Fünf Tage in London

  • Dienstag, 10.5.


    Wir kommen mittags in Heathrow an. Alles geht sehr zügig, wir nutzen die vollautomatische Passkontrolle, und da wir nur mit Handgepäck reisen, müssen wir auch nicht am Gepäckband warten. Schnell noch Oystercards aus dem Automaten ziehen und ab in die U-Bahn. In London wohne ich immer in unterschiedlichen Stadtteilen, um verschiedene Gegenden kennenzulernen. Diesmal habe ich das W14 Hotel Kensington (das "W14" im Hotelnamen ist der Bezirk) ausgewählt. Das Hotel liegt sehr gut, die U-Bahn-Stationen Barons Court und West Kensington sind fußläufig erreichbar, damit haben wir die District Line und die Piccadilly Line, um in die Stadt zu gelangen. Auf der North End Road gibt es ein paar Läden, Restaurants und ein nettes Café.


    Um 14 Uhr ziehen wir los. Wir fahren zur Tate Britain, wo wir uns die umfangreiche Sammlung von Gemälden von William Turner, dem Meister des Lichts, ansehen. Danach fahren wir mit dem Bus zum Trafalgar Square und nutzen die Regenpause um durch Covent Garden und Soho zu schlendern.


    Tate Britain


    Tate Britain

  • Mittwoch, 11.5.


    Wir beginnen am Buckingham Palace, wo um 11:30 Uhr die Wachablöse stattfindet. Offensichtlich wird bei Schlechtwetter eine Sparversion der Zeremonie veranstaltet. Mehr als 10 oder 12 Soldaten laufen da nicht rum, keine Musikkapelle, langweilig. Danach fahren wir zum geschäftigen Bahnhof Paddington, gehen zum Hinterausgang raus und befinden uns kurze Zeit später in Little Venice. Das liebe ich an London, es gibt so viele unterschiedliche Gegenden. Little Venice ist ein Hafenbecken, das zum Grand Union Canal gehört. Auf den Wasserwegen kann man mit Narrowboats bis Nordengland fahren. Die Kanäle wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von zahllosen Arbeitern mit Spaten (!) gegraben und dienten ursprünglich zur Güterbeförderung zwischen London und den Industriegebieten im Norden. Heute ist Little Venice Liegeplatz für Menschen, denen Wohnraum in London zu teuer geworden ist.


    Mit einem Boot fahren wir nach Camden, wo sich London wieder komplett anders darstellt. Rund um Camden Lock entstanden Märkte für Kunsthandwerk und verschiedensten Kram, die Gegend ist schäbig, alternativ, punkig. Das Wetter ist nicht besonders, wir beschließen mit der Northern Line zum Trafalgar Square zu fahren, um uns in der National Portrait Gallery die Gemälde der Tudors und Stuarts anzusehen. Als wir danach das Museum verlassen, scheint die Sonne und wir fahren zurück nach Camden, um vom Primrose Hill über London zu blicken und danach in einem Pub das Abendessen einzunehmen.


    Changing of the Guards - London


    Squirrel in St. James's Park


    Little Venice

  • Donnerstag, 12.5.


    Die Sonne scheint und es ist warm. Wir ändern spontan unser Programm und fahren mit der District Line nach Richmond. Dort sitzen wir eine Zeit lang am Themseufer und nehmen danach ein Taxi zum Eingang von Kew Gardens. Die Royal Botanic Gardens in Kew, wie die prächtige Parkanlage mit ihren zahlreichen Themengärten offiziell heißt, ist im Mai ein toller Anblick. Wir entdecken viele Pflanzenarten, die wir auch selbst im Garten haben.


