Reisebericht Libanon

  • Der vorletzte Tag im Libanon wurde jetzt ein wenig dem Süden gewidmet. Da das Land sehr klein ist, bieten sich die meisten Exkursionen von Beirut aus an. Ich mag es gerne bequem, war auch ein Grund, warum ich mir dieses Land für einen Kurztrip ausgesucht habe.
    Es ging nun ein letztes Mal zur Cola Busstation. Ich fragte im Hotel nach, wo man denn am besten einen Bus dorthin bekommen kann. Achselzucken, ich solle es doch vor der blauen Moschee versuchen. Das tat ich dann auch, aber ohne Erfolg. Es hielten einige Busse an, aber ich konnte dem arabischen Gebrabbel irgendwann entnehmen, daß dies wohl die falsche Stelle war.
    Also die Taxe.... es wurden gleich wieder die obligatorischen 10$ gefordert. Ne kriegste nicht, ich biete dir 3000LBP. Alles klar, einsteigen bitte! Geht doch.... :ops:
    Ich hatte mir die Stadt Tyros ausgeguckt. Allerdings muß man an der Cola Station erst einmal nach dem Bus nach Sidon fragen, da man dort umsteigen muß. Es ging schnell und nach 1 Std. war ich in Sidon. Der Anschlußbus war natürlich an einer anderen Ecke gut versteckt geparkt und die Taxifahrer feixten sich einen. Ich ließ aber nicht locker und nach 20 min war ich wieder auf der Strasse :thumbup: Die Fahrt war kurzweilig. Meine Sitznachbarin sprach Englisch, hatte den gleichen Beruf und ein Jahr in Deutschland gearbeitet. Nach 1 Std. war ich in Tyros angekommen. Mir wurde kurz erklärt, wo die Busse zur Rückfahrt stehen, da konnte jetzt ja nichts mehr schief gehen.


    Ich spulte erst mein Kulturprogramm ab und spazierte zur ersten Ausgrabungsstelle. Die Wege in der Altstadt sind kurz, und so stand ich nach 5 min schon vor dem Eintrittstor. Die Ruinen gehören zum Weltkulturerbe, genauso wie die Altstadt, die als schützenswertes Kulturgut bei bewaffneten Angriffen gilt. Der letzte Bombenangriff auf die Stadt fand 2006 durch die israelische Luftwaffe statt. Im Süden des Libanon befinden sich einige palästinensische Flüchtlingslager. Auch die Stadt selber hat eine kleine Palästinensergemeinde. Wenn man von der Bushaltestelle in Richtung Altstadt läuft kommt man daran vorbei.







    Die kleine Anlage war recht schnell erkundet. So viel gab es da nicht zu sehen. Große Teile der Ausgrabungen waren dazu auch abgesperrt, damit man nichts kaputt trampelt. Dafür war die Lage sehr schön und über den Blick auf's Meer hab ich mich gefreut.


  • Die zweite Ausgrabungsstätte, die sich kurz hinter dem Busbahnhof befindet, machte da schon deutlich mehr her. Triumpfbogen, Arkaden und ein riesiges Hippodrom konnte man hier bestaunen. Die Anlage ist sehr groß und es irrten gerade mal 3 Touristen herum....






  • Nach so viel Kultur war ich reif für den Strand. Es gibt in Tyros eine schöne lange Promenade, wo man es sich gemütlich machen kann. Fliegende Händler parken dort ihre alten Busse und bieten Getränke und Shishas an.
    Das gefiel mir gut.





    Ich wollte aber noch ein wenig die Altstadt und den kleinen Hafen erkunden. Die Stadt war leergefegt, es war Freitag und da gehen die Leute in die Moschee zum beten. Der Muezzin gab sich auch alle Mühe regelmäßig das ganze Areal zu beschallen.



