Porträtfotos nur mit Einverständnis

  • Hallo,


    gerade dieser Tage habe ich mal wieder über das Thema Porträtfotos nachgedacht, weil ich immer mal wieder Berichte sehe, wo Porträtfotos eingestellt sind.


    Ich hoffe immer, falls mal ein Foto von mir gemacht wird, dass ich darüber Bescheid weiß und meine Einwilligung zur Veröffentlichung gegeben habe.
    ich fände es gar nicht gut, wenn von mir Aufnahmen ohne meine Einwilligung veröffentlicht würden ...
    Wenn die Einwilligung dazu vorliegt, ist das sicherlich ein anderes Thema.


    Viele Grüße
    Sabine

  • Viele meinen, der Weg ist weit und hier schaut eh keiner nach. Das stimmt ganz sicher oft, aber manchmal sind die Wege seltsam.
    Ich fotografiere viel in Rumänien und natürlich hauptsächlich die Menschen. Uns liegt immer das Einverständnis der Abgebildeten vor und vor allem der Eltern, wenn es sich um Kinder handelt.
    Eine meiner Nichten hat in der Schule eine Aktion gestartet und für Spenden aufgerufen. Es gab ein ziemliches Aufsehen, weil eben eines der Kinder erkannt wurde, da zufälligerweise ein Nachbar aus dem Dorf das Kind erkannt hat.
    Es ist aber gut ausgegangen.
    Und wenn ich hier Portrait-Fotos mache, dann lasse ich alle Bilder absegnen. Ohne ok, keine Veröffentlichung.
    Viele Grüße
    Petra
    Nachtrag: Prima, das Thema ist ja abgetrennt worden. ;)


    In Venezuela wollten Studenten von mir Fotos machen, was ich nicht zugelassen habe, sie dachten ich sei Amerikanerin. Es drohte zu eskalieren. Ich möchte nicht, dass von mir Bilder veröffentlicht werden, ohne dass ich gefragt wurde. Jeder hat ein Recht am eigenen Bild.
    Mein 15-jährige Enkeltochter entscheidet immer selber, welche Bilder in einen Bericht kommen und welche nicht. Daran halte ich mich auch.
    Da ich immer häufiger gefragt werde, ob ich Bekannte fotografiere, mache ich das a) umsonst und b) mit der Bedingung, dass ich die Bilder veröffentlichen darf. Und wenn einer mit dem b) nicht einverstanden ist, dann mache ich die Bilder dennoch und veröffentliche sie nicht.
    Für Fremde habe ich eine Vertragsvorlage, die ich mir unterschreiben lasse: TFP oder TFC (Time for picture oder Timefor CD)

  • In Vietnam hab ich sicher mindestens 200 Fotos gemacht (eher mehr) , für die ich ein "model release" o.ä. gebraucht hätte. Mit einem Packen Verträge auf Fototour zu gehen, und die nachträglich den Menschen unter die Nase zu halten, ist für mich nahezu undurchführbar. Noch dazu sollte der Vertrag ja dann auf Vietnamesisch sein, denn wer unterschreibt einen Vertrag, den er nicht lesen kann.


    Auf einem Straßenfest in Wien hat mich mal eine Afrikanerin angesprochen und mir erzählt, dass sie unlängst mal auf der Straße fotografiert worden ist und der Fotograf "....hat mir was zum Unterschreiben hingehalten. Ich fand das total seltsam. Mach ich natürlich nicht. Wer weiß, was ich da unterschreibe...?! "


    Der schweizer Streetfotograf Thomas Leuthard hat dazu folgendes gesagt:


    Du darfst aber nur Bilder veröffentlichen, wo Du auch die Erlaubnis der fotografierten Personen hast. Das Problem stellt sich nun aber, wenn Du fragen musst. Fragst Du jemanden vorher, ob Du ihn fotografieren darfst, dann schaut er anders in die Kamera. Fragst Du jemanden, nachdem Du ihn fotografiert hast, musst Du eventuell ein gutes Foto
    löschen. Also frage ich erst gar nicht. Ferner müsste man sich ein Model Release Vertrag unterschreiben lassen, damit man auf Nummer sicher gehen kann. Kein Mensch würde einem fremden Fotografen auf der Strasse so etwas unterschreiben. Kurz gesagt, der Aufwand um es rechtlich korrekt zu machen ist einfach zu gross. - Quelle: http://brilliantshit.org/allgemein/interview-i/

  • Der Ordnung halber aus dem anderen Thread kopiert:

    Quote from cicapetra

    Wenn ich von jemandem eine Nahaufnahme oder Portrait machen möchte muss ich ja eh fragen, anders kommt ja kein vernünftiges Foto zustande und wenn hier jemand nicht möchte, habe ich das selbstverständlich akzeptiert.

    Aber zeig uns dann ja nicht die Fotos, denn ein Kopfnicken oder Lächeln ist noch lange keine Zustimmung zur Veröffentlichung. ;)

  • Ich habe nichts dagegen, wenn ich mal als "Fotomodell"
    herhalten muss, aber wenn die Bilder dann veröffentlicht
    werden, sollte man die Personen schon vorher darüber
    informieren.
    Wolfgang hat wunderschöne Potrait Aufnahmen gemacht,
    aber das Einstellen könnte ohne Erlaubnis problematisch
    werden. Petra hatte da eine gute Idee mit der Unterschrift.

    Einmal sehen ist mehr Wert, als hundert Neuigkeiten hören.
    (Japanisches Sprichwort)



  • Quote from gudi61

    Petra hatte da eine gute Idee mit der Unterschrift.

    Findest Du? Wie würdest Du das auf einer Fernreise lösen, wo Du hunderte Menschenbilder machst?


    Ich hab ja vorhin schon geschrieben: In Vietnam hab ich sicher mindestens 200 Fotos gemacht (eher mehr) , für die ich ein "model release" o.ä. gebraucht hätte. Mit einem Packen Verträge auf Fototour zu gehen, und die nachträglich den Menschen unter die Nase zu halten, ist für mich nahezu undurchführbar. Noch dazu sollte der Vertrag ja dann auf Vietnamesisch sein, denn wer unterschreibt einen Vertrag, den er nicht lesen kann.

  • Quote from NoDurians


    Der schweizer Streetfotograf Thomas Leuthard hat dazu folgendes gesagt:
    Also frage ich erst gar nicht. Ferner müsste man sich ein Model Release Vertrag unterschreiben lassen, damit man auf Nummer sicher gehen kann./


    Natürlich hat jeder Fotograf eine andere Meinung und natürlich müssen die Verträge nicht schriftlich abgefasst sein (jedenfalls nicht in Deutschland) Das ist totaler Quatsch. Hierzulande zählen auch mündliche Absprachen. ;) Aber der Schweizer hat sicher auch nur für sein Heimatland gesprochen.


    Und keiner muss sich an etwas halten, das sieht man ja ohnehin, wer welche Bilder veröffentlicht. Mich interessiert es eigentlich nicht, was andere machen, sagen oder fotografieren. Jedem das Seine. Es wird immer ein Reizthema bleiben. So lange von mir und meiner Familie keine Bilder ungefragt veröffentlich werden, ist mir echt egal, wieviele Bilder ohne Erlaubnis im Netz rumschwirren.


    In Österreich gilt übrigens ein anderes Recht als hier in Deutschland, es ist viel weniger restriktiv, daher sollte man auch dieses bei der Frage berücksichtigen.


    Auch in der Schweiz ist es wieder anders.


    Viele Grüße
    Petra :D

  • Quote from NoDurians

    Mit einem Packen Verträge auf Fototour zu gehen


    Wie ich schon schrieb, man muss es nicht schriftlich fixieren. Wenn Du aber Angst hast, dass jemand Dir was will, dann solltest Du eben gar keine Fotos machen. :D
    Viele Grüße
    Petra

  • Gilt das Prinzip des Schutzes der Privatsphäre nur bei Portraitfotos? Ist es ein Delikt, jemanden ungefragt zu filmen oder ist es nur eine Frage der Höflichkeit (s. die Paparazzis)? Wie verhält ihr euch, wenn 2 oder mehr Personen abgelichtet werden sollen. Da haben wir ja einige schöne Aufnahmen gerade in den vergangenen Wochen in den „Reportagen“ aus Indien gesehen.
    Ich gehe da viel unproblematischer mit um, schieße meine Fotos, wenn es geht (oftmals mit einem kleinen Lächeln und Augenzwinkern abgegolten) und habe auch nix dagegen, mich u. meinen Bierbauch ablichten zu lassen. Das kümmert mich einfach nicht.
    horas

  • Na ja, letztendlich darf man natürlich jeden fotografieren, die Frage stellt sich halt nur bei der Veröffentlichung. Das darf man eben nicht, aber wie Du schon schreibst, es wird selten beachtet.
    Horas, mir ist aber noch nicht aufgefallen, dass Du oft im Bild zu sehen bist ;-)))
    Viele Grüße
    Petra

  • Quote from Mikado

    Wie ich schon schrieb, man muss es nicht schriftlich fixieren. Wenn Du aber Angst hast, dass jemand Dir was will, dann solltest Du eben gar keine Fotos machen. :D


    Jetzt versteh ich garnix mehr. Geht doch darum, dass jemand mglw. hinterher seine Persönlichkeitsrechte einklagt. Um da vorzubeugen, hilft nur eine schriftliche Einverständniserklärung. Und Du machst das so, hast Du zumindest geschrieben.


    Oder machst Du das nur, wenn Du hierzulande ein echtes Portrait-Shooting machst?!

  • Quote from Mikado


    Horas, mir ist aber noch nicht aufgefallen, dass Du oft im Bild zu sehen bist ;-)))
    Viele Grüße
    Petra


    Ja Petra, ich habe echt Probleme, jemanden zu finden, der mich mit meinem Fotoapparat fotografieren will. Aber du kannst ja mal ne Fotosession mit mir machen, vielleicht bei deinem nächsten Urlaub im Ferienland Guinea.
    horas

  • Quote from NoDurians


    Oder machst Du das nur, wenn Du hierzulande ein echtes Portrait-Shooting machst?!


    Ja genau, wenn ich hier in meinem Fotostudio Portraitfotos mache, dann gibt es bei vollkommen unbekannten Personen einen TFP/TFCD-Vertrag, denn diese Bilder veröffentlich ich ja immer in meinem Blog
    Sind es "nur" Familienmitglieder und Freunde, dann mache ich zwar auch einen "Vertrag", schließe den aber nur mündlich ab. Hier bei uns auf dem Lande zählt auch noch ein Handschlag. Mein Mann macht auch noch viel Verträge per Handschalg ab (Baugewerbe). Man muss halt wissen, mit wem man das machen kann. Bisher toi,toi, toi.


    Unterwegs in fremden Ländern sage ich allerdings immer, dass die Bilder auf meine Homepage kommt. Die wenigsten habe etwas dagegen und das reicht mir aus. Meistens sind sie ganz verrückt danach, im Web zu erscheinen. Wer es nicht will, der kommt auch nicht rein. Ich fotografiere ja hauptsächlich für meine Seiten, daher ist das für mich immer recht wichtig.
    Auch Menschen in meinen Videos werden immer gefragt, wenn sie als Portrait rauskommen. Innerhalb einer Gruppe oder als "schmückendes" Beiwerk ist es ja eh egal.
    Viele Grüße
    Petra

  • Quote from Mikado

    Oh ja, das mache ich gerne... Aber dann bringe ich lieber meine eigene Kamera mit. ;)
    Viele Grüße
    Petra


    Warum denn deine eigene Kamera? Meine ist völlig unkompliziert :roll: ! Bringe anstatt 3kg Fotoausrüstung lieber ein paar Würste für uns mit :D !
    Wie du siehst, habe ich auch Foto mit mir gefunden und schon hier veröffentlicht! Macht mir gar nichts aus.


