Frauen mögen mutige Männer - bei den Bororos in der ZAR

  • ZAR = zentralafrikanische Republik
    Na ja, gut, auf Wunsch von Mikado und Maxi stelle ich hier einen kleinen Erfahrungsbericht ins Netz. Vergisst bitte nicht: ich bin kein Anthropologe und habe meine sozio-kulturellen Kenntnisse „en passant“ aufgeschnappt.
    Die nomadisierenden Peulh (auf deutsch heißen sie glaube ich „Fulbe“) Bororo leben in einer matriarchalischen Gesellschaft. Man findet sie vor allem in Niger, Mali, im Norden von Burkina F., Nigeria, Benin, Togo, Kamerun und im nördlichen Teil der zentralafrikan. Republik. Einmal im Jahr gibt es dieses große Fest, die „Curée salée“, an dem die Fulbe-Clans einer weiten Region teilnehmen. Es geht unter anderem darum, das Prestige der Männer zu festigen und eine kleine Familienplanung fürs kommende Jahr in Angriff zu nehmen. Nach heftigem Tanzen, wo eine Reihe von Frauen auf der einen Seite und eine Reihe von Männern auf der anderen Seite im Trommelwirbel sich aufeinander zubewegen (staubiges Event), werden die ersten Kontakte geknüpft.
    Nachher geht’s ums ganze: die Männer schlagen sich, aber nicht wie bei uns im Biergarten, sondern auf eine subtilere Art: jeder Mann möchte von einem anderen verschlagen werden. Nur so kann er die schönste Frau auf sich aufmerksam machen. Also provoziert ein Kandidat der geheiratet werden möchte einen anderen Mann. Er macht dies mit Grimassen (die Gesichter der Männer sind oft geschminkt). Die anderen Männer fühlen sich beleidigt und Bitten einen Schiedsrichter um Erlaubnis, den Provokateur schlagen zu dürfen. Dann geht’s los: mit einem Holzstock darf der Herausforderer auf den Brustkorb geschlagen werden. Der provozierte Mann schlägt so oft, bis der Provokateur mit seinem Grimassenschneiden vor Schmerz aufhört, maximal 5-6 mal (das ist heute so reglementiert, da der Spaß früher oftmals tödlich endete). Es passiert natürlich, dass nach dem 6. Schlag der Provokateur immer noch in der Lage ist, die Zunge raus zustecken und dann noch einen abschließenden Schlag auf den Kopf kassiert, der ihn ins jenseits befördert. Nach Ende des Kampfs wird der Gewinner von der schönsten Frau aufgesucht und darf mit ihr ein einjähriges Familienleben einleiten. Vielleicht wird auch mehr draus, aber das hängt, wenn ich das richtig verstanden habe, von der Frau ab. Das nächste Fest wird’s zeigen.


    Ich hatte 2 mal Gelegenheit, diesem Fest beizuwohnen. Wurde aber nie von einer Peulh Frau auserwählt! Vielleicht war ich doch im Endeffekt der Gewinner.
    Horas
    Die Fotos habe ich in der ZAR aufgenommen
    Bild 1: Tanzen, Schlagen, Frau gewinnen
    Bild 2: die Schläger
    Bild 3: der Provokateur
    Bild 4: die Bräute

  • Danke für diesen Beitrag, Horas!
    Es ist immer wieder interessant, die Sitten und Gebräuche anderer Länder kennenzulernen!
    In diesem Falle bin ich aber doppelt froh, kein Mann zu sein... :P


    Liebe Grüße Beate

  • Das ist wirklich ein sehr interessanter Bericht und ich danke dir für die Wunscherfüllung ganz herzlich. :D
    Das muss ja toll sein, an sowas teilnehmen zu dürfen, wenn auch die "Schläge" nicht grad das wären was ich gern sehe.
    Die Bilder finde ich absolut faszinieren, sie sind sehr hübsche menschen und am ersten z.B. toll geschmückt.


    Darf da jeder, der gerade da ist zusehen oder hast du Kontakt zu ihnen und warst eingeladen?


    Und die können das jedes Jahr wieder machen - ohne gross Scheidung und Dokumente und Amt - und sich jemand Neuen suchen.
    Sagt die Frau einfach, tschüß ich will jemand anderen und er geht und beim Fest suchen sie schon den Nächsten?


