz hab ich übrigens erst sehr spät kapiert, als Botanicals bezeichnet man die aromagebenden Stoffe (Kräuter, Gewürze, Früchte, ...), die dem Gin bei der Herstellung zugeführt werden.



    The Botanical Garden



    The Botanical Garden

  • Sonntag:


    Unser Bus retour zum Flughafen Manchester geht um 14:40 Uhr. Die Zeit bis dahin verbringen wir in der tollen Open Eye Gallery, die sich mit Fotografie beschäftigt und in der Beatles Story, übrigens dem einzigen Museum, in dem wir Eintritt zahlen mussten. Alle anderen waren gratis, wie dies in Großbritannien weit verbreitet ist.


    Hier - zum Abschluss des Berichts - ein paar Bilder aus der Beatles Story:



    The Beatles Story



    The Beatles Story



    The Beatles Story




    Fazit: Liverpool hat für drei oder vier Tage ausreichend Interessantes zu bieten und ist, überhaupt wenn das Wetter so herrlich ist, eine Reise wert. Dem Vergleich mit Manchester hält Liverpool nicht ganz stand. Manchester ist schöner. In Liverpool fehlt mancherorts der Flair der alten Bausubstanz. Kennt ihr ja aus Frankfurt oder anderen deutschen Städten. Und in Liverpool gibt es viele Obdachlose.



    Liverpool


    Leider konnte ich mich mit den Einheimischen nicht verständigen. Sie verstehen mich, was jedoch retour kommt, lässt mich meist ratlos zurück. Ich wollte zum Beispiel gerne mit einer Kellnerin einer Filiale von Patisserie Valerie streiten, musste dies jedoch erfolglos abbrechen. Ich tat dies mit den Worten: "Could you please speak English to me!", was sie mit einem tadellos verständlichen "I speak English!" konterte. Nein, die sprechen dort kein Englisch. Ich hatte 7 Jahre Englischunterricht in der Schule und kann mich mit Menschen aus London, Norwich, Australien, Südafrika und den USA unterhalten. Selbst mit Leuten aus Manchester oder mit Schotten.


    Die meisten waren jedoch sehr nett und freundlich:


    Ein Herr in der Kathedrale: "You should go up! You have very nice views from above. You even can see Anfield Road!" Er hat also meine Arsenal-Kappe gesehen. Ich: "Can I also see the Emirates? That would be a good view!"
    Er: "Don't talk to me!" :P


    Der Platzzuweiser im Frühstücksrestaurant des Pullman war offensichtlich Everton-Fan: "Table for two? But I have to say, we do not serve Liverpool fans!"
    Ich: "I'm a Gooner. I'm Arsenal fan!"
    Er (verdreht die Augen und wendet sich ab): "It's getting even worse!"


    In einem Supermarkt haben wir an der Kasse etwas länger gebraucht, die richtigen Münzen rauszukramen. Der Herr hinter uns war offensichtlich der Meinung, wir würden noch etwas Übung brauchen: "Would you like to pay mine too?"
    Ich: "No, we can't do that! The queue is getting longer and longer!"




    Ausblick aus dem Hotelzimmer. Nicht schlecht, oder?!



    Liverpool

  • Was soll ich sagen???!!! Einfach toller Bericht und absolut super-klasse Fotos! :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup:


    Jetzt will ich auch dorthin (wir sind sonst in Britain eigentlich eher auf dem Land unterwegs - aber so, wie ihr es gemacht habt, kann man da ja ein echt tolles Wochenende verbringen!)


    Muss gleich mal schauen, was da so von FRA aus hinfliegt ...

  • Mir hats auch gut gefallen und da ich keinen Vergleich habe, weil in beiden Städten noch nicht gewesen, finde ichs auch schön.
    Danke für Bericht und Fotos - schönes Zwickeltag Programm! :)

  • Tja - dann versuch mal, was von FRA nach LPL zu finden - da geht GAR NIX! Aber Ryanair fliegt in der Tat nach Manchester - könnte man schon für 23€ buchen ...


    Und nach Glasgow kommst du vermutlich auch am einfachsten über FRA - leider scheint Ryan Air die Strecke allerdings aufgegeben zu haben, nach Mai kann man nichts mehr buchen.

  • Und nach Glasgow kommst du vermutlich auch am einfachsten über FRA

    Nein, ich denke am einfachsten wird sein, direkt nach Edinburgh zu fliegen und dort den Bus nach Glasgow zu nehmen. Fahrzeit eine Stunde. Glasgow wird nach Manchester und Liverpool vermutlich nächstes Jahr die Serie unserer eher untypischen Städteziele auf den britischen Inseln fortsetzen.

  • Interessant, tolle Bilder.
    Allerdings muss ich gestehen - und ähnlich scheint ja auch ihr es empfunden zu haben - dass es meine Stadt nicht wäre. Jedenfalls nicht, bevor ich mir nicht erst mal was typisch britisches angesehen hätte. Außerdem kann ich weder mit Fußball noch den fab four (ja, geb ich zu!) viel anfangen.
    Ist bestimmt spannend, aber irgendwie fehlen mir architektonisch die "Augenschmeichler".


    Aber es ist natürlich auch sehr schön zu wissen, dass manche Orte eben nicht zuvorderst auf die Prio-Liste der Wochenendtrips müssen.


    Hab Dank für den Bericht,
    VG
    Gusti

    redfloyd.........................................................................................Gusti
    redfloyd.gifGusti.gif


    Heaven is where the police British, the cooks Thai, the mechanics German, the lovers Italian and it is all organised by the Swiss.
    Hell is where the cooks are British, the mechanics Thai, the lovers Swiss, the police German and it is all organised by the Italians.

  • Das UK ist nicht ein von mir anvisiertes Reiseland. Habe trotzdem mal deinen Bericht gelesen. MeinFazit:
    als wärest du vom "VisitLiverpool" Office angeheuert gewesen, aus dieser wenig augenschmeichlerischen Stadt (s. Beitrag von Gusti) das Beste herauszuholen. Der Bericht ist wirklich gelungen. Danke.
    horas

  • schöne Bilder einer häßlichen Stadt

    Als hässlich haben wir Liverpool nicht empfunden. Aber natürlich kommt es - egal, wo man ist - immer drauf an, worauf man achtet und - für uns Fotografierende - worauf man die Kamera richtet. Hässliche Gegenden gibt's überall, auch in Wien. Dort fotografiere ich besonders gern. Für die hässlichen Gegenden Liverpools hatten wir allerdings keine Zeit, wir waren ja nur 72 Stunden dort. Da seh ich mir lieber Kathedralen, Parks und Museen an als Plattenbauten und Autobahnschleifen.