    Wir bleiben etwa vier Stunden, dann fahren wir wieder in die Stadt, um in einem Restaurant in der Royal Albert Hall den Afternoon Tea einzunehmen. Danach schlendern wir zum Kensington Palace und legen uns in Kensington Gardens in die Wiese. Abends sind wir dann wieder in der Royal Albert Hall und sehen den Auftritt von Ralph McTell. Der Londoner Singer/Songwriter erzählt zwischen seinen Liedern Anekdoten aus seinem Leben, z.B. wie er in den 60ern zur Royal Albert Hall gefahren ist, weil Bob Dylan gespielt hat. Er konnte sich allerdings die Eintrittskarte nicht leisten und hat sich deshalb in einem Pub in der Nähe betrunken. "Ich weiß noch genau, wie ich hingekommen bin. Wie ich nach Hause gekommen bin, hab ich allerdings keine Ahnung." Später dann sagt er: "Now I play my hit!". Das Publikum antwortet mit tosendem Applaus. Und diesen Hit kennen sogar wir: "Let me take you by the hand, and lead you through the streets of London ..."


    Richmond Bridge


    Kew Gardens


    Rüdi in Kew Gardens


    Royal Albert Hall


    Royal Albert Hall

  • Freitag, 13.5.


    Wir beginnen mit der Besichtigung von Westminster Abbey, der Krönungs- und Beisetzungskirche des Königreichs. Hier befinden sich die letzen Ruhestätten von Eduard dem Bekenner, Maria Stuart, Elisabeth I. und etwa 100 anderer Mitglieder der Krone, aber auch weltlicher Persönlichkeiten, wie z.B. Charles Dickens, Isaac Newton, Laurence Olivier oder David Livingstone. Danach wandern wir am Südufer der Themse entlang. London Eye, National Theatre, Tate Modern, Millennium Bridge, St. Paul's Cathedral, Borough Market, Southwark Cathedral, City Hall. Wir gehen über die Tower Bridge zu St. Catherine's Dock und wandern noch ein wenig durch die City of London, wo ich staune, dass da immer noch so viel gebaut wird. Die kleinste Lücke wird genutzt um einen weiteren Büroturm hineinzuquetschen.


    Am Abend feiern wir ein wenig in Bill Wyman's Sticky Fingers. Bill Wyman war bis 1993 Bassist der Rolling Stones, was sich in seinem Restaurant vorteilhaft auf die Musikauswahl und die Dekoration auswirkt. Das Lokal sieht aus wie ein Hardrock Café mit Rolling-Stones-Schwerpunkt. Ich mag den Laden.



    Westminster Abbey


    Westminster Abbey


    OI000041-02


    Girl with dolphin, Tower Bridge and The Shard


    London City Hall


    Lloyds Building

  • Samstag, 14.5.


    Um 19:25 Uhr geht unser Flieger, wir haben also noch fast einen ganzen Tag. Den nutzen wir, um nach Greenwich zu fahren. Wir besuchen die ominöse gelbe Linie vor dem Royal Observatory und sehen uns im National Maritime Museum die Ausstellung über die East India Company an. Was lernt man dort? Dass die ganze Pracht dieser Stadt darauf beruht, dass man im 18. und 19. Jahrhundert weite Teile Süd- und Ostasiens schonungslos unterdrückt und ausgebeutet hat. Wer den Handel beherrscht, beherrscht die Welt.


    Danach fahren wir mit dem Thames Clipper zurück in die Stadt und gehen ins British Museum. Die großartige Dachkonstruktion von Sir Norman Foster besteht aus 1656 Paar Glasplatten und wurde im Jahre 2000 von dem österreichischen Stahlbauunternehmen Waagner-Biro fertiggestellt. Der Innenhof ist mit 7.100 Quadratmetern Hoffläche der größte überdachte öffentliche Platz in Europa. Die ausgestellten Exponate: Raubkunst wohin man schaut! Als in den 1970ern die Diskussion aufkam, ob man den Koh-i-Noor (einen riesigen Diamanten, der in der Krone von Queen Mary verarbeitet wurde) an Indien restituieren solle, meinte der damalige Premierminister: "Kommt nicht in Frage, wenn wir damit mal anfangen, ist das British Museum leer."


