Mit dem Motorhome auf Australiens Straßen

  • So, bevor die Reise zu lange zurück liegt, wollte ich noch was zu diesem Thema schreiben. Natürlich ist es unmöglich, im Rahmen eines Threads hier im Forum ein umfassendes Kompendium zu schreiben bzgl. Caravan und Australien. Viel besser schafft dies beispielsweise das Büchlein "Camping in Australien", in dem durchaus viele interessante Aspekte stehen. Aber selbst dieses Buch vermag noch nicht alle Überraschungen vorweg zu nehmen.


    Mit diesem Thread möchte ich vor allem denjenigen Foristi Mut machen, die – so wie wir – mit Caravans und Co. bislang so überhaupt keine Erfahrungen ... oder zumindest gewisse Vorbehalte hatten, ob sie mit dem Verkehr auf fremdländischen Straßen im Allgemeinen und dem Linksverkehr im Speziellen zurecht kommen.


    Leider war es mir nur möglich auf befestigten Straßen zu fahren. Etwas anderes wurde im Mietvertrag unseres Motorhome explizit ausgeschlossen und dafür war der Camper auch definitiv und augenscheinlich nicht ausgelegt. Über Schotter-, Sand- und sonstige Offroad-Touren kann ich deshalb nicht berichten. "Leider" muss man dazu sagen. Wie uns ein Ranger in einem Nationalpark versicherte, sind einige der schönsten Orte in australischen Nationalparks nur mit sehr viel robusteren (und damit auch weniger komfortablen) Fahrzeugen erreichbar und nicht mit unserem Motorhome.


    Wir haben knapp über 3500 km in rund zwei Wochen mit dem Camper zurück gelegt. Die Route startete in Brisbane, ging erst in einer Schleife nach Norden bis Fraser Island, dann in des Süden über Sydney und Melbourne, die Great Ocean Road entlang und wieder zurück nach Melbourne. Bei etwa 3000 km lief eine DashCam an der Frondscheibe mit. Ich hoffte, damit besondere Situationen während der Fahrt dokumentieren zu können. Nun habe ich 200 Gbyte an Videomaterial, in dem viele Straßen und etwas Landschaft zu sehen ist, in dem sich aber im Grunde nichts ereignet, was besonders erwähnenswert wäre.

  • Camper auswählen und buchen

    In Australien und Neuseeland befindet sich Vermieter-Szene in der Hand einiger weniger, dafür sehr großer Anbieter (Britz, Apollo, Jucy, Maoi, Mighty, etc.), die Niederlassungen in jeder halbwegs größeren Stadt haben. Das macht es einfach, den Camper (gegen eine gewisse Gebühr ... sonst wäre es nicht Australien) an einem Ort zu mieten und einige tausend Kilometer entfernt wieder abzugeben. Unsere Kriterien waren relativ einfach bei der Wahl des Fahrzeugs: Drei Personen, Dusche/WC, nicht gar so klein. Und schon hatten wir unser Monstrum ausgewählt. Im Nachhinein bin ich mir nicht wirklich sicher, ab es so ein großes Teil wirklich hätte sein müssen. Klar, es ist bequem wenn man etwas Platz hat. Da wir aber die meiste Zeit auf Campingplätzen übernachtet hatten, wäre Dusche/WC nicht wirklich notwendig gewesen. Und selbst bei "Free Camping" findet man speziell in Australien immer einen Übernachtungsplatz mit einer öffentlichen Toilette in der Nähe. Einmal haben wir einen kostenlosen Übernachtungsplatz gewählt, der beinahe wie ein Campingplatz eingerichtet war. Aber das bleibt jedem überlassen. Für längere Touren im Outback bei höheren Temperaturen und ohne Campingplatz weit und breit stelle ich mir eine Dusche schon als echten Luxus vor. Aber so extreme Verhältnisse hatten wir nicht.


    Die Camper sind mit Bettzeug und Geschirr soweit fertig ausgestattet, dass man eigentlich sofort loslegen kann. Wir entschieden uns zusätzlich noch für einen Campingtisch und drei Stühle, wobei man die identisch gleichen Stühle eine Stunde später beim nächsten Australien-Aldi für weniger Geld auch hätten kaufen können. Weiter hatten wir ein Navi gemietet, dessen Kartenmaterial aber (wie sich später heraus stellte) völlig veraltet war und das bzgl. Bedienung und Stabilität leider nicht das allerbeste war. Zusätzlich hatte ich auf meinem iPhone noch die Australien-Edition der Navigon Software installiert. Diese App erwies sich als deutlich hilfreicher als das gemietete Navi zu einem Bruchteil des Preises. Installiert hatte ich auch noch die "WikiCamps" App für Australien, die sich als sehr hilfreich erwiesen hat bei der Suche vom Campingplätzen in der Umgebung. Was wir noch hätten mieten sollen, wäre ein kleiner Heizlüfter gewesen, da die Nächte im Süden Australiens zu dieser Jahreszeit doch erheblich frischer waren als gedacht.



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  • Relocation

    ... ist Zauberwort für echte Sparfüchse. Irgend wie müssen die Camper ja wieder dahin kommen, wo sie her sind oder wo sie benötigt werden. Dazu zahlt man als Mieter eine Gebühr von z. B. 150 Dollar, aber das alleine reicht nicht aus um die Fahrzeuge tagelang wieder an Ort und Stelle zu bringen. Das dürfen spezielle Relocation-Kunden dann machen. Wer relativ große Strecken in sehr kurzer Zeit fahren will/muss, zeitlich flexibel ist und kurzfristig reagieren kann, kann auf eine der Relocation-Seiten der Anbieter sehen (wie z. B.http://www.apollorv.com/reloc.aspx). Man hat etwa eine Woche Vorlauf für die Planung und muss dann in vier bis sieben Tagen (selten 10 oder mehr Tage) einen Camper von A nach B bringen für eine Minimalgebühr oder gar für lau. Oder wie hier bei Apollo legen die Anbieter sogar noch einige hundert Dollar an Spritgeld oben drauf.

  • Camper abholen.

    In Brisbane befandet sich die Filiale unsere Anbieters in der Nähe des Flughafens und deshalb hatte ich für die erste Nacht ein ganz einfaches Hotel gewählt, von dem aus man in 20 Minuten zu Fuß die Filiale erreicht. Den Camper abzuholen gestaltet sich sehr einfach und in zwei Stufen. Zunächst werden im Büro die Formalien gecheckt (Nationaler Führerschein, Internationaler Führerschein, Reservierung), dann erfährt man ein paar allgemeine Dinge, es werden die vorab reservierten Extras besprochen (Tisch, Stühle, Navi, ggf. Heizlüfter) und dann kommt der große Hammer. Wie überall auf der Welt versuchen Autovermieter gerne, mit leicht überdimensionierten Zusatzversicherungen die mageren Margen der eigentlichen Fahrzeugvermietung aufzupeppen. Diesen Umstand hatte ich ganz verdrängt und so war ich komplett unvorbereitet auf diesen Teil der Besprechung. Wie man mir glaubhaft versichert, bestätige ich mit meiner Unterschrift auf dem Mietvertrag, nach geltendem australischen Recht für alle Kosten aufzukommen, die durch meine Anmietung entstehen. Insbesondere auch dann, wenn ein Schaden am Fahrzeug entsteht, für dessen Ursache ich überhaupt nicht schuld bin. Dazu gehören insbesondere auch Kosten, die weder durch die eigene Haftpflicht- und/oder Kasko-Versicherung noch (falls zutreffend) durch die Versicherung des Unfallgegners abgedeckt sind. Hierzu zählen auch Ausfälle der Vermietung während der Reparaturzeit des Campers, die gerne mal ein Vierteljahr dauern kann – vor allem auch dann, wenn der Unfallgegner unversichert war. Nachrangig (!) könnte ich dann meine Rechte vor einem australischen Gericht einklagen und (von wem auch immer) versuchen meine Auslagen zurück zu bekommen, was erfahrungsgemäß für Ausländer nicht so ganz einfach ist. Damit der Vermieter auf der sicheren Seite ist wird (anders als bei normalen Autovermietungen, die sich z. B. 2000 Dollar vom Kreditkarten-Institut "reservieren" (!) lassen) direkt und vor Ort 7000 Dollar von dem Verrechnungskonto meiner Kreditkarte abgebucht, die ich natürlich sofort zurück erhalte, sobald ich den Camper kratzerfrei wieder abliefere. Sollte ich telefonisch einen Schaden melden, wird als erstes noch einmal 7000 Dollar von meinem Konto abgebucht und erst dann fährt ein Mitarbeiter der Vermietung los und kümmer sich. Durch die Ausfallzeiten ergeben sich – so die Argumentation – auch bei kleineren Unfällen relativ schnell Summen tief im fünfstelligen Bereich. Natürlich kann man all das problemlos umgehen, indem man zusätzlich eine Versicherung abschließt, die dann alles abdeckt. Sie kostet um die $45 am Tag (!!), die Abbuchung der 7000 Dollar würde dann entfallen, ich hätte in keinem Schadensfall irgend welche Kosten und zusätzlich könnte ich sämtliche Mautstraßen in ganz Australien kostenlos nutzen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob das alles so stimmt, was man mir erzählt hat, aber ich kann nur dringend empfehlen, sich bzgl. Versicherung vorab zu informieren, was genau nun sinnvoll ist und was nicht. Sicher ist nur: Keine Vollkasko-Versicherung, die man von Deutschland aus vorab abschließen kann, trägt die genannten Kosten (!!). In der Situation in dem Büro der Vermietung war ich etwas überfahren und verärgert über meine eigene Blauäugigkeit so unvorbereitet zu sein. Für alle, die jeden Dollar zweimal umdrehen müssen, sind diese ungeplanten Ausgaben sicher ein ziemlicher Schock.


