Adventausflug nach Brünn

  • Nachdem uns unser frühsommerlicher Ausflug nach Brünn so gut gefallen hat, haben wir beschlossen, die zweitgrößte tschechische Stadt auch in der Vorweihnachtszeit zu besuchen. Diesmal fahren wir nicht einspurig nach Brünn, sondern nehmen die Bahn. Am Wiener Hauptbahnhof steigen wir Freitag früh in einen komfortablen, polnischen RailJet. Der würde über Ostrau nach Warschau und bis nach Danzig an die Ostsee fahren. Wir steigen jedoch in Breclav an der österreichisch-tschechischen Grenze um und erreichen nach insgesamt ca. 90 Minuten Fahrzeit Brünn.


    Unser Hotel ist das mitten in der Altstadt gelegene Grandezza. Uns erwartet Jugendstilarchitektur, perfekter Service, ein qualitativ hervorragendes Frühstück und ein komfortables Zimmer, von dem wir auf den Zelný trh (Krautmarkt) blicken, auf dem sich ein schöner Weihnachtsmarkt befindet.




    Ausblick auf den Krautmarkt




    Hotel Grandezza

  • Da unser Zimmer noch nicht fertig ist, lassen wir das Gepäck im Hotel und schlendern gemütlich durch die Innenstadt. Weihnachtsmärkte gibt es nicht nur am Krautmarkt, sondern auch am Dominikanerplatz (Dominikánské námesti), am Freiheitsplatz (Namesti Svobody) und am Mährischen Platz (Namesti Moravske). Überall gibt es mährische Spezialitäten (Gebäck, Würste, Wein, Käse, Glühmost) und teilweise sehr geschmackvollen Kram. Wie auch schon im Sommer gefällt uns die freundliche Stimmung.




    Blick vom Freiheitsplatz zum Mährischen Platz, wo das Riesenrad steht






    Rechts im Bild: Karel-Gott-Schallplatte aus Schokolade (ich hätte sie gerne gekauft, wusste aber nicht, wem ich sie schenken soll)



    Am Nachmittag rasten wir in unserem Zimmer und genießen den Blick auf den Weihnachtsmarkt vom Hotelzimmer aus. Abends gehen wir noch kurz Essen fassen in ein Lokal, das von außen sehr unscheinbar und schäbig wirkt. Die Snack-Bar Adria entpuppt sich jedoch als richtig gutes italienisches Lokal mit freundlicher Bedienung.


  • Morgens genießen wir das hervorragende Frühstück im Hotel Grandezza. Dann brechen wir in Richtung Messegelände auf. Dort gibt es eine große Ausstellung zum Thema Titanic. Wir kaufen für knapp 4 Euro 24-Stunden-Tickets und nehmen die Straßenbahn Linie 1. Das Messegelände ist uns ja schon von unserem sommerlichen Ausflug ein Begriff. Die Titanic-Ausstellung müssen wir trotzdem suchen.


    Am Eingang hat sich schon eine längere Schlange gebildet, weil jeder "Passagier" eine Bordkarte erhält. Diese Bordkarte enthält u.a. Name, Kabinenklasse und -nummer einer echten Person, die bei der Jungfernfahrt auf der Titanic an Bord war.


    Nach wenigen Minuten sind wir in der äußerst interessanten, gut gemachten Ausstellung. Wir erhalten Audio-Guides in deutscher Sprache. Zuerst wird mit vielen Anschauungsobjekten und Infotafeln über die damalige Zeit (politische Lage, Erfindungen, gesellschaftliche Veränderungen, etc.) erzählt. Danach behandelt ein Kapitel den Bau des Schiffes und erzählt über die Reederei und den Kapitän. Dann betreten wir die Titanic.






    Nachgebildet wurden unter anderem ein langer Gang, ein Teil einer Treppe, eine First-Class-Kabine, eine Kabine der dritten Klasse und ein Café. Es sind auch viele Exponate ausgestellt, die tatsächlich aus dem Wrack geborgen wurden. Unter anderem Geschirr aus allen drei Klassen. Man erfährt viel über das Leben an Bord.


    Das nächste Kapitel befasst sich eindrücklich mit der Kollision und dem Untergang des Schiffes. Sogar ein Stück Eisberg befindet sich in der Ausstellung. Hier ein Modell des Wracks und ein Rettungsboot in Originalgröße:





    Weitere Kapitel widmen sich der Evakuierung und Rettung Schiffbrüchiger, der juristischen Aufarbeitung der Katastrophe und den vielen Filmen und TV-Serien, die sich dem Stoff angenommen haben. Am Ende kann man auch auf einer Tafel mit den Namen aller Passagiere und Besatzungsmitglieder nachsehen, ob die Person, deren Bordkarte man am Eingang erhalten hat, überlebt hat.





    Wir waren 2 1/2 Stunden in der faszinierenden Ausstellung. Sollte jemand von euch bis Ende März nach Brno kommen, können wir den Besuch absolut empfehlen. Aber vielleicht handelt es sich ja auch um eine Wanderausstellung, die danach woanders zu sehen ist.




    Rüdi musste ganz schön lange auf sein Erinnerungsfoto warten

  • Vom Messegelände mussten wir nur eine Station mit dem Einser fahren, um zur Villa Stiassni zu gelangen. Das Gebäude wurde 1929 vom Architekten Ernst Wiesner für den Textilfabrikanten Alfred Stiassni und seine Familie erbaut. Ernst Wiesner hat an der Technischen Hochschule in Wien studiert. Sein Werk in Brünn besteht aus einer Vielzahl von Gebäuden und war von Adolf Loos beeinflusst. Das kann man auch am schlicht-funktionalistischen Äußeren der Villa erkennen. Sie war die erste Villa Brünns in diesem damals hypermodernen Stil.



    Die Einrichtung haut mich weniger vom Hocker, die erinnert eher an ein Jagdschloss. Es wird vermutet, dass Ernst Wiesner beim Thema Inneneinrichtung nicht mitreden durfte. Frau Stiassni kam aus gutem Hause und wollte den feudalen Wohnstil auch in Brünn etablieren.




    Viele Möbel sind natürlich nicht original, vor allem die Nazizeit und die Rote Armee haben einiges zerstört. Aber das Haus ist schön dekoriert, es gibt sogar einen Weihnachtsbaum. Und die geschichtliche Bedeutung des Gebäudes ist interessant. Es diente als Wohnort für tschechische Präsidenten, auch Staatsbesuche (z.B. Fidel Castro) wurden hier untergebracht.



    Am nächsten Tag besuchten wir noch das Labyrinth unter dem Krautmarkt. Seit dem Mittelalter wurden in Brünn Keller gegraben, die vor allem als Vorratsräume für Lebensmittel, aber auch als Weinkeller oder Aufenthaltsräume für Alchemisten gedient haben. Als der Wohlstand stieg, wurden die Keller immer größer. Sie wurden über die Häuserfluchten hinaus gegraben und später dann miteinander verbunden. Der gesamte Krautmarkt ist unterkellert, insgesamt ist ein Labyrinth mit einer Gesamtlänge von etwa einem Kilometer entstanden, das seit ein paar Jahren besichtigt werden kann.



    Handyfoto (unmöglich, ohne Stativ mit der Kamera zu fotografieren)

  • Wieder ein schöner Ausflug. Schade, dass wir es im Sommer nun doch nicht nach Brünn schaffen. Wir werden ja nun von Ulm aus nach Rumänien fahren und da liegt Brünn nicht mehr auf der Strecke.


    Deine Handykamera scheint bei Lichtproblemen besser zu sein, als Deine Kamera. 8o


    Ist der Architekt mit Dir verwandt? Oder ist es nur ein Zufall?


    VIele Grüße
    Petra
    PS. in solch eine Ausstellung (Titanic) - so interessant sie auch sein mag - kann ich nicht reingehen.

  • Ist der Architekt mit Dir verwandt? Oder ist es nur ein Zufall?

    Mein Urgroßonkel!!! Vielleicht! Wer weiß das schon?!



    Deine Handykamera scheint bei Lichtproblemen besser zu sein, als Deine Kamera.

    Bei der Kamera war ich bei f/3.5, 1/5 sec. und ISO2500. Das Handyfoto weißt ebenfalls ISO2500 und f/3.5 auf, allerdings bei 1/33 sec. Keine Ahnung, wie das mit so einer Mini-Linse geht, aber ich vermute, mit ganz viel Elektronik-Schnickschnack und interner Bildbearbeitung.

  • Die Titanic-Ausstellung müssen wir trotzdem suchen.

    Wie nimmt man dies war?
    Ist man stark betroffen, oder nach all den Jahren weiss man das es das Unglück gab, aber man sieht es emotionsloser, also mit Abstand?

  • Wie nimmt man dies war?

    Naja, schon eher distanziert. Die Ausstellung ist sehr umfassend und zeigt unterschiedliche Aspekte dieser Schiffskatastrophe, aber sie zielt nicht unbedingt darauf ab, dass man als Besucher die Tragödie hautnah miterlebt. Es gibt zum Beispiel eine Art Rätselrallye für Kinder, wo an bestimmten Stationen Fragen zu beantworten und ein Stempel abzuholen ist. Dass es eine menschliche Tragödie war, wird einem nicht so stark vor Augen geführt. Obwohl auch einige Einzelschicksale von Passagieren erzählt werden.


    Ich denke im Vergleich jetzt gerade an die Killing Fields bei Phnom Penh, wo ich mich irgendwann etwas abseits auf eine Bank gesetzt und drauflosgeheult habe. Das hat mich sehr bewegt, was aber auch an der Art der Präsentation lag. Da wurden per Audio-Guides Stimmen von Opfern, Tätern und Angehörigen eingespielt, die ihre Geschichte erzählt haben. Das war für mich echt krass.