Nina entdeckt Israel (und trifft Simeon)

  • So Ich bin nicht unbedingt eine sehr chronologische Person deshalb werde ich meinen Bericht nach Orten und nicht nach Daten einteilen.


    Hebron Teil 1


    Ich habe mich entschieden mit Hebron anzufangen da es zu Tel Aviv hier ja bereits ein paar Berichte gibt und ich dachte mir es ist besser, wenn ich von etwas schreibe, was es hier noch nicht so viel gibt.

    Ich möchte aber davor warnen, dass das nicht unbedingt der fröhlichste Teil meiner Israel Reise war.

    In meinen 2 Monaten in Israel war ich insgesamt 3 Mal in Hebron.

    Einmal mit einer Tour von Breaking the Silence, einmal mit einer Kombi Tour (ein Israeli hat uns auf der israelischen und ein Palästinenser auf der palästinensischen Seite der Stadt herumgeführt) und einmal privat.


    Breaking the Silence:

    BtS ist eine israelisch NGO die von Ex Soldaten gegründet wurde, die sich entschlossen haben, den Kodex des Schweigens in der Armee zu brechen, um auf die Zustände in den besetzten Gebieten Aufmerksam zu machen. In der israelischen Öffentlichkeit (so meine persönliche Erfahrung) ist man über BtS Zwiespälten manche halten die Arbeit für BtS für enorm Wichtig, sie halten der israelischen Gesellschaft den Spiegel vor und da sie Israelis sind und während ihrer Dienstzeit beim Militär selber in den besetzen Gebieten gedient haben schenkt man ihnen Gehör. Andere reagieren auf BtS sehr negativ und bezeichnen sie als linksradikale die lediglich das Militär diffamieren wollen.

    Am Morgen als wir auf unseren Fremdenführer warten bin ich aufgeregt aber vor allem etwas traurig. Wir haben die Tour bei BtS gebucht da der Besitzer der Bar, in der wir regelmäßig die Abende Ausklingen lassen uns eine Tour mit BtS empfohlen hat. Am Abend vor der Tour habe ich einen ziemlich süßen Israeli kennengelernt. Wir waren anschließend noch Tanzen. Leider hatte ich ihn dann im Getümmel verloren und jetzt sitze ich hier und denke, dass ich den süßen Simeon niemals wieder sehen werden.

    Während sich also die andern die anderen unserer kleinen internationalen Gruppe darüber unterhalten, was wir heute wohl sehen werden bin ich vornehmlich mit Trübsal blasen beschäftigt. Der kleine Bus fährt vor mit Fahrer und Fremdenführer, letzter steigt aus dem Bus aus, um uns willkommen zu heißen und es ist...Simeon.

    Er heißt uns willkommen und stellt sich kurz vor, dann erzählt er wo die Tour uns heute Langführen wird, und bittet uns mit Nachdruck darum unter keinen Umständen auf Provokationen der Siedler zu reagieren.

    Wir passieren ein paar Checkpoints und Siedlungen. An den Checkpoints werden wir nicht lange aufgehalten. Simeon redet auf Hebräisch und teilweise auf Russisch mit den Soldaten dann steckt einer seinen Kopf in den Bus rein wir halten unsere Pässe hoch und weiter geht es.

    Simeon kommentiert für uns die Landschaft und erklärt uns dass ein Teil der Straßen für Palästinenser nicht passierbar sind da sie nicht an den Checkpoints durchgelassen werden, dass zum Teil Zugänge zu Feldwegen oder Straßen mit Betonklötzen blockiert oder von Bulldozern zugeschaufelt werden und die palästinensischen Bauern riesige Umwege zu ihren Feldern gehen müssen. Er erklärt, dass es ein Tauziehen zwischen Obama und Netanjahu gibt, Obama verlangt das einfrieren der Siedlungspolitik, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Er erklärt uns, dass wenn es früher um die Siedlungspolitik ging, man von Räumung sprach, dann sprach man von Stopp mittlerweile spricht man von einfrieren.

    Wir fahren an einer Siedlung vorbei. Er erzählt uns, dass diese Siedlung in den letzten Jahren mindestens viermal geräumt wurde. Die Siedler aber jedes Mal am nächsten Tag zurückgekehrt sind und die Armee dann auch wieder hin musste, um die Siedler zu beschützen.


    Hebron

    Simeon skizziert uns kurz die Situation von Hebron.

    Hebron ist eine der ältesten Städte der Welt und gehört sowohl im Islam als auch im Judentum zu den jeweils vier heiligen Städten. Hier lebten schon immer Juden und über 1000 Jahre lang lebten Juden und Muslime hier friedlich miteinander. In den 20er Jahren kam es, infolge eines verstärkten jüdischen Zuzuges, langsam zu Spannungen. Simeon erzählt uns dann dass aber diesem Zeitpunkt die Geschichte Hebrons sich vor allem über eine Anzahl von Greultaten beider Seiten erzählen lässt so wurden 1929 kam es zu einem Massaker von Arabern an Juden in dessen folge 67 Juden ermordet wurden und alle übrigen Juden aus Hebron vertrieben wurden. Er erzählt uns auch dass über die Hälfte der damals in Hebron lebenden Juden Zuflucht bei arabischen Familien fanden welche diese in ihren Kellern versteckten. Dass ist mir im Gedächtnis geblieben da dieses, meiner Meinung nach ganz und gar nicht unwichtige Detail des Massakers von 1929, von keinem anderen Fremdenführer, mit dem ich nach Hebron bin erwähnt wurde, von keinem israelischen und von keinem palästinensischen. Schließlich erzählt er uns wie 1994 der Jude Baruch Goldstein 29 Palästinenser ermordete, die am Grab des Patriarchen betteten. Jede Seite hat ihre Massaker.

    Wir fahren an einer weiteren israelischen Siedlung vorbei und gelangen nun über einen weiteren Checkpoint in die Zone H2 den israelisch kontrollierten Teil der Stadt.

    Die Al-Shuhada Straße gibt ein trauriges Bild ab, Simeon erklärt uns, dass dies früher der wirtschaftliche Mittelpunkt der Stadt war das aber seit dem Goldstein Massaker 1994 die Armee die Straße abgeriegelt hat, alle Wohnungstüren verrammelt, die Militär Präsenz in Hebron ist riesig, gefühlt kommt auf einen Siedler ein Soldat. Über den Straßen sind zum Teil Netze gespannt auf den allen möglicher Müll liegt, Simeon erklärt uns, dass die Netze gespannt wurden da die jüdischen Siedler zum Teil Steine und andere Gegenstände auf die Palästinenser werfen, die unten auf der Straße laufen, er erklärt uns, dass aus demselben Grund viele Fenster und Balkone mit Gitterkonstruktionen umgeben sind. In der Mittagspause stößt eine Psychologin die für Medecins Sans Frontieres arbeitet zu uns, Simeon kennt sie aus Tel Aviv und hat sie gebeten uns ein stück zu begleiten. Sie erzählt uns das die Wohnungen für Palästinenser in diesem Teil der Stadt sehr günstig sind sie aber ständig mit Schikanen durch die Siedler und auch die Armee leben müssen, dass viele aber auch angst haben wegzuziehen da sie dann unter anderen Palästinensern als Feiglinge oder Verräter abgestempelt werden, sie erzählt uns, dass sie regelmäßig Leute behandelt die Aufgrund dieser Thematik einen Nervenzusammenbruch erleiden.


    Tea und ich fragen Simeon, ob er uns auch durch H1 den palästinensischen Teil der Stadt führen kann. Er verneint dies jedoch da der Zutritt Israelis Verboten ist, ich muss gestehen ich hatte vorher nicht wahrgenommen dass nicht nur die Bewegungsfreiheit von Palästinensern zum Teil erheblich eingeschränkt ist, sondern dass auch Israelis zum Teil keinerlei Zutritt zu den Autonomie Gebieten haben.

    Auf der Rückfahrt erklärt Simeon uns noch, dass alles was wir heute gehört haben zwar so gut es geht auf Fakten bezogen letztendlich aber eben doch seine Sichtweise der Dinge ist und es immer am besten ist sich möglichst Umfassend zu informieren um sich sein eigenes Bild zu machen. Er erzählt uns von der Möglichkeit eine Art Kombi Tour zu machen, bei der man beide Seiten der Stadt gezeigt bekommt H2 von einem Israeli H1 von einem Palästinenser. Auch davon das die Siedler auch Touren anbieten und dass dies auch interessant sein kann, wenn man wirklich die Sichtweisen von allen Seiten sehen will.

    Zum Ende der Tour spreche ich Simeon noch einmal an und weiche nicht mehr von seiner Seite bis ich seine Handynummer, Festnetznummer und E-Mail Adresse habe.:D




    Das war Teil 1.

  • Hey, Nina, das ist ja schön, dass du dich hier auch anmeldest!


