Fotografieren am Weihnachtsmarkt

  • Ich hab unlängst auf einem Weihnachtsmarkt fotografiert. Es war ein grauer, trüber Tag und bereits gegen 15 Uhr. Deshalb hab ich den Weißabgleich auf "bewölkt" gestellt. Hat auch gut ausgesehen, nur wenn ich dann in eine Marktbude fotografiert habe, waren die Rottöne völlig überbetont. Also hab ich auf "Kunstlicht" gestellt. Wenn ich dann allerdings wieder im Freien fotografiert habe, kamen natürlich total kalte, blaustichige Bilder zustande.


    Wie würdet ihr das lösen? Weißabgleich auf AUTO? Jedes Mal umstellen? RAW fotografieren und zu Hause reparieren?

  • Ich würde in so einer Situation in RAW fotografieren, und Zuhause manuell nachbearbeiten.


    Ich fotografiere sowieso nur noch in RAW .

  • Ich mache dann lieber einen manuellen Weißabgleich, die Nachbearbeitung liegt mir nicht so. Klappt aber nur, wenn ich genügend Zeit mitgebracht habe.
    Viele Grüße
    Petra

  • Im Grunde genommen hast du dir deine Frage doch schon selbst beantwortet. Entweder du stellst den Weißabgleich beim Marktbummel bei deiner Kamera ständig neu ein, oder du nutzt hierfür die Automatik.
    Das was du dabei an deiner Kamera einstellst, bietet dir auch nachträglich jeder RAW Konverter eines Bearbeitungsprogrammes. Das hat nichts mit reparieren zu tun. Du kannst auch nachträglich einen manuellen Weißabgleich am PC durchführen, nur mußt du dafür auch im RAW Format fotografieren. Eigentlich ist sowas heutzutage bei Nutzung einer Spiegelreflex selbstverständlich. ;)

  • Ich habe auch immer den automatischen Weißabgleich eingestellt. In den meisten Fällen passt das auch gut, ansonsten regel ich im RAW-Konverter etwas nach.
    Ausnahme: Ich fotografiere längere Zeit mit gleichbleibender Beleuchtung oder ich brauche ein gutes JPG-Bild und habe gerade keine Nachbearbeitungsmöglichkeit.

  • Quote from kiki

    nur mußt du dafür auch im RAW Format fotografieren.
    Eigentlich ist sowas heutzutage bei Nutzung einer Spiegelreflex selbstverständlich.


    Also hier möchte ich mal uneingeschränkt zustimmen. Es dürfte heute das einfachste sein gleich im RAW Format zu fotografieren. Eine gebrauchsfähige RAW Konvertersoftware gibt's zur Kamera dazu und es gibt auch Alternativen. Hinterher den Weißabgleich zu ändern ist für mich keine Bearbeitung.

    v.Grüße Axel aka blaufotograph

  • Um die Farbtemperatur zu ändern, muss man nicht im RAW-Format fotografieren, das geht auch bei einem JPEG ganz einfach, wenn man zum Beispiel mit Photoshop Elements arbeitet. Auf Reisen habe ich zum Beispiel keine Zeit, eine aufwändige Bearbeitung mit RAW-Konvertierung zu machen.



    Quote from NoDurians

    Das geht dann schon mal in der beschriebenen Situation nicht. Erstens keine Zeit, zweitens müsst ich das dann ja fast vor jedem einzelnen Foto machen.


    Du hattest aber gefragt: "wie würdet Ihr das lösen" und ich habe nur geschrieben, was ich machen würde. :D


    Viele Grüße
    Petra

  • Hallo,


    Quote from NoDurians

    Nein, ich hab gefragt, wie ihr in dieser Situation fotografieren würdet.


    generell oder bzgl. des Weißabgleichs?