    Teil zwei der Abholung ist dann die praktischen Erläuterungen am Fahrzeug. Dabei beschränkt sich der Mitarbeiter der Vermietung auf den Camping-Teil. Dass man das Fahrzeug fahren kann, wird stillschweigend vorausgesetzt. Man erfährt, wie die Sitze zu Betten umgebaut werden, wie die Elektrik, Herd Kühlschrank, Dusche und WC, Mikrowelle, Gas, Frischwasser, "gray und black water" funktionieren. Wo der Blinker ist und wie das Radio und das Navi funktioniert, erfährt man hingegen nicht. Wenn man komplett neu in der Camping-Welt ist, kann man sich vermutlich nicht alles merken, was man nun komprimiert erfährt. Ich habe mir ehrlich gesagt auch nicht alles gemerkt. Den Kühlschrank über den externer Stromanschluss und sogar über die Gasflasche zu betreiben, das habe ich geschafft. Wie er aber über die interne Batterie betrieben wird, habe ich bis zum Schluss nicht hin bekommen. Die meisten Anbieter haben aber auf YouTube Videos, mit denen man das bequem bereits Zuhause vorbereiten kann, so dass man dem Mitarbeiter vor Ort zumindest mental folgen kann, was er etwas monoton heute schon zum zehn Mal herunter leiert. Ggf. kann es auch sinnvoll sein, YouTube Videos anderer Anbieter anzusehen, da die Camper-Technik ja eigentlich überall ähnlich ist.


    Und dann bekommt man den Schlüssel in die Hand gedrückt, gute Wünsche für die Reise und schwups ist man alleine mit einem Fahrzeug, das zunächst gefühlt mehr an einen Doppelstock-Bus erinnert als an ein Auto. Aber es ist alles halb so schlimm. Schon nach ein paar hundert Meter merkt man, das so ein Gefährt auch nicht viel anders fährt als ein normaler PKW. Lediglich das Geschirr scheppert im Schrank und das hintere Fahrzeugende ist irgend wo ganz weit weg.

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  • Verpflegung

    Ja man glaubt es kaum, aber auch in Australien gibt es Aldi. Und wie auch bei uns hat er hier die Szene der Lebensmitteldiscounter ordentlich aufgemischt. Lebensmittel sind in Australien generell teuere als bei uns. Milch und Milchprodukte (z. B. Käse) sind beispielsweise echte Luxusgüter. Und wer den Kühlschrank und die Vorratsschränke seines Campers mit einer Erstbefüllung versehen will, dem kann ich wirklich den nächstgelegenen Aldi empfehlen. Die Läden sind nicht nur sehr viel größer und reichhaltiger bestückt als bei uns, sie sehen auch sehr viel höherwertig aus und das Preisniveau ist teilweise wirklich deutlich unter dem Niveau anderer Discounter vor Ort.


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  • Camp Grounds und Free Camping

    Es gibt in Australien neben vielen offiziellen Campingplätzen (camp grounds) eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten mit dem Camper zu übernachten. Gemeint ist damit nicht nur das wilde übernachten, wie man bei uns sagen würde (free camping) irgend wo in der Landschaft oder in einer Stadt, sondern es gibt eine ganze Reihe eigens zur Übernachtung vorbereitete Orte, mit Stellplatz, Duschen und Toiletten und Frischwasser-Tankstelle. Interessant wäre noch zu erfahren, ob auf den Übernachtungsmöglichkeiten für LKW-Fahrer, die man in großer Zahl entlang der Highways finden kann auch Camper geduldet werden.


    Die Campingplätze sind durch die Bank empfehlenswert, haben alle ihren lokalen Charme, liegen oft sehr schön in der Landschaft, sind alle mit allem ausgestattet, was man als Camper so braucht und sind alle relativ teuer. Für drei Personen und einem "powered" Stellplatz muss man quasi überall zwischen 30 und 45 Dollar pro Nacht zahlen. Bei Temperaturen knapp über dem Nullpunkt in Südaustralien am Ende des Winters kostet es manchmal aber etwas Überwindung, in die quasi grundsätzlich offenen und sehr zugigen Duschen zu gehen.