    Nach Israel habe ich vor einigen Jahren auch eine Reise gemacht. Geplant war es mit meiner Mom, dann schloss sich noch mein Onkel an. Wir hatten viel Spaß, allerdings leider in Jerusalem bei sehr kaltem und verregneten Wetter im Februar nicht so ideale Bedingungen. Ich hoffe, euch ist es besser ergangen. Und ich bin gespannt!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Hi Inspired,


    Israel und die Palästinenser Gebiete sind auf jeden Fall eine Reise wert! <3


    Am schönsten fand ich wirklich Tel Aviv, aber es gibt wirkliches vieles anderes zu entdecken. Jerusalem ist auch wirklich interessant aber leider auch sehr überlaufen, aber es gibt noch so viel anderes Eilat, Masda, das Tote Meer, aber auch noch vieles anderes Hebron und Ramal oder Ski Fahren auf dem Berg Hermon zum Beispiel.


    Ich hab aber auch sicher das große Glück, dass ich durch meinen Freund auch Sachen gesehen habe, die man als Tourist eher nicht sieht, den Berufsverkehr in Jerusalem zum Beispiel. Ist aber auch sonst immer unser erklärtes Ziel, das Land kennenlernen, wie es ist und nicht wie man es den Touristen gerne zeigen möchte.

  • Wirklich interessant, was Du da schreibst, ninka .

    Ich gestehe, daß ich mich bisher auch noch nie näher mit der Geschichte dieser geteilten Stadt beschäftigt habe, es macht betroffen.

    Hab vielen Dank.


    Und natürlich Dir auch noch ein herzliches Willkommen hier im Forum-


    VG

    Gusti

    redfloyd.........................................................................................Gusti
    redfloyd.gifGusti.gif


    Heaven is where the police British, the cooks Thai, the mechanics German, the lovers Italian and it is all organised by the Swiss.
    Hell is where the cooks are British, the mechanics Thai, the lovers Swiss, the police German and it is all organised by the Italians.

  • Hebron Teil 2


    Intermezzo


    Im Anschluss an die Tour mit BtS tauschen wir unsere Kontaktdaten untereinander aus und unterhalten uns gleich, ob wir eine Tour mit den Siedlern machen möchten, die meisten lehnen dies jedoch strikt ab lediglich Isabel (aus Österreich) Mark (aus China) und Ich möchten uns auf die Siedler einlassen. Ich bin selber hin- und hergerissen, ich möchte sicher nicht die Siedler Unterstützen aber ich möchte beide Seiten des Konfliktes erleben.

    Eigentlich wollten wir gleich die nächste Woche die Siedler Tour machen und eine Tour durch Hebron im Anschluss, es kommt jedoch zu Ausschreitungen von jüdischen Siedlern gegen Palästinenser und es finden diese Woche keine Touren in Hebron statt.

    Ich nutze die Zeit Simeon näher kennenzulernen und lerne auch seine Freunde kennen. Vor dem Hintergrund der Ausschreitungen in Hebron gibt es eine Sache, die mich doch sehr überrascht. Die Geschehnisse in Hebron sind Gesprächs Thema und ich merke schnell wie betroffen Simeon, seine Freunde und auch die anderen Israelis, die ich mittlerweile kennengelernt habe, sind, wenn das Thema zur Sprache kommt, was mich aber wirklich sehr, positiv, überrascht ist wie scharf und deutlich die Israelis die ich in Tel Aviv kenne und auch die israelische Presse in ihrem Ton sind.


    Die Zeitungen die ich lesen kann wie die Jersualem Post und die Times of Israel schreiben von Pogromen gegen Palästinenser und von israelischem bzw. jüdischem Terrorismus.

    Es ist wie oben erwähnt das Jahr 2012 und ich komme nicht drum rum daran zu denken welchen Eiertanz ein Jahr zuvor Teile der deutschen Presse aufgeführt haben, um im Rahmen der NSU Morden das T Wort zu vermeiden. Ich kann man auch nicht erinnern, dass eine deutsche Zeitung jemals von Pogromen geschrieben hätte, wenn Neonazis Menschen durch die Straßen gejagt haben oder Turnhallen angezündet haben in denen Frauen und Kinder die vor einem Krieg geflüchtet sind. Ich bin nie ein Mensch gewesen der pauschalisiert hat. Trotzdem hatte ich meine Gedanken und sicher auch Vorurteile als ich nach Israel bin, manchen haben sich diese bestätigt, aber diese offene und sehr deutliche Kritik die Leute hier äußern und die Betroffenheit, die ich sehe, beeindrucken mich sehr.


    Hebron die Siedler


    Unsere Gruppe besteht aus uns dreien und einer Gruppe von Amerikanern.

    Unser Führer ist ein Mann in den 60ern der uns im Laufe der Tour erzählt, dass er vor 40 Jahren aus den USA nach Israel ausgewandert ist. Er lobt sehr, dass ruhige herzliche leben hier verglichen mit der großen Hektik in New York. Wir fahren an einigen Siedlungen vorbei in denen laut unserem Reiseführer hauptsächlich amerikanische Juden leben. Er erzählt uns, dass einer sogar jede Woche zwischen Israel und den USA hin und herfliegt um in den USA zu arbeiten aber am Shabbat in Israel zu sein.

    "Toll..." denke ich "...soviel zur CO2 Bilanz"

    Als wir an einen ausgedehnten Olivenhain vorbeifahren erzählt unser Reiseführer dass bevor die jüdischen Siedler kamen, hier nichts gewachsen sei, er nennt es den "Jewish Touch" und bezeichnet es als die besondere Beziehung der Juden zum heiligen Land. Einer von Simeons Freunden hat mir jedoch die Woche vorher erklärt, dass Olivenbäume nur sehr, sehr langsam wachsen und ich vermute, dass Olivenbäume dieser Größe wie wir sie passieren mindestens 50 Jahre brauchen, um so groß zu werden.

    Auf der weiteren Fahrt echauffiert er sich das Bibi (Benjamin Netanjahu) um Obama zu besänftigen, über 20 Siedlungen räumen lässt. Voller Stolz erzählt er uns direkt im Anschluss, dass sie für jede Siedlung die geräumt wird zwei neue Errichten.

    Wir erreichen Hebron über eine der Straßen die für Palästinenser nicht passierbar ist, vom Reiseleiter gibt es keine Erklärung dazu, es fragt auch niemand. Wir kommen an ein großes Haus in dem 12 Siedler Familien wohnen, uns wird erzählt, dass Fundament steht auf den Überresten der Wohnstädte eines der Patriarchen. Diese Arroganz macht mich fassungslos. Als würde die Geschichte ihnen allen Grund und jegliches Recht verleihen.

    Ein Stück weiter sehen wir einen verlassenen Markt, unser Reiseführer erwähnt beiläufig das die "Araber" den Markt 1993 verlassen hätten. Als Nächstes lenkt, er unsere Aufmerksamkeit einen von Einschusslöchern völlig durchsiebten Kaffeekocher. Dies, so erzählt, man uns sei im Laufe einer Schießerei passiert, bei der wie durch ein Wunder niemand verletzt oder getötet wurde. Er schließt die Anekdote mit "Since then we've only been drinking Nescafé here." Ein Teil der Amerikaner in der Gruppe lacht, wir drei gucken uns blöd an. Simeon erklärt uns später als wir von dieser Anekdote erzählen das "נֵס" "Nes" das hebräische Wort für Wunder ist.

    Von Soldaten begleitet geht es zu dem Friedhof geht, auf dem die Opfer des Massakers von 1929 liegen. Ich mache keine Fotos weil ich das Pietätlos finden, die Amerikaner in unserer Gruppe nutzen derweil die Zeit sich mit den israelischen Soldaten fotografieren zu lassen, Die Soldaten, von denen, so glaube ich, kaum einer älter als 20 ist, scheinen wenig begeistert wehren sich aber auch nicht unbedingt mit großer Entschlossenheit. Im Anschluss gibt es eine kurze Pause in der Iszy und ich, etwas abseits, mit zweien der Soldaten ins Gespräch kommen als ich ihnen Zigaretten anbieten, wir rauchen zusammen und es ist das erste mal in meinem Aufenthalt, dass ich mit Uniformierten rede, wenn sie nicht im Dienst sind. Ich bekomme gleich das Gefühl, dass ich nicht mit Soldaten, sondern mit jungen Männern rede.

    Danach geht es zur Höhle des Patriarchen, Iszy und ich Nutzen die Gelegenheit auf Toilette zu gehen da ein muslimischer Freund von Simeon mir die Vorwoche erzählt hat, dass es auf der palästinensischen Seite der Höhle keine Damen Toilette gibt. Die Bedingungen hier sind nicht anders als in christlichen Kirchen Jersualem oder Rom, Hosen über die Knie, und wenn man obenrum schulterfrei ist muss man das bedecken. Iszy und ich sind vorbereitet.