    Also generell: Lange vor der Fotosession überlegen, was Du eigentlich erreichen willst und Dich mental und ausrüstungstechnisch darauf vorbereiten. Zur "Blauen Stunde" kommen und die Übersichtsbilder machen. Wenn es richtig duster ist sind die schwarzen Flächen wahrscheinlich zu dominant (kommt auf den Markt an) und dann werden die Kontraste zu groß bzw. die Bildinhalte zu mickrig. Da die "Blaue Stunde" sehr kurz ist, solltest Du zu diesem Zweck deutlich vor (!) der "Blauen Stunde" schon vor Ort sein und die Location erkunden (Aufnahmestandorte, Aufnahmeplanung (z. B. auch für spätere Details mit langer Brennweite), ggf. Kontakte knüpfen um später schon bekannt zu sein, etc.).
    Motivsuche: Mit offenen Augen und mit offenem Herzen durch die Stände gehen. Tage, an denen weniger los ist, sind für Dich besser. Menschenmassen kannst Du ohnehin nicht gut darstellen und so gibts weniger störende Personen, die zwischen Dir und Deinem Motiv stehen. Außerdem sind die Standbesitzer weniger gestresst und werfen sich schon mal für Dich in Pose. Ungewöhnliche Blickwinkel suchen - beispielsweise von der Seite durch den Stand auf die Kundschaft ... oder aus der Perspektive eines Vierjährigen, wenn sich die Situation anbietet. So ein Markt lebt von den Menschen, den spezifischen Waren und der (Licht-) Atmosphäre. Diese musst Du suchen und abbilden. Versuche die Vielfalt und die Eigenheiten dieses Marktes zu finden. Versuche einzelne Menschen nicht als anonyme Besucher, sondern als Individuen zu fotografieren, z. B. in dem sie im Aufnahmemoment emotional mit der Situation verbunden sind. Leuchtende Augen eines Kindes, dem gerade ein Nutella-Crep übergeben wird, ist fotogener als ein überfüllte Bratwurststand.


    Bzgl. Kameraeinstellung: Einzelne Überstrahlungen werden nicht vermeidbar sein, stören aber auch nicht die natürliche Anmutung, wenn sie sich auf die Spitzlichter beschränken. Der Weißabgleich soll nicht die warmen Farben platt bügeln, sondern warm bleiben. Mit einem manuellem Weißabgleich auf eine Graukarte ist also Vorsicht geboten. Du wirst sehen, dass die mittleren und längeren Brennweiten wahrscheinlich die besseren Motive erzeugen. Übersichtsbilder mit kurzer Brennweite sehr bedacht auswählen. Bei einer Aufnahme-Sequenz (z. B. an einem Stand) die Belichtung nur wenig oder gar nicht verändern. Was zählt ist hier die einheitliche Anmutung und nicht die mittelere Helligkeit lt. Belichtungsmesser. Spotmessung ist übrigens fast immer tabu. Ruhig auch mit der Belichtungszeit an die obere Grenze gehen. Schnelle Bewegungen (z. B. von Personen) können die Situation auflockern. Wenn Du ein Monopod hast und Dir der Aufwand nicht zu groß ist, würde ich es hierfür mitnehmen. Große Blenden (2,8 ... 1.4) auf kurze Distanz z. B. bei Glaskugelbilder schafft ein wunderbares Raumgefühl. Die ISOs hängen von der Lichtsituation ab. wahrscheinlich eher hoch. Du solltest die die individuelle "Schmerzgrenze" bei Deiner Kamera kennen (auch abhängig von der späteren Verwendung der Bilder). Wenn Du mit der Auto-ISO Funktion geübt bist, kannst Du Blende und Belichtungszeit frei wählen. Du solltest aber wissen, wie die Auto-ISO Funktion mit einem Handgriff aktiviert/deaktiviert werden kann (=> Funktionstaste?). Ich empfehle generell das RAW-Format ... ist aber wie alles andere, was weiter oben geschrieben ist, Geschmacksfrage.


    Petra: Natürlich kann man auch bei JPEG-Dateien einen Weißabgleich durchführen. Die Kodierung der Daten in diesen Datei ist aber so angelegt, dass nur noch vorhanden ist, was tatsächlich auch angezeigt werden kann. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Deshalb spricht man bei JPEG auch von einem reinen "Präsentations-Format" und nicht von einem Bearbeitungs-Format wie RAW oder 16 Bit TIFF. Ein (nachträglicher) Weißabgleich in einem 8 Bit Format wie JPEG kann (muss nicht) zu Artefakten wie Tonwertabrissen führen und darum macht man das eigentlich nur dann, wenn man keine andere Wahl mehr hat.


    CU
    G.

  • Geniale Antwort! Vielen Dank!


    In erster Linie ging's mir um den Weißabgleich bei so kurz aufeinander folgenden unterschiedlichen Lichtsituationen und das Erreichen einer - wie Du schreibst - "einheitlichen Anmutung".


    Aber natürlich auch um die Motivfragen. Mein Ziel ist es, die Stimmung und das Geschehen auf Weihnachtsmärkten einzufangen und in einer Bilderserie zu zeigen. Ich sehe das als technische aber auch bildgestalterische Übung.