    Der Besucherandrang - besonders bei den Mumien - ist gigantisch. Wir kämpfen uns bis zum Stein von Rosetta durch, dann verlässt uns die Lust. Außerdem werden wir langsam hungrig. In der Nähe des Hotels essen wir nochmal Fish & Chips bzw. Bangers & Mash, dann holen wir die Trolleys vom Hotel ab und brechen in Richtung Flughafen auf.


    Royal Observatory


    Greenwich


    Rüdi in London


    British Museum

  • Ein paar Tipps:


    Ja, London ist teuer. Das ist für mich nichts Neues. Ich war ja schon gut 10 x in London, eine Zeit lang war ich jedes Jahr dort. Wenn man mit der Bahn in London ankommt (z.B. Stansted Express, Gatwick Express,...) oder eine gültige Bahnkarte (z.B. One-Day Travelcard für London, gekauft am Bahnschalter) hat, kann man die "2 for 1" Angebote von daysoutguide.co.uk nutzen. An so ziemlich allen Sehenswürdigkeiten Londons bezahlt man dann 1 Eintrittskarte, die 2. Person darf gratis rein. Bei der Auswahl des Besichtigungsprogramms kann man wahrscheinlich am meisten sparen. Es sind auch viele Sehenswürdigkeiten gratis, z.B. die großen Museen.


    Halbwegs vernünftige Hotels in guter Lage (innerhalb Zone 1-2 des ÖPNV, U-Bahn in Gehweite) kosten ab 120 Euro (Zimmerpreis). Unseres hat 140 gekostet. Dafür erhält man ein recht kleines Zimmer, ein schmales Bett (ich schätze so ca. 140 cm) und ein recht übersichtliches Frühstück.


    Um den ÖPNV zu nutzen, empfiehlt sich eine Oystercard. Die Karte erhält man in allen U-Bahn-Stationen am Automaten oder Schalter. Oystern ist einfach. Wir haben für 5 Tage insg. 35 Pfund p.P. auf die Karte geladen. Die 7-day-Travelcard hätte £32.10 gekostet, dazu wären noch die beiden Fahrten nach Heathrow gekommen. Wir sind aber viel gelaufen und wenig gefahren. Wer mehr fährt, sollte sich auf die Oystercard eine 7-Day-Travelcard aufbuchen (lassen).


    Britische Küche ist lecker! Ja, wirklich! Typische Pubgerichte wie Bangers & Mash (Bratwürste mit Kartoffelpüree) oder Fish & Chips sind äußerst schmackhaft. Auf Märkten wie dem Borough Market oder in Camden erhält man wunderbares Street Food, ein Trend, der bei uns gerade erst beginnt, und Sandwichketten wie Pret a Manger oder EAT bieten frische und auch gesunde Gerichte. Preislich hab ich's auch schlimmer in Erinnerung, wohl auch deshalb, weil die Restaurantpreise bei uns auch ganz schön angezogen haben. In Pubs oder Cafés erhält man Hauptgerichte ab etwa 7 oder 8 Pfund. Die Spareribs im Sticky Fingers kosteten 18,95 Pfund. Wir hatten aber einen 25% Voucher.


    Bangers & Mash


    Cod, Chips & Peas

  • Da habt Ihr ja ein paar wunderbare Tage auf der Insel verbracht wie man liest und auf den Bildern sieht
    Nur mit der englischen Küche können wir uns nicht anfreunden. Wie sind dann zum Italiener und Inder ausgewichen. :D


    Danke das wir daran teilnehmen durften.


  • marbles1:


    Quote from NoDurians

    Abends sind wir dann wieder in der Royal Albert Hall und sehen den Auftritt von Ralph McTell. Der Londoner Singer/Songwriter erzählt zwischen seinen Liedern Anekdoten aus seinem Leben, z.B. wie er in den 60ern zur Royal Albert Hall gefahren ist, weil Bob Dylan gespielt hat. Er konnte sich allerdings die Eintrittskarte nicht leisten und hat sich deshalb in einem Pub in der Nähe betrunken. "Ich weiß noch genau, wie ich hingekommen bin. Wie ich nach Hause gekommen bin, hab ich allerdings keine Ahnung." Später dann sagt er: "Now I play my hit!". Das Publikum antwortet mit tosendem Applaus. Und diesen Hit kennen sogar wir: "Let me take you by the hand, and lead you through the streets of London ..."