    Wir machen Mittagspause in einer Cafeteria, die wie ein Siedlertreffpunkt wirkt, auf der Karte stehen unter anderem Pizzen und Burger, es gibt eine "Sponsor Pizza" die man bestellen kann, wenn man eine Familienpizza bestellt bekommt ein Soldat eine kleine Pizza Gratis, aufgrund eines Gespräches mit Simeon über den Wehrdienst in Israel aber auch durch das Gespräch mit den beiden Jungen Soldaten während der "Zigarettenpause" haben Iszy und ich ein weiches Herz und schaffen es Mark breitzuschlagen, dass wir uns zu dritt eine Familienpizza teilen.

    Nach dem Essen bekommen wir eine Quittung für die Tour und es wird dazu aufgerufen etwas zu Spenden.

    Dann übergibt man uns unserem palästinensischen Reiseführer und ich bin fasziniert, dass manche Sachen zwischen Siedlern und Palästinensern scheinbar doch reibungslos klappen.

    Ich kann nicht sagen, dass ich von der Einseitigkeit der Darstellung der Siedler Tour überrascht wäre, die Dreistigkeit mit der manche Sachen ausgesprochen wurden und der Stolz dabei fand ich zum Teil aber doch heftig.


    Hebron H1: die palästinensische Seite


    Von der palästinensischen Tour war ich insgesamt enttäuscht, schnell habe ich das Gefühl (wie bei den Siedlern) dass wir nur gezeigt bekommen, was wir sehen sollen. Wir werden vor allem durch Leere Straßen und an geschlossenen Geschäften und verbarrikadierten Häusern vorbeigeführt. Thema sind hier vor allem das Tagesgeschehen und die Übergriffe der Siedler auf die Palästinenser, auch die bedrückende Stimmung auf viele durch die hohe Militärpräsenz. Vergangene Massaker der Palästinenser werden aber ebenso verschwiegen wie, dass bei der Führung durch den jüdischen Siedler mit den Massakern und Übergriffen der Juden gewesen ist. Auch zeigt man uns nicht wirklich wie die Palästinenser eigentlich leben, wir haben nicht wirklich Zeit mit Leuten auf der Straße zu sprechen, wenn wir denn mal welche sehen. Nachfragen von mir und Iszy werden sehr allgemein beantwortet, ohne besonders viel zu sagen.

    Auf der muslimischen Seite der Höhle des Patriarchen gibt es tatsächlich keine Damentoilette. Hier müssen wir uns, als Frauen verschleiern, um einzutreten, wer kein Halstuch, das er als Kopftuch verwenden kann, dabei hat kann einen Kapuzenmantel am Eingang bekommen der bedeckt dann auch gleich die Schultern. Auf meine Nachfrage, ob wir in den Markt Bereich können da ich gerne etwas für Freunde kaufen würde bekomme ich zur Antwort das wir keine Zeit mehr hätten. Insgesamt bin ich enttäuscht und beschließe auf jeden Fall nochmal nach Hebron zu kommen, um die palästinensische Seite zu erkunden, wenn es sein muss auf eigene Faust.


  • Hallo Gusti,

    Danke dir.


    Ja, mich hat dass damals auch sehr betroffen gemacht.

    Was ich aber wirklich sagen muss ist dass meine damalige Erfahrung gewesen ist das der überwältigende Anteil an Israelis gegen die Siedlungspolitik ist (damals waren es sicher 70-80%).


    Hebron ist auch speziell da es (auch wegen der hohen Symbolik der Stadt aber auch aus anderen Gründen. Die Gewaltbereiten von beiden Seiten dort hinzieht. Die Gewalt dort ist nicht nur politisch sondern auch Religiös.

  • Hallo ninka,


    wenn ich es richtig verstanden habe, war deine Reise schon 2012, also schon einige Jahre her. Wie empfandst du die Sicherheitslage? Fühltest du dich sicher genug um überall dort rumzureisen (eventuell in eine Tour)?


    Ich wäre schon gerne mal in Israel, tue mich aber schwer, da ich glaube, die bedrohende Lage würde mich ständig begleiten und den Spaß im Urlaub wegnehmen.


    Danke

  • Hallo Senugeru,

    Das korrekt, 2012 war meine erste Reise nach Israel, es war aber bei weitem nicht die letzte.

    Dadurch das mein Freund (Hitchhiker), den ich 2012 ja dort kennengelernt habe, Israeli ist bin ich danach noch oft in Israel gewesen, Urlaub, Familien Besuch, und ich hab sogar mal einen Monat für Ärzte ohne Grenzen dort gewohnt und gearbeitet während mein Freund seine Reserveübung absolvieren musste.