    Eigentlich wollte ich es mir im Hafen etwas bequem machen, als plötzlich dicke Panzerwagen mit UN Logo im Hafen vorfuhren. Eine wichtige Person wollte anscheinend in's Restaurant. Da verzog ich mich lieber gleich wieder und latschte durch den menschenleeren Souk an die Küste.





    Hier setzte ich mich mit einem Kaltgetränk auf die Bank und genoß die Ruhe. Es gibt schönere Strände, aber es passte hier gerade.







    Am späten Nachmittag wurde es dann auch Zeit, wieder den Busbahnhof aufzusuchen. Es gab tatsächlich einen Bus, der bis nach Beirut durchfuhr. Prima, dann muß ich nicht umsteigen, das ist gut.
    In Beirut wurde es dann ungemütlich. Der Bus fuhr nicht die Cola Station an, sondern hielt an einer komischen Kreuzung tief im Süden der Stadt. Ich erblickte einen hupenden Autokorso, wo laute gröhlende Menschen irgendwelche Fahnen schwangen, der Stadtteil neben der Haltestelle war mit Mauern und Stacheldraht verbarrikadiert und jede Menge Militär auf der Strasse. Hier soll Endstation sein? Wo bin ich denn überhaupt. Ich hatte keine Zeit zum nachdenken, da zog mich schon ein Soldat aus der Menge. Wo ich denn hinwolle und was ich hier mache? "Tourist" stotterte ich völlig überfordert. Er verlangte, daß ich ihm genau erklärte, wo ich in Beirut wohne und mußte es auf der Karte im Reiseführer zeigen. Dann wies er mir ein Taxi zu und sagte, ich solle sofort einsteigen.
    Der Taxifahrer freute sich. "10$"....ich handelte nicht und ließ ihn einfach losfahren. Hätte ihn auch 20$ gegeben.... :confused:

  • Der letzte Tag wurde in der Hauptstadt verbracht. Von Beirut kannte ich bis jetzt ja nur Bushaltestellen und so wurde es ein gemütlicher Tag, wo einfach nur herumgebummelt wurde.
    Die meisten haben wahrscheinlich noch Bilder einer völlig zerstörten Stadt im Kopf, das hat sich mittlerweile geändert. Es wurde (und wird noch) gebaut wie verrückt, allerdings oft nicht unbedingt für den kleinen Geldbeutel. Aber das ist bei uns ja auch nicht anders...





    Das ganz alte darf dann doch bleiben.



    Zwischendurch immer mal wieder was schönes ;)



    Die Gotteshäuser einträchtig nebeneinander. Hoiffentlich klappt es auch bei den Gläubigen!


  • Es zog mich zur Küste. Neben den Souks die Flaniermeile in Beirut.
    Das Wahrzeichen der Stadt sind die Taubensteine.




    Die Freizeitbeschäftigung der Bewohner scheint das Angeln zu sein. Dutzende warteten auf den großen Fang.




    Sportlich sind sie auch



    Am nächsten Tag fand der große Stadtmarathon statt. Hier freundeten sich gerade die Iraker mit den Chinesen an.



    Es gibt Badeanstalten



    und natürlich jede Menge Hotels und Appartements. Wer möchte nicht in der ersten Reihe wohnen ;)


  • Nach einem ausgedehnten Spaziergang machte ich mich dann langsam auf in Richtung Hotel. Ohne Stadtplan zog ich einfach durch die Strassen und Gassen.




    Spuren des Bürgerkrieges sind teilweise noch sichtbar.



    Am späten Nachmittag hing dann ein langer Gewitterschauer über der Stadt. Ich machte es mir in den Souks bequem. Allerdings hat die Beirutvariante nichts mit den Souks zu tun, die man im Nahen Osten erwartet. ;)






    Alle Nobelmarken dieser Welt waren versammelt. Nicht mein Budget. :P
    Ich flüchtete vor dem Regen in ein Cafe, wo ich dann wartete, bis es einigermaßen trocken war. Hatte extra eine schöne Leinenbluse an und Satinsneaker angezogen, aber der Style war nun dahin :ops:
    Angenehm war die Tatsache, daß es hier noch kein Rauchverbot in den Läden gibt. Da schmeckte der Kaffee gleich viel besser.






    Zurück im Hotel wurde erst einmal geduscht und versucht die Sachen zu trocknen. Ich mußte mitten in der Nacht zum Flughafen und wollte nicht unbedingt klammes Zeug in den Rucksack packen. Dann ging es ein letztes Mal in's Restaurant, wo ich mir noch einmal ordentlich den Bauch voll stopfte. Ich liebe die orientalische Küche.
    Der Flieger ging um kurz nach 4:00 wieder in Richtung Heimat. Die Umsteigezeiten in Frankfurt waren etwas lang, aber da es mal wieder in der Passkontrolle an Personal haperte, war das auch ganz gut. Gegen Mittag war ich dann wieder zuhause und fand, daß ich eine schöne Woche im Libanon hatte. :thumbsup:


    Danke für's Mitlesen und LG
    kiki

  • Wunderbare Bilder und Eindrücke von einem Land, das ich bisher so überhaupt nicht auf dem Schirm hatte!

  • Danke für den informativen und toll geschriebenen Reisebericht und natürlich auch für die typischen "Kiki-Fotos".
    Alles einfach super Eindrücke die Du uns damit vermittelt hast. So haben wir wieder mal eine andere Ecke der Welt durch Dich gesehen in die wir nie und nimmer selbst reisen würden. Bin wieder mal schwer beeindruckt noch dazu weil Du ja meist alleine unterwegs bist. Chapeau!!!

  • Ich kann es sehr gut nachvollziehen, wenn jemand sagt, daß er nie und nimmer in dieses Land fahren wird. Zu schlecht sind die Meldungen in der Presse und beim Auswärtigen Amt.
    Bei mir hat die Neugier gesiegt, aber es war mir zwischendurch schon mulmig und es hätte bestimmt auch was passieren können. Ich kann es leider nicht so ganz einschätzen, da ich die Sprache nicht verstehe. Mußte mich auf mein Bauchgefühl verlassen. Ist ja gut gegangen ;)

  • Hallo kiki,
    ein wirklich interessanter Bericht und ja, Du bist schon mutig, denn leider ist der Nahe Osten halt immer noch ein Krisenherd, Gut, dass alles gut gegangen ist! :) Solch eine Reise ist einfach nicht berechenbar, daher gibt es auch die Warnungen. Es steckt ja auch immer die Frage dahinter, wer kommt im Falle des Falles auf.


    Ich habe mir jetzt mal mein Fotoalbum rausgekramt, ja früher habe ich noch ordentlich Bilder eingeklebt. Ich war vom 1.11. - 11.11.1973 im Libanon. Beirut, Byblos, Jounieh, der Zedernwald, Baalbeck, Tripoli und Anjar waren damals meine Stationen. Ich denke immer noch gerne daran zurück, und ja ich würde gerne noch einmal dahin. Als der Bürgerkrieg 1975 ausbrach und ich dann in den Medien die Bilder von den Zerstörungen sah, hat mich das ganz schön betroffen gemacht. Wie schön zu lesen, dass sich das Land erholt hat.


    Bleibt zu hoffen, dass es auch so bleibt, obwohl ich nicht daran glauben kann.


    Danke für den Bericht und die tollen Bilder. Meine sind nicht vorzeigbar, ich weiß nicht mehr, was für einen Fotoapparat ich damals benutzt habe, aber es ist und bleibt eine schöne Erinnerung.


    Übrigens wir sind damals mit einer Caravelle der MEA (Middle East Airline) geflogen.