    Monopod verwenden und Spotmessung vermeiden, WB auf Auto und in RAW fotografieren. Probier ich demnächst aus.
    Ich werd meine Ergebnisse dann auch hier zeigen.

  • Quote from Globetrotter


    Petra: Natürlich kann man auch bei JPEG-Dateien einen Weißabgleich durchführen. Die Kodierung der Daten in diesen Datei ist aber so angelegt, dass nur noch vorhanden ist, was tatsächlich auch angezeigt werden kann. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Deshalb spricht man bei JPEG auch von einem reinen "Präsentations-Format" und nicht von einem Bearbeitungs-Format wie RAW oder 16 Bit TIFF. Ein (nachträglicher) Weißabgleich in einem 8 Bit Format wie JPEG kann (muss nicht) zu Artefakten wie Tonwertabrissen führen und darum macht man das eigentlich nur dann, wenn man keine andere Wahl mehr hat.


    Natürlich Globetrotter, das ist mir schon klar. Ich plädiere ja ohnehin für einen Weißabgleich vorher. Nur viele User fotografieren ja hier hauptsächlich Schnappschüsse und fotografieren auch nicht generell in RAW. Daher der Hinweis, dass es auch mit JPEG geht.


    Ich bin davon ausgegangen, dass ND einen Weißabgleich unbedingt haben wollte und es hauptsächlich um die Lichtverhältnisse geht und nicht um Bildkompositionen.


    Aber Du bist ja darauf eingegangen, super!


    Viele Grüße
    Petra

  • Nur zur Erklärung: Ja, ich bin auf der Suche nach Schnappschüssen. Ich seh diesen Begriff nicht negativ, zumindest seit ich das Buch "Henri Cartier-Bresson: Der Schnappschuss und sein Meister" gelesen habe. H.C.B ist immerhin Leitfigur von ganzen Fotografen-Generationen weltweit.


    Wenn ich die Stimmung auf einem Markt einfangen möchte, dann geht es um den besonderen Moment, wo ein Kind sein Nutella-Crepe überreicht bekommt, Menschen mit Glühwein anstoßen, ein Standbesitzer gelangweilt gähnt, der Weihnachtsmann hinter einem Marktstand raucht und telefoniert,...


    In dem Moment ist mir meine Kamera technisch gesehen egal, da mag und kann ich nicht am Weißabgleich rumfudeln oder mir über irgendeine Kameraeinstellung Gedanken machen. Oder wie Cartier-Bresson gesagt hat: ""Fotografie, ist nichts. Was mich einzig interessiert, ist das Leben."


    Und jetzt hör ich schnell wieder damit auf, den großen Meister zu zitieren. Von dem bin ich ungefähr so weit weg, wie die Ösi-Fußballnationalmannschaft vom WM-Titel. :-O

  • In Raw fotografieren, dann ist der Weißabgleich völlig wurscht. Ansonsten hat man auf einem Weihnachtsmarkt wohl immer das Problem mit dem Licht, also Iso rauf, was man braucht und bis zu dem, was die Kamera relativ rauschfrei kann (bei mir wär das 1600ISO mit der 1DSII).

  • würde den weißabgleich lieber manuell durchführen.. da kommt es natürlich immer drauf an, wie gut deine kenntnisse in dieser hinsicht sind :)

  • Hallo,


    Quote from rechtschreibling

    würde den weißabgleich lieber manuell durchführen.


    mal unter uns: Hast Du das wirklich schon mal auf einem Weihnachtsmarkt gemacht? Und wenn ja: Wie misst Du die Farbtemperatur und nach welchen Kriterien beurteilst Du eine Farbtemperatur als "korrekt"?


    Wie man "normalerweise" einen manuellen Weißabgleich macht, dürfte den meisten bekannt sein. Oder doch nicht? Ist beispielsweise der Unterschied (bzgl. Ablauf und Sinn) der Objekt- und der Lichtmessung wirklich bekannt? Soweit ich das beobachten kann, klafft hier gerne das angelesene Wissen und die praktizierte Realität weit auseinander. Wie bei vielen anderen Themen auch.