    Ich habe mich damals und auch während der Aufenthalte danach insgesamt sicher gefühlt.

    Es gibt ein paar Sachen die haben mich Anfangs erschreckt oder etwas verstört und an manches werde ich mich auch nie ganz gewöhnen.

    Du siehst in Israel unheimlich viele Waffen auf der Straße. Du siehst Soldaten in Uniform und Soldaten in Zivil die ihre Gewehre um die Schulter tragen und auch recht viele Zivilisten die offen Waffen tragen. Du siehst zum Beispiel recht häufig Touren von amerikanischen Juden, bei denen oft entweder der Tourguide bewaffnet ist oder eine bewaffnete Security dabei ist. Hotels haben auch oft Sicherheitsdienste, die auch oft bewaffnet sind. Das ist zum Beispiel etwas, an das ich mich nie gewöhnen werde. Aber die Israelis sind daran gewöhnt es ist für sie alltäglich, manchmal hast du echt surreale Sachen wie etwa eine junge Frau im Cocktailkleid und Highheels die aber ihr Gewehr umhängen hat. Was man aber dazu sagen muss dass dafür dass du so viele Waffen auf der Straße hast Israel sehr wenig tote durch Schusswaffen hat, sehr viel weniger als etwa die USA, Süd Afrika oder Brasilien, und zum Beispiel auch weniger als Finnland oder Frankreich. Was meiner Meinung nach vor allem daran liegt dass jeder der dort eine Waffe trägt beim Militär war und die alle sehr Verantwortungsbewusst damit umgehen.

    Was Raketen Angriffe angeht so muss man sagen dass die schon recht Regelmäßig vorkommen und in den Medien in Deutschland nur Berichtet wird wenn der Konflikt mal wieder auf einen Höhepunkt ist. Dazu muss man auch sagen dass die meisten Raketen nicht die Reichweite haben um bis Tel Aviv oder Jerusalem zu kommen. Und ein hoher Anteil der Raketen wird durch den Iron Dome abgefangen. Dass ist etwas woran ich zum Beispiel anfangs dachte dass ich mich da nicht dran gewöhnen kann aber irgendwann kam dann auch mal der Zeitpunkt als man am Himmel sehen und hören konnte wie eine Rakete abgefangen wird und während alle Touristen mit weit aufgerissenen Augen in den Himmel geschaut haben und ich habe mich nicht mal erschreckt.

    Mit einer Tour zu Reisen und im Hotel zu wohnen ist auf Jeden Fall (den Umständen entsprechend) sehr sicher. Die Reiseführer sind normalerweise sehr gut über die Lage informiert und wenn die Situation kritisch ist finden auch keine Touren statt. Alle Touren die ich mit Reiseführern unternommen habe waren sehr gut organisiert egal ob mit BtS, den Siedlern oder anderen.

    Ich bin dann auch viel von Simeon (Hitchhiker) und habe mich aber wirklich die meiste Zeit sicher gefühlt, die einzigen drei brenzligen Situationen in denen ich war waren nicht Simeons schuld, die waren auch alle nicht wirklich Lebensbedrohlich.

    Es gibt auf jedenfalls ein paar Sachen von denen ich abraten würde vor allem wenn man das Land zum ersten mal bereist.

    Eine Sache davon ist Auto fahren, vor allem in den großen Städten wie Tel Aviv oder Jerusalem.

    Gibt noch paar Sachen die man beachten sollte und die etwas kompliziert sind, aber dass ist alles eigentlich Verhältnismäßig harmlos.

    Ich werde auf jeden fall hier noch einige Berichte einstellen. Ansonsten wenn du spezifische fragen hast frag ruhig einfach.

  • Es gibt auf jedenfalls ein paar Sachen von denen ich abraten würde vor allem wenn man das Land zum ersten mal bereist.

    Eine Sache davon ist Auto fahren, vor allem in den großen Städten wie Tel Aviv oder Jerusalem.

    Ernsthaft? Ich fand das Fahren völlig unproblematisch und kenne niemanden, der damit Probleme hatte...

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Ernsthaft? Ich fand das Fahren völlig unproblematisch und kenne niemanden, der damit Probleme hatte...

    Ich frage mich was in Tel Aviv oder Jerusalem so schlimm sein kann. Wenn ich bedenke, dass ich jahrelang in Sao Paulo (Brasilien) gefahren bin oder auch in Los Angeles...