  • Quote from Valar

    Ich fürchte mich vor Squirrels..

    Ein bisserl Respektabstand ist nicht schlecht! Die sind bissig und (in anderen Ländern) auch Überträger von Tollwut.


    Quote from marbles1

    ...aber wenn man dieses Konzert auch noch filmen möchte, dann lässt es sich die RAH fürstlich entlohnen. :)

    Wird zusätzlich auch vom Künstler abhängen, was das kostet, oder? Ich hab grad mal 2 od. 3 Fotos gemacht, bevor Ralph McTell auf die Bühne gekommen ist. War sehr dunkel, das eingestellte Bild hab ich mit ISO2500 und 1/20 sec. gemacht. Ist nicht grad der Kracher.

  • Fantastische Bilder, schöne Ziele - ich sollte London nicht mehr länger bei den Städtetrips vernachlässigen!! Danke dafür.


    Dass Ralph McTell noch Konzerte gibt - und dann sogar in der heiligen Albert-Hall - toll.
    Wusste ich gar nicht, dachte, der wäre im Altersheim - hab ich aber wohl mit Peter Sarsted verwechselt (was natürlich auch sehr schade ist).


    Seid ihr einfach so dorthin - egal, wer grad auftritt - geht das überhaupt? So mit Restkarten an der Abendkasse ganz spontan?


    LG
    Gusti

    redfloyd.........................................................................................Gusti
    redfloyd.gifGusti.gif


    Heaven is where the police British, the cooks Thai, the mechanics German, the lovers Italian and it is all organised by the Swiss.
    Hell is where the cooks are British, the mechanics Thai, the lovers Swiss, the police German and it is all organised by the Italians.

  • Quote from Maxi

    Ab und zu wär ich gern der Rüdi.

    Ja, klar! Aber nur ab und zu. Denn sonst würdest Du jetzt im Arbeitszimmer am Sofa sitzen und Dir wär langweilig. :D


    Quote from redfloyd

    ich sollte London nicht mehr länger bei den Städtetrips vernachlässigen!!

    Solltest Du wirklich nicht! London ist die einzige europäische Mega-City und für mich die absolut tollste Stadt Europas. Auch nach ca. 10 Besuchen.


    Quote from redfloyd

    Seid ihr einfach so dorthin - egal, wer grad auftritt - geht das überhaupt? So mit Restkarten an der Abendkasse ganz spontan?

    Wird wohl davon abhängen, wer auftritt. Wir haben die Karten im Voraus gekauft, auf der Homepage der RAH geht das ganz komfortabel mit "print at home". Im obersten Rang waren aber noch genügend freie Plätze.


    Lieber hätten wir ja das London Symphony Orchestra mit einer Beethoven-Symphonie gesehen oder The Who oder Eric Clapton. :D Mir ging's aber in erster Linie um die RAH selbst. Die kannte ich nur von Konzertvideos bzw. von außen.

  • Ein schöner Bericht! :)
    Wir sind auch immer mal wieder gerne in London, allerdings kann ich mich wirklich nicht mit der Küche von England anfreunden :)
    Viele Grüße
    Petra

  • Nach London habe ich es noch nie geschafft - was schon krass ist wenn man bedenkt, wie nah es von Köln/Bonn ist ... :-/


    Irgendwie war es noch nie ein Nr. 1 Ziel und für Nahreiseziele sind wir eher Frankreich- und in den letzten Jahren auch Spanien-orientiert, Süden halt.


    Aber dein Bericht macht auf jeden Fall Lust darauf, vielleicht ein Ziel für nächstes Jahr! :)