    Wenn wir im normalen Tageslicht in ein Buch sehen, sind ist die Seite zwischen den Buchstaben ... klar: weiß. Tun wir das im Schein der Nachttischlampe, ist die Seite auch weiß. Zumindest können wir uns im normalen Leben in beiden Situationen kaum ein weißeres Weiß vorstellen. Messen wir die Farbtemperatur mit einem Messgerät objektiv in beiden Situationen, wird sich ein dramatischer Unterschied zeigen. Grund ist der automatische Weißabgleich, den unser Auge durch den gezielten Abbau der Sehfarbstoffe in den einzelnen Rezeptoren bei Lichtstimulation durchführt und dadurch an spektraler Empfindlichkeit verliert. Da ist das Auge unser Kamera noch weit überlegen. Man stelle sich mal vor: Ein unabhängiger Weißabgleich pro Pixel :shock:


    Jetzt haben wir ein Problem. Tatsächlich ist die Farbstimmung am Weihnachtsmarkt eher warm (geringe Farbtemperatur). Aufgrund unseres automatischen Weißabgleichs im Auge nehmen wir das so aber nicht wirklich wahr. Aufgrund unserer Erfahrung (z. B. bei Mischlicht) wissen wir aber, dass das Licht eigentlich gelblich sein müsste ... erwarten dies auch und wenn man sich darauf konzentriert, kann man das auch ganz gut erahnen. Aber es ist uns nicht wirklich präsent, wenn wir nicht daran denken. Machen wir nun mit der Kamera einen manuellen Weißabgleich (egal ob mit Graukarte oder Diffusor) werden alle Farben so dargestellt, als ob sie bei Tageslicht oder bei Blitzlicht fotografiert worden wären. Nahe also dem Sehen vor Ort. Wenn wir aber Tage später bei neutralem Licht die Bilder betrachten, erwarten wir, dass die Bilder deutlich wärmer sind als das aktuelle Umgebungslicht (unsere Vorstellung eben von einem Weihnachtsmarkt). Sind sie aber nicht mehr, weil wir sie ja "objektiv" korrigiert haben. Unsere subjektive Erwartungshaltung an die Bilder ist also verschieden von der objektiven Messung, die wir in die Bilder hinein gerechnet haben.


    Wie löst man nun diesen Gordischen Knoten? Für den Hausgebrauch (Schnappschussbilder, JPEG) ist der automatische Weißabgleich keine schlechte Wahl. Dieser sucht sich die hellsten Punkte im Bild (die gerade noch nicht in der Kanalsättigung sind) und unterstellt, dass diese weiß oder sehr hellgrau sind. Da diese auf unserem Weihnachtsmarkt Spitzlichter sind (hohe Motivdynamik), wird die dominierende Farbstimmung nicht allzusehr verändert. Wie die Kamerahersteller das genau machen, ist deren Geheimnis und unterscheidet sich von Kamera zu Kamera. Für eine Serie hochwertiger Bilder wird sich vielleicht der Fotograf in Erinnerung rufen, dass Farben eine hochsubjektive Angelegenheit sind und dass es überhaupt keine objektiv richtige Farbempfindung geben kann, sondern nur subjektive Farbempfindungen. Also wird man tendenziell in RAW fotografieren und hinterher eine Farbtemperatur aussuchen so dass alle Bilder gut, homogen und konsistent aussehen. Das ist keine illegale Manipulation der Wirklichkeit, das ist eine - wie ich finde - völlig legitime Interpretation der Wahrnehmung, wie sie jeder von uns macht, der den Weihnachtsmarkt mit seinen eigenen Augen betrachtet. Die so gewählte Lichtstimmung ist genauso richtig oder falsch wie jede andere. Also nehme ich einfach die, die mir gefällt. Immerhin will ich eine Stimmung transportieren und keine Reportage anfertigen.


    CU
    G.

  • Quote from Globetrotter

    Tatsächlich ist die Farbstimmung am Weihnachtsmarkt eher warm

    In den Buden und dort wo gelbes Licht scheint ja, drumherum ist das Licht aber sehr kalt, wie das Foto ganz gut zeigt. Genau damit hatte ich ja meine Schwierigkeiten. Der Auto-WB hat mir in beiden Fällen nicht gefallen. Deshalb hab ich auf RAW gestellt und nachbearbeitet.

  • Meine Frage jetzt wäre, wie war denn das Licht vor Ort zum Zeitpunkt der Aufnahme? An den Buden ist das heimelige warme Licht, aber drumherum ist es zu dieser Jahreszeit eben kalt und das kommt in dem Bild auch rüber. Ist das Foto denn jetzt völlig anders geworden als es in Wirklichkeit vor Ort war?