Reise-Portraitfotos gegen Geld

  • Ich hab gestern im FB ein Foto einer äthiopischen Frau mit schönem Kopfschmuck gesehen. Und dazu der Text, dass in der Reisegruppe heftig diskutiert wurde, ob man so ein Foto gegen Bares machen soll oder nicht.


    Ich hab zwar zu dem Thema eine Meinung, aber die ist nicht besonders gefestigt. Deshalb würde mich eure Einstellung interessieren.



    Für die'locals' ist es eine Möglichkeit, sich etwas dazu zu verdienen und für mich ist es eine Möglichkeit, an ein schönes Foto zu kommen. Also eine klassische win-win-Situation. Aber vielleicht sehe ich das zu undifferenziert.



    Der balinesische Reisbauer war als Modell im Reisfeld unterwegs.



    Bali farmer von NoDurians auf Flickr

  • Die Frage lässt sich nicht mit ja oder nein beantworten. Wenn ich ein Bild haben möchte, bin ich auch bereit zu zahlen.
    In Indien in Mandawa sind Zigeunerinnen (siehe Bild) rumgelaufen, um sich fotografieren zu lassen. Natürlich gegen Bares.
    Die Leben teilweise davon.
    Bei den "heiligen" Männern in Varanasi gibt es eigentlich kein Bild ohne cash. Ein Vorteil, wenn man dann ein Zoom dabei hat.
    Im restlichen Asien sind "Portraitfotos gegen Geld" kaum verbreitet.

  • Ich finde es jetzt nicht verwerflich von den Menschen sich fürs fotografiert werden bezahlen zu lassen.
    Es ist doch eine prima Einnahmequelle sich mit etwas "leichterer Arbeit" das eh schon kärgliche
    Einkommen aufzubessern.
    Sie machen es ja schließlich auch freiwillig und richten sich extra hübsch dafür her !!!


    Ich habe mehrfach erlebt, dass Touristen einfach die Kamera den Menschen ungefragt vor die
    Nase gehalten haben, was ich richtig fies finde.


    Die schönsten Fotos von Menschen und Kindern habe ich machen können, wenn ich mich einige
    Zeit versucht habe mich mit ihnen zu unterhalten und mich für sie und ihr Leben interessiert habe.


    cyriax

  • no durians
    war der Bauer auf dem Weg zum White Sand Beach hinter Bug-Bug????


    Fotos und zahlen ist so eine Sache.
    Bei professionellen Fotografen, die die Bilder vermarkten, ist es ok.
    Privatfotos bin ich gespalten.

  • In Sri Lanka wollte ich einmal Stelzenfischer fotografieren. Als ich abdrücken wollte, kam gleich einer und wollte Geld dafür. Ich habe es dann gelassen, denn auf einmal merkte ich, dass diese "Stelzenfischer" überhaupt keine Schnur an ihrer Angel hatten. Also reine Show ... gut dass ich das noch gesehen habe.
    In der nähe unsere Hotels in Unawatuna habe ich dann richtige Stelzenfischer gesehen und auch ohne Probleme fotografiert.

  • Quote from Fifty

    war der Bauer auf dem Weg zum White Sand Beach hinter Bug-Bug????

    Nein, das war bei den Reisterrassen in der Nähe von Ubud. Ich weiß nicht, wie das Dorf heißt. Aber es ist dort recht touristisch, es gibt eine Menge Andenkenläden und Cafés mit Blick auf die Reisterrassen.


    Quote from Fifty

    Bei professionellen Fotografen, die die Bilder vermarkten, ist es ok.
    Privatfotos bin ich gespalten.

    Was ist der Unterschied? Ich denke, zumindest aus Sicht der Modelle gibt's keinen.

  • Ich denke es kommt immer auch ein bisschen auf die Situation an.


    In meinem Bericht über Varansi hatte ich geschrieben:


    Quote

    Die Sadhus haben natürlich noch eine weitere Einnahmequelle,- das Foto.
    Wenn man nicht gerade mit einem Megazoom fotografiert, sodass sie es nicht merken, Achtung, sie sind ganz schön helle , kommt man um eine zusätzliche Ausgabe nicht herum, will man ein Foto von ihnen erhaschen.


    Na gut, ab und an machen wir das auch, die Sadhus wollen ja auch leben und wir freuen uns über das gemachte Foto.



    Eine ganze Zeit lang habe ich kein Foto gegen Geld gemacht.
    Mittlerweile finde ich es in Ordnung, denn immerhin fotografiere ich " Menschen " und ziehe meinen Profit daraus, indem ich mich über eine gutes Foto oder Portrait freuen kann.
    Warum sollen dann die Fotografierten nicht auch davon profitieren ?


    Wie NoDurians sagt, sehe ich es als Win-Win Situation.
    Wenn es das Foto wert ist, zahle ich lieber, als mich hinterher darüber zu ärgern es nicht gemacht zu haben.


    Im übrigen machen es gute Portraitfotografen nicht anders.


    Mario Marino zum Beispiel wurde gefragt, wie sein Foto von dem Bettler mit seinen 2 Kindern entstanden ist.
    Er hat geantwortet, dass der Bettler ihn um Geld angebettelt hat.
    Da der Bettler so charismatisch auf Mario gewirkt hat, hat dieser seine Chance genutzt, den Bettler samt Kindern vor einen guten Hintergrund in den Schatten gestellt, 4-5 Fotos gemacht und dem Bettler dafür etwas Geld gegeben.


    Also, warum nicht ?