    Sind die Israelis Chaoten am Steuer, oder sehr agressiv?

  • OK, vielleicht hätte ich, dass etwas mehr präzisieren sollen.


    Außerhalb der Ortschaften ist es wirklich Super entspannt.

    Da ist, dass einzige was etwas problematisch ist, ist das es in Israel zum Teil drei verschiedene Namen für denselben Ort gibt. Caesarea und Quesarriya zum Beispiel. Das kann man natürlich mit Navigation umgehen in dem man google maps oder die israelische App Waze benutzt.


    In den großen Städten ist es aber anders (zumindest meine Erfahrung). Ich muss vielleicht auch dazu sagen, dass ich keine große Autofahrerin bin, ich bin in Berlin aufgewachsen, habe in Tübingen studiert und lebe jetzt in Mannheim. Ich habe in meinem Leben im Alltag so gut wie nie ein Auto gebraucht. Wir haben aktuell auch beide gar kein Auto da wir auch keins brauchen. Ich hab zwar Führerschein und habe auch kein Problem längere Strecken zu fahren und als wir in Schottland mit dem VW Bus waren bin ich auch gefahren, aber in Israel hab ich anfangs schon geflucht und war wirklich froh, dass ich nicht zum ersten Mal in Israel war. Vielleicht liegt es also auch daran dass ich nicht so oft Autofahre- Fahrrad hingegen habe ich kein Problem bin ich in China gefahren und ging super (man muss sich halt unsere deutsche Höflichkeit etwas abgewöhnen).


    Ich habe 2016 während meines Aufenthaltes für MsF in Israel ein Auto günstig von einem Expat gekauft, der zurück ist als ich angekommen ist. Vor allem da es für mich vieles einfacher gemacht hat. Zu aller erst Ja, die Israelis sind (für mein Empfinden) sehr aggressiv, forsche und unnachgiebige Autofahrer.

    Das wird im Berufsverkehr noch schlimmer denn im Berufsverkehr ist ganz Jerusalem ein einziger Stau, da wird gehupft, gedrängelt, geschnitten und zwanzigmal die Spur gewechselt um zwei Plätze gutzumachen. Wenn man an der Ampel steht, kann man von ausgehen das man in der Sekunde, in der die Ampel von gelb auf grün springt angehupt wird, manchmal auch schon vorher. Wenn man jemanden vor oder durchlässt etwa an einer Kreuzung oder wenn es von zweispurig auf Einspurig wechselt, wird man angehupt. Wenn man aufgrund von Ortsunkenntnis mal 5km/h langsamer fährt, als die Höchstgeschwindigkeit wird man angehupt. Dazu kommt noch dass wenn man jemanden vorlässt dass als persönliche Schwäche ausgelegt wird und der hinter dem gleich denkt "rare opportunity".

    Dazu kommt dann noch, dass ich, mit meinem Fahrradfahrer Orientierungssinn, es tatsächlich Geschäft habe am Samstag falsch abzubiegen und in ei Ultra orthodoxes Viertel zu fahren. Und Ja, die werfen tatsächlich mit Steinen, und ja die treffen auch. Die ersten zwei Wochen hab ich schon ganz schön gelitten, am Ende ging es dann doch, man gewöhnt sich ja dran und passt sich an, ich habe am Ende sogar selber gehupt, wenn jemand bei Grün nicht schnell genug losgefahren ist. Was unter Simeons Freunden zu größter Freude geführt hat, sie haben es als Höchstmaß an Integration bezeichnet.

    Parkplätze sind zudem in Städten wie Tel Aviv oder Jersualem ein Riesen Problem. Das Prinzip ist zwar ziemlich Simpel und genial (farbliche Markierung am Bürgersteig) aber seit 2017 gibt es in Israel fast keine Parkuhren mehr, Parkplätze werden per Apps bezahlt und die funktionieren nur mit israelischer Sim. (Auf jeden fall vorher beim Hotel fragen ob das Hotel einen Parkplatz hat).


    Deshalb, wenn mich jemand fragt, der zum ersten mal nach Israel reist und mich fragt was mit Autofahren ist, würde ich persönlich raten, nur wenn ihr in der Negev oder der Judäischen Wüste oder bei den Golan Höhen reisen wollt. Es gibt aber auch positives die Straßen sind in einem sehr guten Zustand. Ich weiß jetzt nicht wie es in Sao Paulo ist Senugeru. aber wenn es da ähnlich ist bist du es ja schon gewohnt, dann ist, dass entsprechend auch was anderes.

