Unterwegs im Sudan

  • Ich bin seit heute Früh 2:30 in Khartum, der Hauptstadt des Sudan. Wie ich schon angedeutet hatte, bin ich zum Arbeiten hier, aber viel mehr kann man wohl im Sudan nicht machen.


    Es ist eigentlich eine einfache Anreise mit der Türkischen Airline, von FRA über Istanbul nach Khartum. Bei der Ankunft hat mich die Kälte beim Umsteigen in den Bus überrascht, die zunächst wohltuend war (ca. 17°), da im Flugzeug eine fast unerträgliche Hitze herrschte (die selbst die arabischen Frauen in ihren dick gefütterten schwarzen Kleidern zum Schwitzen brachte).


    Die Einreiseformalitäten sind ähnlich wie in Vietnam organisiert, in der Praxis aber unendlich komplizierter. Mit einem von unserem Kunden ausgestellten „Visa approval letter“, den ich per email erhalten habe, schiebe ich mich in einer Warteschlange langsam zu einem der 14 Kontrollkabinen. Ein Araber fragt mich beim Warten, ob ich der horas aus D sei, was ich bejahe. Er nimmt mir die Kopie des approval letters und gibt mir das Original. Nach ca. 30 Minuten bin ich am Schalter und innerhalb von 30 Sekunden bekomme ich einen Stempel in den Pass und werde weitergeschickt –aber nicht hinter die Kontrollkabine, um mein Gepäck zu empfangen, wie die meisten der Anreisenden, sondern ich bewege mich auf der Transitseite.
    Der Unbekannt kommt wieder zu mir, er heißt Ahamad, und leitet mich an eine Art Büro, vor dem eine große Menge Menschen steht. Was machen wir hier, frage ich. „you must get Visa now“ antwortet Ahamad mir. Da wird mir klar, dass das noch eine Weile dauern wird, bis ich den Flughafen verlassen werde. Ahamad nimmt meinen Pass, die Papiere, die ich schon im Flugzeug ausgefüllt habe und 100 amerikanische Dollar, um das Visum zu bezahlen. Ich sehe eine Frau am Computer, die die Visumanträge bearbeitet und ein Uniformierter, der die Pässe mit Visum 4 mal abstempelt.


    Ich warte sitzend, stehend, wandernd ca. 1,5 Stunden, dann habe ich den Pass mit Visum und gehe nochmals durch die Passkontrolle, finde meinen Koffer und treffe 10 Minuten später meinen Fahrer mit Auto. Dieser bringt mich in das neue, moderne Al Salam Rotana Hotel, wo ich zunächst absteige. Ich muß beim Einchecken schon mein Zimmer bezahlen, in bar, da der Sudan keine Kreditkarten akzeptiert: diese werden mit Amerika und dem amerikanischen way of life assimiliert und haben somit einen Hauch von "haram". Auch gibt es keine alkoholischen Getränke, was das gemütliche Ausklingen eines arbeitsreichen Tages erschwert. (Ich esse statt dessen gerade einen Apfel :( .)


    Um halb 6 Uhr bin ich im Zimmer, um 9 klingelt das Telefon, mein Boss ist in der Lobby und bittet mich, zu dem Meeting um 10 mit zu kommen. Ich nehme zum Frühstück ein gutes indisches Masala, mehrere Tassen Kaffee und stürze mich ins Meeting. Draußen sind es ca. 30°C und der Himmel ist tief blau. Zum Lunch in einer amerikanisch anmutenden Shoppingmal habe ich ein philippinisches Gericht, was auch klasse war: Ochsenschwanz in Erdnußsoße. Dann kommt das 2. Meeting und seit 17:30 bin ich wieder im Hotel. Ich schlafe 2 Stunden und schreibe jetzt diesen kleinen Bericht, wie es mir am 1. Tag im Sudan ergeht.


    Ich habe ein sehr enges Arbeitsprogramm, was mir wenig Zeit läßt, euch eingehend über Land und Leute zu informieren. Ich melde mich aber gelegentlich, vielleicht sogar mit ein paar Fotos. Gegen Wochenmitte fahre ich nach Al Obeid, 350 km südlich von Khartum gelegen.


    Bis bald
    horas

  • Hallo horas,
    die Einreiseformalitäten klingen ja furchtbar. Aber wenn man hin muss, was soll`s.
    Apfel statt Feierabendbier ist sicher auch gewöhnungsbedürftig. :D
    Merkt man was von Ebola? Bei uns ist es fast komplett aus der Presse verschwunden. Jede Woche wird halt ein anderes S..... durchs Dorf getrieben und Ebola hat seine Schuldigkeit getan. Es hat zumindest gereicht, um Ängste zu schüren.
    Haben sich die Kinder in Deutschland schon ein wenig eingewöhnt?
    Alleine die Temperaturen müssen ein Schock sein.