    " Nur Reisen ist Leben, wie umgekehrt das Leben Reisen ist. "
    ( Jean Paul )

  • Manchmal wenn man fragt oder wenn extra posiert wird, stehen die Menschen halt dann da wie ein Stockfisch, das ist dann nicht mehr natürlich und ist auch nicht das was ich möchte.
    In Jamaica haben wir einen richtig tollen Rastaman von Weitem fotografiert, der kam dann angeschlendert und hat kassiert. Sigi gab ihm dann was, der hätte keine Ruhe gegeben.
    Es ist von Situation zu Situation verschieden.
    In Indien der Mann mit dem 2 m langen Bart hat gleich gesagt, gegen Geld wickelt er ihn aus - o.k. dann weis ich wie ich dran bin.

  • Quote from Maxi

    Manchmal wenn man fragt oder wenn extra posiert wird, stehen die Menschen halt dann da wie ein Stockfisch...

    Ja, das hab ich auch schon erlebt. Das ist halt dann das Risiko, dass man den erwarteten Gegenwert für die (meist nicht recht üppige) Bezahlung nicht erhält. Aber der Reisonkel auf Bali blieb locker. :D


    Quote from Erhard

    Im restlichen Asien sind "Portraitfotos gegen Geld" kaum verbreitet.

    Ich hab's auf Bali erlebt und in Yunnan. Sonst bisher auch nirgends. Ah ja, eine Obstverkäuferin in Hoi An (Vietnam) hat uns Obst + Foto gegen Geld verkauft.

  • Ist schon eine spannende Frage das mit dem Fotografieren gegen Bezahlung.


    Bei mir kommt es echt auch die Situation drauf an. Ich merk halt, dass ich auch die Freude an manchen Fotos verliere, wenn sie mit Zahlungsaufforderungen verbunden sind - vor allem dann, wenn das so für mich nicht gleich klar war.


    Hatte in Indien (aber nicht nur dort) oft die Situationen, wo ich strahlende Kinder fotografiert hab und nachher haben sie mich aufgefordert Geld zu zahlen. Da ich Kindern so und so nichts bezahlen würde bzw. Betteln da nicht unterstützen wollen würde, war für mich dann aber auch klar, dass ich die Fotos wieder lösche. Sie haben mir ja irgendwie nachträglich ihre Zustimmung für das Foto wieder entzogen.


    Am liebsten sind mir natürlich diese authentischen Momente, wo ich Portraits von interessanten Menschen machen kann und die Frage der Bezahlung gar nicht im Raum steht.


    Wie gesagt es kommt auf die Situation drauf an. Ich schließ die Bezahlung für ein Foto auch nicht aus. Und gerade bei Sadhus (richtige und nicht Show-Sadhus, da muss man ja auch wieder aufpassen) haben wir auch schon für Aufnahmen bezahlt - ein paar von denen hätten uns allerdings gar nicht dazu aufgefordert. Seh da gar kein Problem, weil diese Sadhus ja auf Spenden angewiesen sind um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, das macht mitunter das Leben eines Sadhus ja auch aus.


    Liebe Grüße

  • Ich würde niemals für ein "Streetfoto" Geld bezahlen. Wenn sich kein Foto ergibt, ist das so. An nicht authentischen Fotos, nur um sie zu besitzen, bin ich nicht interessiert. Welchen Wert hat ein Foto noch, wenn ich jemanden dafür bezahle in die Kamera zu grinsen? Kann man natürlich machen! Meine Intention stützt es nicht. Ich gehe da sehr sensibel vor und am besten ist es sowieso, wenn man jemanden vorher besser kennenlernt. Eine Einladung auf einen Kaffee oder so, ist wieder eine andere Geschichte. Ich fotografiere analog und überlege mir deswegen sowieso genau, was oder wen ich fotografiere. Ich denke das ist schon auch ein Problem der Digitalfotografie, dass man denkt jeden und alles, zur Not auch gegen Geld, ablichten zu müssen. Ob hier oder auf Reisen habe ich Visitenkarten dabei und wenn jemand einen Abzug haben möchte, kriegt er auch einen.

  • Quote from NoDurians

    Das gesamte Genre Portraitfotografie als "nicht authentisch" darzustellen, ist auch eine sehr kreative Meinung. :D


    Wir reden ja hier von "Streetfotografie" oder? :)


    edit: nicht authentisch bezieht sich weniger auf ein Bild an sich (dein Bali Bild ist gut und wirkt auch authentisch), sondern eher auf meine Empfindung. Ich glaube, ich meine damit eher die Situation an sich, ist sie authentisch zwischen mir und dem oder der Portraitierten und stimmt sie mit meiner Intention überein.

  • Ja genau, das ist ein Widerspruch und meiner Meinung nach tritt der genau in so einer Situation auf. Okay, also es ist es auch eine Sache der Definition. Wenn ich auf Reisen bin, spontan ein Motiv im öffentlichen Raum (das kann auch ein Portrait sein) sehe und es fotografiere, ist das für mich "Street". Wenn ich jemandem Geld gebe um ein Posing für ein Foto zu kriegen, verliert es an Authentizität und ist nicht mehr wirklich "Street", obwohl es letztendlich suggeriert "Street", also eine "spontane Aufnahme im öffentlichen Raum" zu sein. Verstehst du, was ich meine? :) Nicht falsch verstehen, ich will nur erklären, worin für mich die Problematik liegt und warum das für mich nicht in Frage kommt. Das kann einem natürlich auch alles egal sein und man kann sich einfach über ein schönes Foto freuen und der Portraitierte sich über ein paar Taler. :)

  • Ich verstehe, was Du meinst. Ich mach aber auf Reisen nicht nur Street, ich versuche mich auch in Architektur, Landschaft, Stillleben,... Und eben auch in Portraits.


    Es gibt großartige Portraitfotografen, und ich würde nicht sagen, dass die Arbeiten von Steve McCurry oder Rehahn unauthentisch oder gar gekünstelt wirken. http://www.rehahnphotographer.com