    Für uns komplett unverständlich und eines der größten Probleme für uns war, dass die Büros der Campingplätze für den Check-In allesamt zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr schließen. Hinterher war es meist schwierig, einen Übernachtungsplatz zu bekommen. Zu dieser Zeit sind wir in den seltensten Fällen schon bereit gewesen einen Campingplatz anzufahren. An einem Campingplatz hat es gar kein besetztes Office gegeben und die Gäste wurden gebeten, den passenden Betrag für die Übernachtung selbst auszurechnen, in einem Umschlag zu verstauen und in einem Briefkasten zu werfen. Australisch-pragmatisch eben und sehr sympathisch. Mit dieser Erkenntnis haben wir dann einige Male die Weiterfahrt bewusst in die dunkle Tageszeit gelegt und haben zwischen 00:00 Uhr und 07:00 Uhr unser Fahrzeug einfach "irgendwo" abgestellt, an dem kein Schild zu finden war, dass das Camping verboten wäre.


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  • Die Sache mit der Fahrbahnbreite

    Ich weiß nicht, ob Ihr Euch auch schon mal gewundert habt, wie präzise LKW-Fahrer normalerweise die Fahrbahn mit ihren riesigen Fahrzeugen einhalten können. Oft ist da nicht mehr als 10 cm Platz zwischen dem den Reifen und der Fahrbahnmarkierung. "Es wird wohl an der Übung liegen" und "Das sind eben Profis" denke ich mir immer. Aber das alleine ist es nicht. Wenn man in einem LKW (oder ersatzweise in einem großen Motorhome) in die Seitenspiegel blickt, sieht man entlang einer schnurgeraden Seitenlinie des Fahrzeugs. Aufgrund der erhöhten Sitzposition sieht man auch die Seitenbegrenzung der Fahrbahnen direkt neben dem eigenen Fahrzeug sehr gut. Das ist in einem PKW komplett anders. Da sieht man nur irgend welche Blechrundungen und gar keine Fahrbahnbegrenzung bzw. erst weit hinter dem Fahrzeug. Mein Camper war 2,30 Meter breit. Bereits nach ganz kurzer Zeit war es mir völlig problemlos möglich, die Spur auf einige wenige Zentimeter präzise zu halten. Auch bei Tempo 90 oder 100. Eine Straße, die 2,30 Meter breit war, war problemlos zu befahren, Eine Straße mit 2,50 Meter oder gar 2,70 Meter (Highway-breite), empfand ich für meinen Camper dann beinahe schon als unanständig breit. Nach einigen hundert Kilometer und vielen Blicken in die Rückspiegel hat sich durch die erhöhte Fahrerposition das Straßenbild dann derart eingeprägt, dass die gleiche Präzision auch ohne den Kontrollblick in den Rückspiegel möglich war. In einem normalen PKW ist all die sehr viel schwerer.


    Ähnliches gilt beim rückwärts einparken um die Kurve auf einen Stellplatz. Auf australischen Campingplätzen parkt man den Camper gerne mal so, dass er unmittelbar neben einer ca. 3 * 7 Meter großen betonierten Bodenplatte steht, auf die dann Tisch und Stühle aufgebaut werden kann. Man kann so zwischen Camper und Vorplatz pendeln, ohne ggf. einen matschigen Boden zu betreten. Durch die Rückspiegel und die lange Seitenlinie ist es völlig problemlos möglich, den Camper schon beim ersten Versuch 1 bis 3 cm rückwärts parallel neben die Betonplatte zu zirkeln, so dass der Tritt vor der Tür bereits über der Bodenplatte schwebt. Ich war ehrlich gesagt sehr überrascht, wie einfach das ist. Dennoch sollte beim Rückwärts fahren immer eine Person außerhalb das Geschehen beobachten, weil man direkt hinter den Camper, aber auch seitlich außerhalb der Spiegel-Bereiche (vor allem auf der linken Fahrzeugseite) keinerlei Sicht hat und man (auch mit Rückfahrkamera) bei 3,50 Meter Fahrzeughöhe erschreckend schnell mal in Konflikt mit Bäumen, Ästen oder einem Dachüberstand kommt.


    Was ist die größte Gefahr beim Fahren mit einem solchen Camper? Nach Aussagen der Dame vom Vermietungs-Office der: "McDonalds Drive-Thru", wie sie mir mit einem Augenzwinkern sagte.


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  • Ein Land voller Geisterfahrer

    Wo immer die Briten irgend wann mal in der Weltgeschichte eine Kolonie hatten, findet man heute Linksverkehr in den Straßen. Nun war ich schon in Malaysia, Thailand und zweimal in Irland selbst Autofahrer (und in Indien und Myanmar als Radfahrer) mit dem Linksverkehr konfrontiert und ging die Angelegenheit relativ entspannt an. Tatsächlich hatte ich den Hof der Autovermietung noch gar nicht verlassen, da war bereits ein imaginärer Schalter im Kopf umgelegt und wir fuhren 3500 km so problemlos auf Australiens linker Straßenseite, als ob wir nie etwas anders gemacht hätten. Alleine die Straßenführung und die Beschilderung macht es – gerade auch ausländischen Fahrern – wirklich extrem einfach, sich zurecht zu finden. Bislang war für mich Malaysia die Referenz für besonders problemloses Fahren auf der "falschen Seite". Dieses Titel hat jetzt eindeutig Australien übernommen und ich kann wirklich nur jedermann empfehlen, es auszuprobieren. Ihr werdet Euch wundern, wie wenig man "umdenken" muss und wie schnell man sich an die neue Situation gewöhnt hat.


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  • Besonderheiten im Straßenverkehr

    Ein Kreisverkehr wird in Australien anders herum gefahren als bei uns zuhause. Praktisch kommt man aber durch die Straßenführung nie in die Verlegenheit dies vergessen zu können und einen Fehler zu machen. Wie bei uns hat Vorfahrt, wer sich im Kreisverkehr befindet und alles andere ist dann wie bei uns. Einzige Ausnahme: Blinken. Die meisten Australier – so meine Beobachtung - verhalten sich aber beim blinken an Kreisverkehren so, als ob gar kein Kreisverkehr da wäre. Wer beispielsweise die erste Abfahrt nach links fahren will, blinkt bereits vor der Einfahrt in den Kreisverkehr links, wer die dritte Abfahrt nach rechts fahren will (oder die vierte wieder zurück) blinkt rechts und wer die zweite Abfahrt geradeaus fahren will, blinkt gar nicht. Ob dies aber die offizielle Regelung ist, weiß ich nicht.


    Ein wirkliches Kuriosum sind sog. "Hook-Turns". Wer in Melbourne an mehrspurigen Straßen rechts (!) abbiegen will, muss sich links (!) einordnen und warten, bis der Gegenverkehr, aber auch der Verkehr auf der rechten Spur der eigenen Seite dies zulässt. Bevor ich unseren Camper in Melbourne abgegeben haben, hatte ich das Vergnügen, Familie und Gepäck in ein Hotel in Downtown Melbourne während der Rushhour zu fahren. Immer wenn ich brav auf der linken Spur gefahren bin, stand ich prompt und unvermittelt an der nächsten Ampel hinter einem Rechtsabbieger auf der linken Spur. Wie sinnvoll dieses Verfahren ist, mag ich nicht bewerten, aber für uns sehr ungewohnt ist es allemal. Aber: Auch in Großstädten sind die australischen Autofahrer sehr freundlich und rücksichtsvoll und selbst wenn man mal einen Fehler gemacht hat, sind alle bemüht, das Chaos zu beheben. Nur Mut also auch in der Rushhour in Großstädten.


    Wir konnten es anfangs kaum glauben, aber die Standstreifen auf Highways und Freeways sind in Australien offiziell für Radfahrer freigegeben. Der Zustand dieses Teils der Straße ist meist so schlecht, dass sich kaum ein Radfahrer darauf verirrt, aber gesehen haben wir doch einige. An Ein- und Ausfahrten kreuzen deshalb hin und wieder Radfahrer die Autobahn. Hier ist besondere Vorsicht angesagt.



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  • Hackordnung

    Wollte man bei uns die Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn in drei Gruppen aufteilen, so könnte man beispielsweise sagen, dass LKW die langsamste Gruppe ist im Bereich 80-90 km/h, einige gut motorisierte Edel-Limousinen nehmen den Bereich 150-230 km/h ein, während die meisten Teilnehmer normale PKW sind im Bereich 100-150 km/h. Ganz anders in Australien. Die schnellste Gruppe sind die LKWs, die immer hart am jeweiligen Limit (in der Regel 110 km/h oder minimal darüber) fahren. Dann gibt es (fast alle anderen) Verkehrsteilnehmer mit 110 km/h oder knapp darunter. Und dann gibt es noch langsame Fahrzeuge wie etwa meinen Camper, der im Bereich 90-100 km/h reist. In Summe gibt sich also eine ganz andere Hackordnung – aber auch eine ganz andere, sehr viel enspanntere Art, wie miteinander umgegangen wird, nachdem dann doch fast alle Verkehrsteilnehmer annähernd mit der gleichen Geschwindigkeit unterwegs sind.