    Viele Grüße
    horas

  • Hallo,


    wir hatten das Thema IMO schon mal besprochen und immer werden dabei ganz viele Aspekte durcheinander geworfen, so dass manche Beiträge nicht wirklich zusammen passen. So sollte man sich beispielsweise im klaren drüber sein, ob man ...


    1) eine Sachlage rechtliche beurteilen will, also gemäß irgend wie gearteten Gesetzen, oder ob man seinen persönlichen ethischen, moralischen Anspruch formuliert.


    2) das Recht meint, (a) Personen zu fotografieren oder (b) Personenfotos zu veröffentlichen. In der deutschen Rechtsprechung sind dies zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe


    3) das Recht (a) der abgebildeten Person meint oder (b) das Recht des Fotografen. Auch hier gibt es viel zu beachten.


    4) die (a) gelebten Fotografier-Gewohnheiten meint oder (b) die verkündete Ideal-Vorstellung davon. Beides klafft normalerweise weit auseinander. Die Mitglieder dieses Forums sind natürlich über alle Zweifel erhaben.


    Und da wir ja in einem Reise-Forum sind, würde ich gerne zu bedenken gehen, dass das Problem um ein vielfaches komplizierter ist, wenn wir uns auf internationalem Terrain bewegen. In dem anderen Thread kam zwischendurch mal der Hinweis, dass die ethischen, moralischen Vorstellungen eines zivilisierten Menschen wohl kaum von dem geltenden Recht unterscheidet. Meiner Erfahrung nach ist das komplett anders und die Lektüre der einschlägigen Gesetzestexte, Urteile und Kommentare ist sehr unterhaltend und überraschend ... bereits wenn man sich auf das deutsche Fotorecht beschränkt. Alleine das ist schon so kompliziert, dass dies wohl kaum ein Fotograf alles im Kopf haben kann. Beispiel (bitte spontan überlegen ... nicht googeln). Wenn ein Bild von einem Kind veröffentlicht werden soll: Ab welchem Alter muss man auch zwingend (!) das Kind um Erlaubnis fragen und nicht nur die Eltern? Ein Tipp: 18 Jahre ist falsch. Und selbst das Fotorecht in Frankreich unterscheidet sich deutlich vom britischen oder italienischen Fotorecht.


    Jeder von uns hat gewisse moralisch, ethische Verstellungen und (stelle ich jetzt mal so in den Raum) diese unterscheiden sich dramatisch von den Verstellungen eines nepalesischen Bauern, eines afrikanischen Geschäftsmanns oder einer russischen Hausfrau. Unsere Vorstellungen und unser Rechtssystem ist nicht das Maß der Dinge in der Welt. Wieder ein konkretes Beispiel dazu: Ihr knipst ein Foto von einer malaysischen Ureinwohnerin in ihrem Dorf vor ihrer Hütte. Die Frau stimmt zu fotografiert zu werden und gibt hinterher ihre Zustimmung für eine Veröffentlichung im Internet. Alles ist gut, oder? Stellt Ihr sicher, dass die Frau überhaupt verstanden hat, was sie da zugestimmt hat? Seid Ihr sicher, dass damit formal alles getan ist? Seid Ihr beispielsweise sicher, dass nicht "eigentlich" ihr Ehemann hätte zustimmen müssen oder die Stammesältesten ... weil die Frau nach lokalen Gepflogenheiten überhaupt nichts zustimmen kann, was aber nach unseren Gepflogenheiten suspekt wäre ... wenn wir sie überhaupt erst mal kennen würden?