    Wir freuen uns schon mehr von Dir zu hören, falls es Deine Zeit zulässt.


    Aus dem herbstlichen nebeligen Bayern....

  • Hallo Horas,


    toll, dass Du trotz Deines engen Zeitplanes die Gelegenheit gefunden hast, kurz von Deinen Erlebnissen zu berichten!
    Wir freuen uns schon auf weitere Neuigkeiten.


    Was mich etwas irritiert hat, wieso der Zollbeamte dich fragte, ob du "Horas aus D" bist.. ? :-/

    v.Grüße Axel aka blaufotograph

  • Liebe Freunde,
    ich bin immer noch im Sudan, kam heute Abend aus El Obeid zurück, wo es nachts kühler und am Tag heißer ist als hier in Khartoum. Leider ist der Arbeitsstress noch nicht vorüber und leider betrifft der Stress den theoretischen Teil meiner Arbeit.


    Ich laufe lieber in Bagarah zwischen den Hafirs (von Menschenhand ausgehobene Niederungen, in denen sich das bisschen Regenwasser sammelt, das hier runterkommt) über die schattigen Deiche, oder wie in El Bechiri über rot-braune Dünen und trinke einen süßen starken Tee mit den einheimischen schwarzen Brunnenbauern als kiloweise Berichte und Studien zu analysieren, was ich leider die verbleibenden 3 Tage tun muß.


    Ich habe mich schon an das alkohollose Leben gewöhnt, obwohl nach den immer etwas zu fettigen Speisen ein kleiner Gin gut tun würde, zumindest besser wäre als ein ultrasüßer Tee oder Kaffee :confused: .


    In El Obeid habe ich in dem besten Hotel in Ort gewohnt. Es ist noch neu, aber schon etwas heruntergekommen. Falls sich jemand von euch in dieser boomenden 200.000 Einwohner zählenden Stadt verirrt, kann ich dieses Hotel empfehlen. Es heißt El Ryad Holliday Inn und hat von mir 2,5 Sterne bekommen, wegen dem gut englisch sprechenden Koch, Khader. Englisch sprechende Sudanesen gibt es nicht viele. Oftmals verstehe ich auch nicht das Englisch, weil man in jedem Wort ein R oder ein CH hört, was das Gesprochene völlig verfremdet.


    Auf dem Weg von El Bechiri durch die Dünen nach Bara ist mein V8 Landcruiser kaputt gegangen. Ein Keilriementräger war abgebrochen, was den Motor zum Kochen brachte. Gott sei Dank funktionierte das Telefon und ein Ersatzfahrzeug kam und rettete mich vor dem Verdursten :confused: . Mein Fahrer hat die folgenden 2 Tage im Auto gepennt, wurde aber von Bara aus mit dem Notwendigsten versorgt.
    Mit einem Ersatz-V8 und einem (besseren) Ersatzfahrer habe ich die Fahrt nach Khartoum überstanden. Es ist nicht immer leicht, die hiesigen ultralangen LKW (mit den zwei Anhängern und 11 Achsen schätze ich sie mal auf 40 – 50 m Länge) auf der doch engen Straße zu überholen. Außerdem musste ich mir 7 Stunden lang mit schwermütigem arabischen Gesang, Geigenorchester und Männerchor berieseln lassen :-/ . Da würde ein süßliches Weihnachtsbock perfekt dazu passen :) .


    So, jetzt muß ich Schlafen gehen, morgen um 6 geht’s zum Frühstück und dann zur Arbeit.
    Die Fotos habe ich in Khartoum gemacht. Man braucht sie wohl nicht zu kommentieren.
    Morgen lade ich noch eine handvoll Bilder hoch.
    Gute Nacht
    horas

  • Also deine Erlebnisse wären es sicher wert auch in einem Buch veröffentlicht zu werden.
    Wir kratzen Eis, du hättest sicher gern eines im nicht vorhandenen Gin.
    Wie lange musst du denn noch bleiben? Kannst du Weihnachten mit deiner Familie feiern? Denen wird kalt sein während du schwitzt. Schaut ja super modern aus in der Stadt aber ich glaube, da komm ich nie hin.
    Alles Gute weiterhin und LG!

  • Quote from Erhard


    Merkt man was von Ebola? Bei uns ist es fast komplett aus der Presse verschwunden. Jede Woche wird halt ein anderes S..... durchs Dorf getrieben und Ebola hat seine Schuldigkeit getan. Es hat zumindest gereicht, um Ängste zu schüren.
    Haben sich die Kinder in Deutschland schon ein wenig eingewöhnt?
    Alleine die Temperaturen müssen ein Schock sein.