    Viele Grüße
    Petra

  • Ich mußte jetzt erst einmal googeln, was eine Caravelle ist ;)


    Ja, der Zedernwald und Anjar waren von der Zeit her nicht drin. Für beide Orte hätte ich einen privaten Transport gebraucht, allerdings hatte ich keine Lust mich zu kümmern und eigentlich war die Zeit auch zu knapp.
    Es gibt Tagestouren, wo man Tripoli, Bscharra und den Zedernwald zusammen besuchen kann. Wenn ich jetzt dran denke, was mir dann an Zeit in Tripoli gefehlt hätte, ist es so schon besser.
    Für Anjar hätte ich auf dem Rückweg von Baalbek in Chtoura raus und mir ein Privattaxi besorgen müssen. Aber auf der Stecke war mir zu viel Militär. Also habe ich es sein gelassen. Es war auch schon später Nachmittag und ich hatte keine Lust im Dunklen durch die Berge zu fahren.


    Ich frage mich allerdings, ob es in Israel großartig anders ist. Zwar ist dort die Touristendichte deutlich höher, aber auch dort muß man mit allem rechnen. Das ist jetzt allerding so ein persönliches Empfinden, ich denke, ich werde das irgendwann herausfinden. ;)

  • In der letzten Zeit habe ich hier und da schon von Leuten gelesen, die in Beirut waren oder hin wollen. Ich hatte keine wirkliche Vorstellung, wie eine solche Reise aussehen könnte. Nun hast du einen weißen Fleck auf der Landkarte für mich gefüllt. Sehr, sehr interessant - danke dafür!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Ich hatte selber auch keinen Plan, was mich dort erwartet.
    Allerdings find ich das auch nicht schlimm, dann sind die Entdeckungstouren umso spannender.
    Im Grunde genommen, kann man heute alles im Internet gucken und googeln. Mich langweilt das, weil es viel von der Vorfreude auf eine Reise nimmt.

  • Hallo Kiki,


    interessanter Bericht und schöne Bilder! :thumbup:
    Dazu nette Menschen und lecker Essen - wäre definitiv auch was für mich!


    Vielleicht geht's ja nächstes Jahr nochmal in die Region, dann aber eher nochmal nach Israel oder vielleicht auch nach Jordanien.
    Aber das ist noch lang hin, Max kann jetzt noch nicht mal Urlaub nehmen und wer weiss, was noch kommt.

  • Ich denke, Israel ist ebenso spannend und auch Jordanien hat seinen Reiz. Die ganze Gegend dort ist sehr zu empfehlen, egal welches Land man sich da ausguckt.
    Falls es bei euch Israel wird, bin ich jetzt schon neugierig auf den Bericht.
    Das mit dem Urlaub muß doch klappen! :thumbup:

  • Silke, wolltet ihr dann nochmal diegleich Ecken besuchen oder was anderes? Israel hat mir auch gut gefallen. Ist halt anders als der Libanon. Jordanien reizt mich auch, irgendwann werde ich das vielleicht mal schaffen.


    Wenn die Welt bloß nicht so groß und vielfältig wäre...

  • Silke, wolltet ihr dann nochmal diegleich Ecken besuchen oder was anderes? Israel hat mir auch gut gefallen. Ist halt anders als der Libanon. Jordanien reizt mich auch, irgendwann werde ich das vielleicht mal schaffen.


    Wenn die Welt bloß nicht so groß und vielfältig wäre...

    Es ginge wieder um 1 Woche und dann um andere Orte (Haifa, Nazareth, Bethlehem, ...) wobei man um Tel Aviv und Jerusalem nicht herum kommt, zu klein das Land.
    Ja, die Welt ist gross und es gibt so viele schöne Ziele...

  • Es ginge wieder um 1 Woche und dann um andere Orte (Haifa, Nazareth, Bethlehem, ...) wobei man um Tel Aviv und Jerusalem nicht herum kommt, zu klein das Land.

    Ich find das in dieser Gegend richtig gut, daß alles so nah beieinder liegt. Kurze Busfahrten machen viele interessante Tagesausflüge möglich. Auch Ortswechsel brauchen nicht ewig Zeit und man hat am gleichen Tag noch genug Zeit für erste Entdeckungen.