    Ciao
    HaPe

  • Quote from HaPeRieger

    Hallo,


    Jeder von uns hat gewisse moralisch, ethische Verstellungen und (stelle ich jetzt mal so in den Raum) diese unterscheiden sich dramatisch von den Verstellungen eines nepalesischen Bauern, eines afrikanischen Geschäftsmanns oder einer russischen Hausfrau. Unsere Vorstellungen und unser Rechtssystem ist nicht das Maß der Dinge in der Welt. Wieder ein konkretes Beispiel dazu: Ihr knipst ein Foto von einer malaysischen Ureinwohnerin in ihrem Dorf vor ihrer Hütte. Die Frau stimmt zu fotografiert zu werden und gibt hinterher ihre Zustimmung für eine Veröffentlichung im Internet. Alles ist gut, oder? Stellt Ihr sicher, dass die Frau überhaupt verstanden hat, was sie da zugestimmt hat? Seid Ihr sicher, dass damit formal alles getan ist? Seid Ihr beispielsweise sicher, dass nicht "eigentlich" ihr Ehemann hätte zustimmen müssen oder die Stammesältesten ... weil die Frau nach lokalen Gepflogenheiten überhaupt nichts zustimmen kann, was aber nach unseren Gepflogenheiten suspekt wäre ... wenn wir sie überhaupt erst mal kennen würden?


    Ciao
    HaPe


    Wie immer brillant auf den PUNKT gebracht @hape! Manchmal kommt es mir so vor als wenn man die Rechtslage lange und ausgiebig diskutiert bevor ueberhaupt ein publicity reifes Foto entstanden und zur Disskusion steht...
    Gruss
    Gisela

  • Man könnte sicher noch stundenlang darüber diskutieren. Eine Lösung für alle und alles gibt es einfach nicht. Gut ist jedoch, dass man sich darüber Gedanken macht.


    Ich mache im Ausland eigentlich nur wenige Portrait-Fotos und das hängt ganz sicher auch mit der "rechtlichen" Lage zusammen.
    Und dass Jugendliche auch gefragt werden müssen, das sollte selbstverständlich sein. Gerade in diesem Alter sind sie sehr empfindlich, wenn man einfach Bilder von ihnen ins Netz setzt.


    Ich finde es immer wieder gut, wenn solche Themen hochkommen, denn schließlich gehen wir heute - dank digitaler Kamera und unbegrenztem Webspace - sehr sorglos mit Bildern und Informationen um.


    Viele Grüße
    Petra

  • Hallo,


    Quote from Mikado

    Ich finde es immer wieder gut, wenn solche Themen hochkommen, [...]


    ich finde das auch gut, weil es uns ganz gut zeigt, dass das Thema keinesfalls bereits gelöst ist, und das noch sehr viel Klärungsbedarf besteht ... nicht nur was die moralisch Aspekte betrifft, sondern auch was die rechtlichen Aspekte im internationalen Umfeld betrifft.


    Dabei finde ich es immer wieder sinnvoll, auch neue ... ungewöhnliche Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Als Betreiber der einen oder anderen Web-Plattform verfolge ich das Thema immer sehr interessiert. Ein Aspekt der mir erstmal das blanke Entsetzen ins Gesicht getrieben hat, könnte ein durchaus interessanter Ansatz sein: Es wurde mal angeregt, ein künstliches "digitales Vergessen" im Web einzuführen. Informationen, die älter als ein bestimmter Schwellwert sind sollten verpflichtend vom Betreiber (automatisch) gelöscht werden müssen. Schon heute ist es so, dass viele Informationen eher stören als nützen - einfach weil sie veraltet sind. Wenn man heute eine Information zu einem technischen Thema sucht, dann ist die wichtigste Information, wann genau dieser Artikel geschrieben wurde. Und heute schon sind beispielsweise Bilder in Internet-Foren nur nur ein oder zwei Jahre zu sehen - einfach weil die Beitragschreiber keine Langzeitstrategie haben für ihre Online-Präsenzen. Und normalerweise vermisst diese fehlenden Bilder dann niemand mehr.


