Quote from HaPeRiegerDisplay MoreHallo blaufotograph,
das besondere an RAW-Histogramme ist, dass man im Prinzip nie welche zu sehen bekommt. Das ist deshalb schade, weil hier durchaus interessante Informationen verborgen sind, die man während der Bearbeitung nutzen könnte. Was Du in Deinem RAW-Konverter (Adobe Camera RAW, Lightroom, proprietäre Hersteller-Tools, etc.) siehst, ist nicht das RAW-Histogramm, sondern das Histogramm des im RAW-File eingebetteten JPEG-Fotos. Das ist der Grund, warum man beispielsweise in Photoshop/Lightroom Informationen aus den hellen und dunklen Bereichen heraus "zaubern" kann, die vorher offensichtlich gar nicht vorhanden waren. Tatsächlich waren sie vorhanden, man konnte sie im Histogramm des eingebetteten JPEGs nicht sehen, sondern hätte das "echte" RAW-Histogramm betrachten müssen.
RAW-Histogramme lassen sich nur in einigen ganz wenigen Spezialprogrammen sehen. Als Beispiel (und die Liste ist da wirklich sehr kurz) sei genannt das legendäre Rawnalyze (dessen Entwickler leider verstorben ist und das nicht mehr weiter entwickelt wird) oder RawDigger, das ich mir demnächst mal ansehen werde. Genannt sei dann auch noch Photomatix Pro, eigentlich ein HDR-Tool, aber es kann quasi beliebige Luminanzwerte als Histogramm darstellen. Nicht wirklich ein RAW-Histogramm, aber es geht in die Richtung.
Anders als in den üblichen RGB-Histogrammen, in denen entweder die Luminanz-Verteilung (wie bei NoDurians hier gezeigten Histogrammen) oder die Chrominanz-Verteilung der einzelnen Farbkanäle (Rot, Grün, Blau) gezeigt werden, sieht man in RAW-Histogramme die echten Pixelwerte ... gruppiert nach den Farbfilter (rot/grün/blau), die vor den Pixel angeordnet sind. Entsprechend des Definitionsbereichs geht die X-Achse mit den Luminanzen dann auch nicht von 0 bis 255 (wie bei den RGB-Histogrammen) sondern von 0 bis 4095 (bei 12 Bit RAW-Daten) bzw. von 0 bis 16383 (bei 14 Bit RAW-Daten). Der Wertebereich auf der Y-Achse ist weiterhin auf 100% normiert oder es sind absolute Zahlen auf einer logarithmischen Skala. Und: RGB-Bilder wie etwa in JPEG oder TIFF abgelegt, haben schon eine massive Korrektur (=> Gamma-Korrektur) hinter sich, die die Physiologie des Sehens berücksichtigt. Dunkle Bildteile werden stark verstärkt, helle Bildteile werden weniger verstärkt. Die RAW-Daten sind linear, sie haben die (Gamma-) Korrektur noch nicht hinter sich und deshalb findet man das komplette Histogramm-Gebirge fast immer in der Nähe der linken Seite.
Hier mal ein Beispiel (nur zur Information) ein Bild der Deckenbemalung in einem indischen Tempel in Singapur - so wie das Bild ohne Bearbeitung aus der Kamera kommt:
etwas schief, ziemlich bunt ... aber das soll uns erstmal nicht stören. Fotografiert in RAW (wie immer). Als Histogramm wird in Photoshop CS 6 das Histogramm des eingebetteten JPEGs angeboten. Alles noch keine Überraschung.
Die Helligkeitswerte sind gut verteilt, die Werte stoßen zwar rechts und links an, aber sie nähern sich mit einer stark fallenden Flanke ... also ist alles gut, alles richtig gemacht. Es gibt einige ganz wenige abgesoffene und überstrahlte Bereiche. Aber die sind so klein, dass man sie nicht wirklich sehen kann im Bild.
Nun das "echte" (nicht maßstabsgerechte) RAW-Histogramm des RAW-Files aus Rawnalyze vom identisch gleichen Foto:
die drei Histogramm-Berge diese (korrekt belichteten !) Fotos liegen am linken Ende gedrängt. Ein Farb-Kanal einer JPEG Datei kann 256 verschiedene Werte annehmen. Im RAW-Histogramm "verschenken" wir abertausende von Werte, die uns eine noch bessere Farbdifferenzierung ermöglichen würde und nutzen nur einige wenige tausend Werte, die aber natürlich trotzdem mehr differenzierte Informationen transportieren können und so beispielsweise Tonwertabrisse verhindern helfen - selbst dann wenn wir das Bild massiv bzgl. Helligkeit und Kontrast verändert haben.
Wollte man den richtigen Maßstab für beide Histogramme verwenden, dann müsste das obige RGB-Histogramm eigentlich so breit sein:
Man sieht schon die gigantische Menge an Informationen, bis zu 64 mal mehr, die im RAW-File zusätzlich steckt. Wer also nachbearbeiten möchte, sollte dies tunlichst mit RAW-Files (oder alternativ 16 Bit TIFFs) machen und nicht mit JPEG-Files. Warum das so ist, sieht man IMO an diesen Histogrammen sehr eindringlich.
Eine Gruppe von wackeren Foto-Nachbearbeitern sagte nun: Lasst uns doch auch das restliche, ungenutzte RAW-Histogramm verwenden und lasst uns die Bilder so aufnehmen, dass auch der rechte Teil verwendet wird. Entsprechend nennt man diese Technik dann auch "belichte-nach-rechts" oder englisch "expose-to-the-right" oder kurz ETTR und diese ETTR Verfechter überbelichten ihre Bilder nun stark und erhoffen sich dadurch eine bessere Farbdifferenzierung und ein geringeres Rauschen. Die ETTR-Technik ist in der Fachwelt einigermaßen umstritten.
Ciao
HaPe
Hallo HaPe,
habe mal Deine Erklärung kopiert, weil ich mir grad nicht sicher bin, ob es noch zum Beitrag von NoDurians passt, wenn ich hier mal ein Beispielbild anhänge.
Ich habe mal in meinem RAW-Programm (BibbleProV5) geschaut und wie von Dir oben bereits erklärt, wird wohl mit Sicherheit genau das Histogramm vom JPEG Bild angezeigt. Jetzt frage ich mich, wie ich auch mit diesen Mitteln die Bilder optimieren kann und vielleicht auch etwas mehr rausholen kann. Vielleicht kannst Du mir noch mal ein paar Tipps geben ?
Bild 1: klein_Histogramm_RAW_Foto_all.png.jpg
Bild 2: klein_Histogramm_RAW_Foto_blau.png.jpg
Bild 3: klein_Histogramm_RAW_Foto_gruen.png.jpg
Bild 4: klein_Histogramm_RAW_Foto_rot.png.jpg