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  • Der Highway

    Einen Highway / Freeway in Australien darf man sich nicht wir eine Autobahn bei uns vorstellen. Weniger als 1% der Strecke, die wir gefahren sind, ist so ausgebaut. Der weit aus überwiegende Teil ist von sehr viel schlechterer Qualität oder gar nur einspurig pro Richtung mit einer kurzen Überholspur alle 10 oder 20 Kilometer ... wo es eben sinnvoll ist. Wie alle wichtigen Ereignisse werden Überholspuren rechtzeitig angekündigt, sie erscheinen dann irgend wann rechts von der alten Fahrbahn, sind aber gerade so lang, dass maximal drei / vier Autos oder ein LKW überholen kann. Die Überholspuren enden dann nicht, sondern die alte, linke Fahrspur endet und auch die langsameren Verkehrsteilnehmer müssen dann binnen weniger Meter nach rechts wechseln. Wer nun erwartet, dass sich am Ende der doppelten Spur regelmäßig abenteuerliche Szenen abspielen (wie das bei uns zu erwarten wäre) unterschätzt wiederum die Gelassenheit und Souveränität der australischen Autofahrer. Völlig selbstverständlich wartet man hier auf der Überholspur und lässt den langsameren Verkehrsteilnehmer nach rechts einscheren und überholt nicht auf den letzten Drücker. Im Gegenzug warten die langsameren Verkehrsteilnehmer bis zum Ende ihrer Fahrspur und wechseln nicht verfrüht nach rechts. Kein einziges Mal habe ich hier eine gefährliche Situation erlebt. Anders als bei uns kann so ein Highway plötzlich auch mal eine Ortsdurchfahrt sein, mit Ampel, parkenden Autos am Rand, Tempo-30 Zone, Schulkinder auf der Straße, kreuzendem Verkehr oder U-Turns, um in Gegenrichtung weiter zu fahren.



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  • Wildwechsel

    Es wäre eine Horrorvorstellung gewesen, irgend ein Wildtier zu überfahren. Gottseidank ist es uns nicht passiert, aber es scheint in Australien ein wirklich großes Problem zu sein. Auf unserer Reise sahen wir etwa zwei Dutzend überfahrene Kängurus am Straßenrand, fünf oder sechs überfahrene Wombats (was besonders gruselig aussieht) und einige tote Kleintiere. Gottlob aber keinen überfahrenen Koala, die ebenfalls stark gefährdet sind. Was wir aber gesehen haben, sind lebende Kängurus insbesondere in der Dämmerung und in der Nacht in unmittelbarer Nähe zur Straße. Die Straßenführung und unser eher mäßiges Licht am Camper hätten uns im Falle eines Falles keine Chance gelassen, eine Kollision zu vermeiden. Keines der zahlreichen toten Tiere lag da schon länger. Es scheint also wirklich viel zu passieren. Ganz oft sieht man Schutzzäune entlang der Straßen. Manchmal sind sie so ausgelegt, dass nicht zu verstehen ist, wie sie irgend ein Wildtier abhalten sollen darunter durch zu kriechen oder oben drüber zu springen. Alle paar Kilometer gibt es Hinweise auf Wildwechsel in der Region und Telefonnummern, die man bei jedem (!) Wildunfalls anrufen soll. Selbst wenn beispielsweise ein überfahrener Koala augenscheinlich nicht mehr lebt, kann ein "Joey", also ein Koala-Baby in seinem Beutel überlebt haben und muss gerettet werden.


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  • Mautstraßen

    Mein Stand vor der Reise: Mautstraßen gibt es nur rund um Brisbane, Sydney und Melbourne. Man muss sie vorab über ein Online-Portal die Benutzung anmelden und die Mautgebühr bezahlen, Mautstraßen sind eigentlich nur für Pendler interessant und der Tourist findet immer eine mauffreie Umgehung.


    Mein Stand nach der Reise: Völliger Unfug. Die Mautstraßen kommen derart unvermittelt, dass man im Prinzip gar keine Möglichkeit hat zu reagieren. Insbesondere wenn man auf der Durchreise ist, hat man keine wirkliche Lust die Telefonnummern und Web-Adressen zu notieren, an denen man vorbei fährt und die zur Abrechnung auffordern. Ich glaube, ich würde heute noch in Melbourne kreiseln, wenn ich keine Mautstraßen genutzt hätte. Leider gibt es keine Pauschalregelungen für Ausländer und nicht mal einheitliche Regelungen für alle Bundesstaaten. Jeder Bundesstaat kocht hier sein eigenen Süppchen und hat sein eigenen Online-Portal und bei Nichtbeachten der Mautpflicht drohen hohe Strafen. Deshalb kann ich nur raten, ein "Mautpaket" beim Vermieter abzuschließen, sofern er dieses anbietet so dass von vorne herein alle Kosten gedeckt sind. Ich hoffe, bei uns hat das in allen Fällen geklappt. Wenn nicht, werde ich das noch über die Kreditkartenabrechnung und Nachforderungen des Vermieters erfahren.


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  • Unser Fazit

    Mit dem Camper oder dem Motorhome durch Australien ist die beste Art überhaupt in diesem Land zu reisen. Wir würden es jederzeit wieder machen, würden aber bzgl. Größe aus Ausstattung vielleicht eine Nummer kleiner wählen. Je nach geplanter Route ist evtl. ein etwas robusteres Modell sinnvoll. Das Versicherungsproblem ist bei mir ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Strecke und Zeit sollten besser aufeinander abgestimmt sein, als wir das gemacht haben. Während man zuhause gerne mal 1500 km an einem Tag durchfahren kann, würde ich das Limit in Australien bei 500 km ansetzen wenn eine "große" Strecke zurück gelegt werden soll und ansonsten nicht mehr als 200 km pro Tag. Bei der nächsten Tour würde ich mehr "free camping" Tage einplanen bzw. Übernachtungen außerhalb eines normalen Campingplatzes. Nicht (nur) weil es die Brieftasche schont, sondern weil es in Australien sehr gut geht und den Tag sehr viel flexibler macht.


    Total verliebt haben wir uns übrigens in die australischen Frühstücks-Cafés, in denen man auch als Veggi außerordentlich abwechslungsreich, reichhaltig, unverschämt gut und preislich durchaus angemessen frühstücken kann. Besonders hat es uns auch der überall erhältliche "Chai Latte" (also indischer Gewürztee mit Milch) als Kaffee-Ersatz angetan, der andernorts "Masala Chai" genannt wird und der (nicht immer, aber hin und wieder) "zum niederknien" gut schmeckt.



    Viele Grüße
    HaPe

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  • Hallo HaPe,
    vielen Dank für die vielen Informationen geschmückt mit den schönen Bildern. :)
    Das Wrack hast Du auf Fraser Island aufgenommen, oder?


    Wir wollen nächstes Jahr im Frühjahr wieder nach Australien, allerdings wissen wir noch nicht, was wir dort machen werden. Alles ist noch offen. Aber die Tipps sind gut zu wissen.


    Ist das Mautsystem neu? Wir sind ja schon mal von Sydney über Brisbane nach Fraser Island gefahren, können uns aber nicht an irgendeine Maut erinnern.


    Viele Grüße
    Petra

  • Vielen Dank für den tollen Bericht und die schönen Fotos. Das mit der Maut um Sydney und Brisbane kennen wir auch nicht, aber es ist ja schon ein paar Jahre her, dass wir da waren.
    Bei unseren Fahrten durchs Land hat uns auch immer wieder sehr gestört, dass man so viele tot Tiere am Strassenrand sieht, auf 100 km haben wir mal 90 Tiere gezählt. Das kommt halt dadurch, dass nirgendwo Zäune sind und ein Roadtrain-Fahrer erzählte uns mal, dass sie wegen Tieren gar nicht abbremsen oder anhalten können.
    Ansonsten ist Australien ein Land in das man immer wieder fahren kann und es immer wieder etwas Neues zu sehen gibt.

  • Toller und sehr informativer Bericht - auch wenn wir immer nur mit dem PkW in Australien/Neuseeland unterwegs waren, hab ich doch einiges mitgenommen! Wir denken ja schon wieder an Australien - irgendwie macht das Land süchtig...


    Mit ALDI hast du absolut recht - die haben dort übrigens sogar das deutsche System mit den Münzen für die Einkaufswagen eingeführt!


    Und was die vielen toten Wildtiere angeht - ich kann nur jedem raten, möglichst NICHT bei Nacht zu fahren! HaPe hat recht - wenn einem da so ein Känguru vors Auto hüpft, hat man keine Chance, auszuweichen. Gleiches gilt für Emus, die auch gerne nachts über die Straßen laufen.


    Das mit der Maut haben die meisten Mietwagenverleiher so geregelt, dass im Auto ein kleines Gerät installiert ist, mit dem man bei jeder mautpflichtigen Straße registriert wird. Die Maut bezahlt dann der Vermieter und du kriegst die Gebühren später nachbelastet.


    In Neuseeland kann man mit Angabe seines Autokennzeichens die Maut selbst direkt über ein Online-Portal bezahlen.


    @Petra - Je nachdem, wann ihr reisen wollt, wäre auch Westaustralien evtl.eine Option. Man fliegt nicht ganz so lange und die Westküste ist einfach wunderschön!

  • Hallo,


    vielen Dank für die Rückmeldungen.


    Stimmt, das Wrack steht auf Fraser Island. Wer übrigens dahin möchte: Man kann (!) dort auch mit dem eigenen Fahrzeug hinfahren, es stellt sich aber die Frage, ob das wirklich sinnvoll ist. Wir haben reihenweise Touristen-Fahrzeuge gesehen, die selbst mit Allradantrieb im allgegenwärtigen Sand stecken geblieben sind und es ist hilfreich sich gut auf der Insel auszukennen. Manche Wege (von Straßen kann man eigentlich nicht sprechen) sind nur in einer Richtung befahrbar, wobei dies nicht immer gekennzeichnet ist. Die Sandwege sind teilweise nur von einem Fahrzeug passierbar und bei Gegenverkehr muss oft einer der beiden zurück setzen. Auf der Insel gibt es viele Dingo-Rudel und so ist es nicht ratsam, im Falle einer Panne durch den Wald zur nächsten Zivilisations-Oase zu laufen. Ansonsten ist es einfach nur traumhaft schon dort.


    Ich denke, das Mautsystem ist relativ neu. Zumindest wird eine ähnliche Technik verwendet wie bei uns (Kennzeichenerfassung durch Kameras, Abgleich mit einer Datenbank). Kompliziert ist das System, weil es wohl unterschiedliche Anbieter gibt, die im Wettbewerb miteinander stehen. Sehr Umständlich für den Endverbraucher, speziell wenn er nicht im Land wohnt, sondern nur zu besuch oder auf der Durchreise ist. Wenn erstmal die Kreditkartendaten bei dem Anbieter hinterlegt sind und man Berufspendler ist, mag sich das entspannen.


    Die Aussage, dass die Truckerfahrer wegen eines Wildtieres auf der Strasse nicht einmal bremsen würden, mag für unsere Ohren furchtbar klingen, aber ich kann das wirklich gut nachvollziehen. Ich entsinne mich einer Situation, bei der ich nachts auf dem (einspurigen) Highway unterwegs war, rechts und links Wald der durch einen ein vielleicht 2 Meter breiten Grünstreifen von der Strasse getrennt war. Und irgend wann sah ich in zwei Känguru-Augen im hohen Gras, gerade mal einen halben Meter neben der Strasse. Es wäre in dieser Situation komplett unmöglich gewesen, das Fahrzeug auch nur um 20 km/h abzubremsen. LKWs haben da noch viel weniger Möglichkeiten. Schlimm, aber so ist das eben in Australien. Tagsüber ist es etwas besser, aber auch hier kann jederzeit ein Wildtier vor das Auto springen.

  • Das Mautsystem ist mir auch neu - allerdings ist unsere erste Australienreise auch schon länger her (2002) und wir fuhren nicht die Ostküste enntlang, sondern mit Umwegen von Melbourne zum Uluru (via Great Ocean Road - Grampians - Barossa Valley - Adelaide - Coober Pedy - Alice Springs + West MacDonnells) - oder ist da jetzt auch Maut?


    Zuletzt in Western Australia (2014) gab es zumindest von Monkey Mia via Perth bis hinunter in den Südwesten (Esperance/Albany) keine Maut.


    Da wir nur zu zweit waren, genügte uns jeweils ein kleinerer Campervan.


    Zuletzt in Neuseeland hatten wir auch eine größere und v.a. längere Variante mit Bad (welches wir aber lediglich als Ablageraum benutzten, da wir immer auf Campingplätzen mit sanitärer Ausstattung waren).
    Es war schon mehr als angenehm, so viel Platz im Innern zu haben. Andererseits war das Teil mit seinen 7,10 m halt schon sehr lang und "sperrig" - aber das war ja in Neuseeland (viele schmale Straßen, viele Kurven etc.), im autralischen Outback ist das egal.
    In Neuseeland gibt es auf der Nordinsel tatsächlich auch an einigen Stellen für ein paar km eine Maut, was uns ziemlich überraschte. Dies erfuhren wir bei der Camperübernahme und der Vermieter gab uns einen kleinen Flyer dazu mit Infos und Kartenausschnitten der betroffenen Highways.
    Das Online-Bezahlsystem fand ich jetzt für uns als Touristen nicht so doll und da es eh nur ein paar kn waren, fuhren wir jeweils drumherum. Es wird aber auch mit Schildern davor gewarnt, aber immer besser, man weiss es schon ein paar Ausfahrten vorher.


    Ich würde auch immer wieder am liebsten im Camper down under unterwegs sein.
    Ein 4x4 würde mich allerdings auch mal reizen, um mal so richtig durch die Landschaften zu düsen!


    Nichtasphaltierte Kieswege und Wellblechpisten-Abschnitte sind mit einem normalen Campervan zwar schon machbar, (oft auch unausweichlich bei Baustellen oder Zufahrten zu abgelegenen Campgrounds etc.) aber halt im "Schritttempo" und mit viel Geklapper.