    Zu der malaysischen Ureinwohnerin vor ihrer Hütte nochmal ein ketzerisches Gedankenexperiment. Ihr Bild im Web ist wahrscheinlich so sehr von ihrer alltäglichen Lebenswirklichkeit entfernt, dass sie damit rein gar nichts anfangen kann. Wenn ein Marsianer in unserem Garten mit seinem Raumschiff landen und mich fragen würde, ob er meinen Fingerabdruck mitnehmen darf und in seinem Fingerabdruck-Club herumzeigen darf, weil er ihn so toll findet, dann hätte ich wahrscheinlich nichts dagegen und wahrscheinlich hätte ich auch ohne gefragt zu werden nichts dagegen, wenn mein Fingerabdruck auf dem Mars archiviert wäre. Erst recht, wenn ich wüsste, dass in 5 Marsjahren diese Information sowieso wieder verschwindet.


    Meine Fotostrategie ist weitaus unsensibler als beispielsweise die von Petra. Geknipst wird eigentlich immer mit einigen wenigen Ausnahmen. Nicht geknipst wird, wenn ich bereits mit der Aufnahme gegen geltendes Recht verstoße, dessen Sinn ich auch einsehe. Den Sinn hinter dem Fotografierverbot (auch ohne Blitz und Stativ) in der ganz unspirituell von Menschenmassen überfüllten Sixtinischen Kapelle, in der - trotzdem - pro Sekunde mindestens ein Bild entsteht, kann ich beispielsweise nur ganz schwer einsehen - nicht zu letzt weil formal zwar der Vatikan das Hausrecht hat, gerade dieses Bauwerk aber auch ein gerüttelt Maß der ganzen Menschheit gehört. Nicht geknipst wird weiterhin, wenn die abgebildete Person in einer kompromittierenden Weise zu sehen wäre, oder wenn Sie ihr Missfallen zum Ausdruck bringt. Letzteres ist übrigens meiner Erfahrung nach über alle Kultur- und Sprachbarrieren hinweg immer sehr leicht zu erkennen. Nachdem das Bild im Kasten ist, ist die Frage der Veröffentlichung (z. B. im Web) eine komplett andere. Der deutsche Gesetzgeber sieht ein Bild bereits dann veröffentlicht, wenn man es nicht in der Familie, sondern in einer Zweckgemeinschaft wie etwa einem Fotoclub herum zeigt. Eine Grenze muss zwar gezogen werden, aber diese lege ich mir dann schon relativ individuell und mit Augenmaß da hin, wo es mir sinnvoll erscheint, wenn es der Gesetzgeber nicht tut.


    Obwohl auch der Gesetzgeber eine ganz klare Unterscheidung macht zwischen "fotografieren" und "veröffentlichen", gab es auch schon mal ein überraschendes Urteil, dass es einem Jugendlichen untersagt wurde, eine fremde Person in einem Cafe mit dem Handy zu fotografieren ... nicht weil das verboten wäre, sondern weil die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden konnte, der Jugendliche könnte das Bild im Web veröffentlichen. Abgesehen davon, dass es u. U. nicht nett ist, eine Person gegen deren Willen zu fotografieren, müsste man mit dem gleichen Argument eigentlich das Autofahren verbieten, weil nie ausgeschlossen werden kann, man könnte das Auto als Fluchtfahrzeug bei einem Banküberfall benutzen. Ein einem Vergehen vorauseilendes Verbot einer ansonsten erlaubten Handlung, bei dem jedermann erstmal unter Generalverdacht gestellt wird, geht IMO schon sehr an die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit.


    Ciao
    HaPe