    Doch Ehrhard, Ebola schreitet weiter voran, auch bei "uns" in Guinea. Wir erfahren regelmäßig von neuen Toten, vor allem unter dem medizinischen Personal in den städtischen Krankenhäusern. Auch in den Dörfern schreitet diese Seuche weiter voran. Die Regierung versucht allerdings, dass offizielle Stellen die Zahlen verschleiern. Es ist schon besser für uns, dass wir uns zurückgezogen haben. Unser Junge leidet allerdings. Es gefällt ihm in D nicht (mehr). Es mangelt an Freunden. Unsere Tochter fühlt sich dagegen wohl. Nur mit Mühe kriegen wir sie aus dem Kindergarten wieder nach Hause.


    Quote from blaufotograph

    Hallo Horas,
    Was mich etwas irritiert hat, wieso der Zollbeamte dich fragte, ob du "Horas aus D" bist.. ? :-/


    Nein, das war kein Zollbeamter. Das war ein Agent, der von unserem Kunden angeheuert wurde, um mich durch die Formalitäten zu schleusen. Hätten wir die Zeit gehabt, bei der sudanesischen Botschaft in Berlin ein Visum zu beantragen, wäre die Einreise einfach und schnell gewesen.


    So, und jetzt noch schnell ein paar Fotos aus dem Sudan
    1. Bild: eine malerische Moschee in Khartoum
    2. im Zouk
    3. wo sich der blaue und der weiße Nil treffen
    4. am blauen Nil


    horas

  • und noch ein paar Bildchen:


    1. Männer am Mittagstisch
    2. Frauen am Mittagstisch (in Kosti, am blauen Nil)
    3. eine Schafherde überquert die Strasse
    4. das beste Hotel-(zimmer) in El Obeid


    ich muß jetzt schlafen. Morgen gibts noch ein paar Bilder
    horas

  • Hallo horas,
    danke für den Bericht und die Bilder. Wie immer sehr interessant für mich, da man aus solchen Ländern wenig hört.
    Ich hoffe, Du kannst über Weihnachten bei Deiner Familie sein.
    Viele Grüße
    Petra

  • So, jetzt stelle ich noch ein paar Fotos aus dem lieblich-langweiligen Sudan hier rein.


    Morgen habe ich noch einen langen Arbeitstag vor mir, und am Samstag früh um 3 Uhr 40 Sudanzeit geh'ts wieder mit der TürkenAirlines in Richtung Heimat.


    Ich habe in den gut 2 Wochen bestimmt 2 - 3 kg zugenommen trotz oder vielleicht wegen der Alkoholabstinenz. Aber unser Koch hier in dem DIU Guesthaus ist wirklich gut. Er hatte bei seinem deutschen Führer Hans (my leader Mister Hans) in den frühen 80ern kochen gelernt. Und diesen Job macht er sehr gut.


    Außerdem haben wir (meine Kollege Brian + ich) noch den Hilfskoch, den Guard, die Putzfrau und die Superviser(in) der Putzfrau im Haus. Die Männer schlafen alle auf dem Dach des Hauses, die Frauen dürfen nach Hause gehen.


    Es gibt viel Schnickeschnack, mit Goldfarbe verzierte Möbel, masssenhaft Plastikblumen und -bäumchen im Haus und es riecht süßlich da die Superviserin der Putzfrau überall süßlichen Duft aus der Spraydose versprüht.


    Ach, ich bin froh, wenn das hier vorüber ist und ich süßlichen Glühwein schnuppern und trinken darf.
    Voilà, hier sind die Bilder


    Bild 1: zu Gast in El Bechiri
    2: ein Schachtbrunnen mit Motorpumpe in Kheiran
    3; Eisenbahnschienen in El Obeid (nicht für ICE geeignet)
    4: ein Hafin (künstlicher Teich) in Bagara

  • Danke für den Bericht und die Bildern. Der Sudan ist ein Land, wo die wenigsten von uns jemals hinkommen werden, deshalb ist es doppelt interessant für uns.
    Ich wünsche Dir eine gute Heimreise und einen Glühwein der keine Kopfschmerzen erzeugt. :D


  • Ich danke euch allen für die netten, positiven Kommentare. Er ermuntert mich, weiter über Destinationen zu berichten, die ja zum großen Teil für die meisten Reisenden ohne Interesse sind und auch in Dokumentarfilmen im TV schöner, spannender und informativer dargestellt werden.
    Ich verabschiede mich mit vorweihnachtlichen Grüßen und Wünschen und packe jetzt mein Köfferchen
    horas

  • Hallo horas,
    eine angenehme Rückreise wünsche ich Dir. Es ist immer wieder interessant von Ländern zu hören, die nicht auf der Hitliste stehen. Mach weiter so ;)
    Viele Grüße
    Petra

  • Ja, ich bin wieder in Khartoum – seit heute Morgen 5Uhr. Eine frische Brise hatte mich beim Aussteigen aus dem Flieger der Royal Jordanian empfangen, ca. 17° kühl. Jetzt sind es bei strahlend blauem Himmel ca. 27°C. Der Wind ist sehr trocken und juckt in der Nase.
    Ich schreibe jetzt eigentlich nur, um einen ausgesprochen positiven Kommentar zur jordanischen Airline und der ganzen Reise zu geben. Wie ihr euch erinnert, meine erste Anreise vor 3 Wochen war weitaus komplizierter.


    Unser Flieger kam mit 3 Stunden Verspätung in FRA an. Es herrschte wohl dicker Nebel in Amman, der den gesamten Flugbetrieb dort lahm legte. Die lange Wartezeit durfte ich in der Lounge der Japan Airlines und mit Shopping verbringen. So konnte ich die letzten Weihnachtsgeschenke noch kaufen. Erstaunlich bei den Japanern war, dass das Mini-Buffet nur typisch Deutsches anbot: Wiener und kleine Frikadellen, säuerlich angemachten Kartoffelsalat, Krautsalat, belegte Brötchen. Die Bar war etwas reichhaltiger.


    Dann war der kleine Airbus A 321 da. Ich hatte dieses Mal einen Platz ganz vorne. Der Sitzkomfort ist zwar nicht vergleichbar mit dem eines A 340 oder einer 777, aber es war angenehm, sauber, begleitet von einem sehr freundlichen Service. Da die permanente Geräuschkulisse in dem Flugzeug alles überdeckt und das Englisch des Personals auch gewöhnungsbedürftig ist, wäre es vielleicht praktischer, mit dem Minibarwagen durch den Gang zu ziehen, als mir ins Ohr zu flüstern, wie die Getränkeliste aussieht.


    Wir kamen um 3 Uhr mit gut 3 Stunden Verspätung in Amman an. Mein Anschlussflieger sollte um 3h05 starten, aber er wartete auf mich. Innerhalb von 20 Minuten und nach einem kleinen Spurt ;) saß ich auf meinem Platz und wurde von einer herzlichen Thailänderin und Inderin verwöhnt. Das Essen war wieder köstlich und man bat mir sogar an – was in der eco nicht möglich ist- etwas Wein oder Bier zu dem feinen mediterranen Essen zu genießen.


    Um 5 Uhr 10 waren wir in Khartoum. Außer der Royal Jordanian gab es sonst keinen Flieger. Ein Schalter war für Einreiseformalitäten geöffnet. Mit meinem Visa-on-Arrival Papier hatte ich schnell der ersten Stempel im Pass und ging dann zu dem Minibüro, wo beim letzten Mal eine Frau mit ihrem Computer die finalen Visa ausstellte. Das Büro war geschlossen, der Computer verlassen. Nach 10 Minuten kam ein sehr müder Polizist und übernahm diesen Job. Er konnte allerdings den Computer nicht starten und beschriftete, nachdem ich ihm die üblichen 100 $ zugesteckt hatten, manuell den Sticker. Nach 50 Minuten war alles gegessen. Ich war draußen, mein Fahrer war da und 15 min später war ich in unserem Guesthouse.


    Jetzt muß ich mich in die Arbeit knien :-/ , damit ich am Heilig Abend mit der Familie Weihnachten feiern kann.
    Schöne Weihnachten wünsche ich euch allen!
    horas

  • Na hoffentlich geht sich das auch. Dachte du hast schon frei, dabei mußt du nochmal so weit fliegen und arbeiten.
    Da wäre deine Familie sicher sehr traurig wenn du nicht Zuhause wärst zu Weihnachten. Ich drück die Daumen.
    LG und auch dir schöne Feiertage, Maxi.

  • Hallo Horas,


    du erlebst wirklich Sachen, da dekt man das gibt es doch gar nicht... Aber doch, das gibt es!
    Also bitte nicht aufhören von Deinen Reisen zu berichten! Auch wenn ich nicht so oft Kommentare zu Deinen Berichten schreibe, so lese ich sie doch bei Gelegenheit immer mal wieder!


    Viele Grüße und schöne Feiertage, Dir und Deiner Familie!

    v.Grüße Axel aka blaufotograph