  • Danke für die ausführliche Erklärung. :thumbsup: Ja, das erinnert mich sehr stark am Verkehr in Sao Paulo, und du hast Recht, in Urlaub muss man sich sowas nicht antun. Nichts für schwache Nerven, und deshalb habe ich in meinem letzten Reisen dorthin auch kein Auto mehr geholt, da fahren wir dann lieber Taxi oder lassen uns von meiner Schwägerin fahren 8-).

  • Dazu kommt dann noch, dass ich, mit meinem Fahrradfahrer Orientierungssinn, es tatsächlich Geschäft habe am Samstag falsch abzubiegen und in ei Ultra orthodoxes Viertel zu fahren. Und Ja, die werfen tatsächlich mit Steinen, und ja die treffen auch

    OK, Orientierungssinn ist schon sehr wichtig wenn man im Ausland fährt, in Los Angeles oder Rio de Janeiro kann sogar tödlich enden.

    Dürfen Ultra Orthodoxen Steine werfen während des Shabbats?:cry: (ehrliche Frage, da ich nicht genau weiß, was tatsächlich verboten ist nicht ist)

  • OK, Orientierungssinn ist schon sehr wichtig wenn man im Ausland fährt, in Los Angeles oder Rio de Janeiro kann sogar tödlich enden.

    Dürfen Ultra Orthodoxen Steine werfen während des Shabbats?:cry: (ehrliche Frage, da ich nicht genau weiß, was tatsächlich verboten ist nicht ist)

    Dürfen sie nicht, aber ist halt wie es bei den Gottesfürchtigen, aller Religionen, immer ist, die Argumentation gilt nur wenn es die eigene Logik stützt.

    Autofahren ist in der Wahrnehmung der Charedim dann wohl dass schlimmere Verbrechen als den Shabbat zu brechen um Steine zu werfen.

    Steinewerfen hat leider auch eine lange Tradition im Judentum und an Übung mangelt es den Charedim auch nicht.

  • Was findest Du am Autofahren in LA so dramatisch?

    Naja, relativ viel Stau, man musste immer viel mehr Zeit einplanen als die Strecke hergibt. Aber, verglichen mit Sao Paulo ist LA tatsächlich gar nicht schlimm. Einmal haben wir 3,5 Stunden gebraucht für eine Strecke von etwa 25km (vom Flughafen in die Stadt rein).

  • Dürfen sie nicht, aber ist halt wie es bei den Gottesfürchtigen, aller Religionen, immer ist, die Argumentation gilt nur wenn es die eigene Logik stützt.

    Autofahren ist in der Wahrnehmung der Charedim dann wohl dass schlimmere Verbrechen als den Shabbat zu brechen um Steine zu werfen.

    Steinewerfen hat leider auch eine lange Tradition im Judentum und an Übung mangelt es den Charedim auch nicht.

    OK, das deckt sich eher mit dem was ich früher mal gehört habe, dass sie nicht mal Knöpfe in einen Aufzug drücken dürfen und deshalb diese an Ruhetage selbständig in jeden Stock anhalten. :roll:

  • OK, Orientierungssinn ist schon sehr wichtig wenn man im Ausland fährt, in Los Angeles oder Rio de Janeiro kann sogar tödlich enden.

    Dürfen Ultra Orthodoxen Steine werfen während des Shabbats?:cry: (ehrliche Frage, da ich nicht genau weiß, was tatsächlich verboten ist nicht ist)

    Ich habe schon Orientierungssinn, aber als Radfahrerin orientiert man sich halt anders als ein Autofahrer.

    OK, das deckt sich eher mit dem was ich früher mal gehört habe, dass sie nicht mal Knöpfe in einen Aufzug drücken dürfen und deshalb diese an Ruhetage selbständig in jeden Stock anhalten. :roll:


    Sie dürfen keine Tätigkeiten ausführen die nach der Halacha als Arbeit gelten. Dazu gehört auch das anzünden und löschen von Feuer. In der moderne wurde diese Regel auf elektrische Geräte übertragen, was das Bedienen von Fahrstühlen, Herden, Wasserkochern, etc. ausschließt, deshalb haben solche Geräte in Israel in der Regel einen sogenannten Shabbat Modus, dann halten die Fahrstühle automatisch in jedem Stock wie von dir geschrieben. Das ist aber in öffentlichen Gebäuden (wie Krankenhäusern) und Hotels in der Regel nur ein Fahrstuhl pro Haus.