    Oder sind sie gar nicht richtig verheiratet, nur so zusammen?

  • Quote

    Nach Ende des Kampfs wird der Gewinner von der schönsten Frau aufgesucht und darf mit ihr ein einjähriges Familienleben einleiten.
    Vielleicht wird auch mehr draus, aber das hängt, wenn ich das richtig verstanden habe, von der Frau ab. Das nächste Fest wird’s zeigen.


    Hallo Horas, eine wohl mehr als schmerzhafte Prozedur - aber am Ende mit glücklichem Ausgang !


    Nur für einen begrenzten Zeitraum - wie schade ?

  • Bloß gut, dass man bei uns nicht erst verprügelt wird und dann 1 Jahr schmerzfrei leben darf (vielleicht ;) ).
    Aber auf jeden Fall Danke für den Einblick in die Lebensweise der Fulba. Auf jeden Fall hat das Fest sicher den tieferen Sinn einen neuen Partner kennenzulernen und so aus den Clangrenzen auszubrechen. Bitte weiter berichten, wenn es solch Einblicke gibt.

    v.Grüße Axel aka blaufotograph

  • Hallo Maxi,
    Danke für deine Fragen. Ich versuche sie nacheinander zu beantworten.

    Quote from Maxi


    Darf da jeder, der gerade da ist zusehen oder hast du Kontakt zu ihnen und warst eingeladen?


    Einfache Afrikaner (Landbevölkerung) sind sehr aufgeschlossen und tolerant fremden Besuchern gegenüber. Da gibt es keine Protokolle o.ä.. Ich war in der Region unterwegs, bin auf die Bororo-Party gestoßen und habe gleich mitgemacht (als Beobachter). Unterkunft, Essen und Trinken gibt’s in den Dörfern immer gratis (das fest war in der Nähe eines Dorfes). Das ist die afrik. Tradition, in manchen Ländern gibt’s auch noch eine Frau für die Nacht, auch wenn’s die Frau des Dorfchefs ist. Das alles, damit sich der Fremde wohlfühlt.


    Quote


    Und die können das jedes Jahr wieder machen - ohne gross Scheidung und Dokumente und Amt - und sich jemand Neuen suchen.


    Ja, jedes Jahr. Aber die weiteren Details kenne ich nicht.
    Geheiratet wird in Afrika meist immer noch nach traditionellen Richtlinien (Bei den sesshaften Stämmen wird in einer kleinen Zeremonie ein Päckchen mit Kolanüssen an den zukünftigen Schwiegervater, etwas Geld etc. übergeben.). Nur in Städten hat sich die standesamtliche Heirat breit gemacht. Aber die 2., 3. oder 4. Frau wird „nur“ traditionell geheiratet – auch bei den Christen (geht ja auch nicht anders oder? Bei uns ist das ja so ähnlich, siehe Helmut Kohl, Francois Mitterand etc.).


    Quote

    Sagt die Frau einfach, tschüß ich will jemand anderen und er geht und beim Fest suchen sie schon den Nächsten?


    Wenn mein Freund Paris noch leben würde, könnte ich dir diese Fragen beantworten. Paris war Soziologe, hat sich von seiner franz. Frau getrennt und 1983 eine Bororo geheiratet. Ich habe seine Frau gekannt, war echt eine wilde Schönheit. Paris war wohl der beste Kenner dieses Milieus. Ich hätte dich mit ihm bei entsprechender Wissbegierde in Kontakt gebracht, aber er ist 2002 in Cotonou gestorben.


    Quote

    Oder sind sie gar nicht richtig verheiratet, nur so zusammen?


    Diese Frage hat sich wohl erübrigt!


    Es ist immer noch Regenzeit hier. Ich habe also noch viel Zeit bevor es wieder raus geht. Ich freue mich auf eure Fragen.
    horas

  • Hallo Horas,


    vielen Dank für die sehr interessanten Ausführungen der Gebräuche. Sowas kann man bei uns schlecht nachvollziehen.

    Liebe Grüße
    Heike ;)


    Die größte Sehenswürdigkeit die es gibt, ist die Welt – sieh sie dir an! Denn Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben.