So Ich bin nicht unbedingt eine sehr chronologische Person deshalb werde ich meinen Bericht nach Orten und nicht nach Daten einteilen.
Hebron Teil 1
Ich habe mich entschieden mit Hebron anzufangen da es zu Tel Aviv hier ja bereits ein paar Berichte gibt und ich dachte mir es ist besser, wenn ich von etwas schreibe, was es hier noch nicht so viel gibt.
Ich möchte aber davor warnen, dass das nicht unbedingt der fröhlichste Teil meiner Israel Reise war.
In meinen 2 Monaten in Israel war ich insgesamt 3 Mal in Hebron.
Einmal mit einer Tour von Breaking the Silence, einmal mit einer Kombi Tour (ein Israeli hat uns auf der israelischen und ein Palästinenser auf der palästinensischen Seite der Stadt herumgeführt) und einmal privat.
Breaking the Silence:
BtS ist eine israelisch NGO die von Ex Soldaten gegründet wurde, die sich entschlossen haben, den Kodex des Schweigens in der Armee zu brechen, um auf die Zustände in den besetzten Gebieten Aufmerksam zu machen. In der israelischen Öffentlichkeit (so meine persönliche Erfahrung) ist man über BtS Zwiespälten manche halten die Arbeit für BtS für enorm Wichtig, sie halten der israelischen Gesellschaft den Spiegel vor und da sie Israelis sind und während ihrer Dienstzeit beim Militär selber in den besetzen Gebieten gedient haben schenkt man ihnen Gehör. Andere reagieren auf BtS sehr negativ und bezeichnen sie als linksradikale die lediglich das Militär diffamieren wollen.
Am Morgen als wir auf unseren Fremdenführer warten bin ich aufgeregt aber vor allem etwas traurig. Wir haben die Tour bei BtS gebucht da der Besitzer der Bar, in der wir regelmäßig die Abende Ausklingen lassen uns eine Tour mit BtS empfohlen hat. Am Abend vor der Tour habe ich einen ziemlich süßen Israeli kennengelernt. Wir waren anschließend noch Tanzen. Leider hatte ich ihn dann im Getümmel verloren und jetzt sitze ich hier und denke, dass ich den süßen Simeon niemals wieder sehen werden.
Während sich also die andern die anderen unserer kleinen internationalen Gruppe darüber unterhalten, was wir heute wohl sehen werden bin ich vornehmlich mit Trübsal blasen beschäftigt. Der kleine Bus fährt vor mit Fahrer und Fremdenführer, letzter steigt aus dem Bus aus, um uns willkommen zu heißen und es ist...Simeon.
Er heißt uns willkommen und stellt sich kurz vor, dann erzählt er wo die Tour uns heute Langführen wird, und bittet uns mit Nachdruck darum unter keinen Umständen auf Provokationen der Siedler zu reagieren.
Wir passieren ein paar Checkpoints und Siedlungen. An den Checkpoints werden wir nicht lange aufgehalten. Simeon redet auf Hebräisch und teilweise auf Russisch mit den Soldaten dann steckt einer seinen Kopf in den Bus rein wir halten unsere Pässe hoch und weiter geht es.
Simeon kommentiert für uns die Landschaft und erklärt uns dass ein Teil der Straßen für Palästinenser nicht passierbar sind da sie nicht an den Checkpoints durchgelassen werden, dass zum Teil Zugänge zu Feldwegen oder Straßen mit Betonklötzen blockiert oder von Bulldozern zugeschaufelt werden und die palästinensischen Bauern riesige Umwege zu ihren Feldern gehen müssen. Er erklärt, dass es ein Tauziehen zwischen Obama und Netanjahu gibt, Obama verlangt das einfrieren der Siedlungspolitik, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Er erklärt uns, dass wenn es früher um die Siedlungspolitik ging, man von Räumung sprach, dann sprach man von Stopp mittlerweile spricht man von einfrieren.
Wir fahren an einer Siedlung vorbei. Er erzählt uns, dass diese Siedlung in den letzten Jahren mindestens viermal geräumt wurde. Die Siedler aber jedes Mal am nächsten Tag zurückgekehrt sind und die Armee dann auch wieder hin musste, um die Siedler zu beschützen.
Hebron
Simeon skizziert uns kurz die Situation von Hebron.
Hebron ist eine der ältesten Städte der Welt und gehört sowohl im Islam als auch im Judentum zu den jeweils vier heiligen Städten. Hier lebten schon immer Juden und über 1000 Jahre lang lebten Juden und Muslime hier friedlich miteinander. In den 20er Jahren kam es, infolge eines verstärkten jüdischen Zuzuges, langsam zu Spannungen. Simeon erzählt uns dann dass aber diesem Zeitpunkt die Geschichte Hebrons sich vor allem über eine Anzahl von Greultaten beider Seiten erzählen lässt so wurden 1929 kam es zu einem Massaker von Arabern an Juden in dessen folge 67 Juden ermordet wurden und alle übrigen Juden aus Hebron vertrieben wurden. Er erzählt uns auch dass über die Hälfte der damals in Hebron lebenden Juden Zuflucht bei arabischen Familien fanden welche diese in ihren Kellern versteckten. Dass ist mir im Gedächtnis geblieben da dieses, meiner Meinung nach ganz und gar nicht unwichtige Detail des Massakers von 1929, von keinem anderen Fremdenführer, mit dem ich nach Hebron bin erwähnt wurde, von keinem israelischen und von keinem palästinensischen. Schließlich erzählt er uns wie 1994 der Jude Baruch Goldstein 29 Palästinenser ermordete, die am Grab des Patriarchen betteten. Jede Seite hat ihre Massaker.
Wir fahren an einer weiteren israelischen Siedlung vorbei und gelangen nun über einen weiteren Checkpoint in die Zone H2 den israelisch kontrollierten Teil der Stadt.
Die Al-Shuhada Straße gibt ein trauriges Bild ab, Simeon erklärt uns, dass dies früher der wirtschaftliche Mittelpunkt der Stadt war das aber seit dem Goldstein Massaker 1994 die Armee die Straße abgeriegelt hat, alle Wohnungstüren verrammelt, die Militär Präsenz in Hebron ist riesig, gefühlt kommt auf einen Siedler ein Soldat. Über den Straßen sind zum Teil Netze gespannt auf den allen möglicher Müll liegt, Simeon erklärt uns, dass die Netze gespannt wurden da die jüdischen Siedler zum Teil Steine und andere Gegenstände auf die Palästinenser werfen, die unten auf der Straße laufen, er erklärt uns, dass aus demselben Grund viele Fenster und Balkone mit Gitterkonstruktionen umgeben sind. In der Mittagspause stößt eine Psychologin die für Medecins Sans Frontieres arbeitet zu uns, Simeon kennt sie aus Tel Aviv und hat sie gebeten uns ein stück zu begleiten. Sie erzählt uns das die Wohnungen für Palästinenser in diesem Teil der Stadt sehr günstig sind sie aber ständig mit Schikanen durch die Siedler und auch die Armee leben müssen, dass viele aber auch angst haben wegzuziehen da sie dann unter anderen Palästinensern als Feiglinge oder Verräter abgestempelt werden, sie erzählt uns, dass sie regelmäßig Leute behandelt die Aufgrund dieser Thematik einen Nervenzusammenbruch erleiden.
Tea und ich fragen Simeon, ob er uns auch durch H1 den palästinensischen Teil der Stadt führen kann. Er verneint dies jedoch da der Zutritt Israelis Verboten ist, ich muss gestehen ich hatte vorher nicht wahrgenommen dass nicht nur die Bewegungsfreiheit von Palästinensern zum Teil erheblich eingeschränkt ist, sondern dass auch Israelis zum Teil keinerlei Zutritt zu den Autonomie Gebieten haben.
Auf der Rückfahrt erklärt Simeon uns noch, dass alles was wir heute gehört haben zwar so gut es geht auf Fakten bezogen letztendlich aber eben doch seine Sichtweise der Dinge ist und es immer am besten ist sich möglichst Umfassend zu informieren um sich sein eigenes Bild zu machen. Er erzählt uns von der Möglichkeit eine Art Kombi Tour zu machen, bei der man beide Seiten der Stadt gezeigt bekommt H2 von einem Israeli H1 von einem Palästinenser. Auch davon das die Siedler auch Touren anbieten und dass dies auch interessant sein kann, wenn man wirklich die Sichtweisen von allen Seiten sehen will.
Zum Ende der Tour spreche ich Simeon noch einmal an und weiche nicht mehr von seiner Seite bis ich seine Handynummer, Festnetznummer und E-Mail Adresse habe.
Das war Teil 1.