Fotografieren in Indien

  • Möchte in Indien sehr viele Bilder machen.Wie verhalte ich mich Personen gegenüber die ich fotografieren will?Muss ich jeden um Erlaubnis fragen oder kann ich auch mal einfach so fotografieren?Wenn man fragt werden viele Bilder gestellt und das möchte ich nicht unbedingt.
    Gruss Herby

  • Hallo,


    meine Erfahrungen in Indien und vielen südostasiatischen Ländern geht dahin, dass die Menschen extrem gerne in Kontakt mit Ausländern kommen und die Frage nach einem Foto immer (!) positiv quittiert wird, wenn man ein paar Grundregeln der Höflichkeit einhällt. Es wird sehr oft geradezu als Ehre angesehen, von einem Fremden fotografiert zu werden und (in Myanmar) ist es mir sogar passiert, dass die Leute freiwillig und ungefragt Schlange gestanden sind, um von mir fotografiert zu werden. Wer eine digitale Kamera sein Eigen nennt und das Ergebnis sofort auf dem Display vorzeigen kann, der kann seinem Motiv gleich "etwas zurück" geben, da Fotos ansonsten immer eine etwas einseitig Angelegenheit sind. Das kommt bei den Menschen immer sehr gut an.


    Auch an religösen Stätten sind Fotos meist kein Problem. Es kann sein, dass Du nicht alle hinduistische Tempel betreten darfst (z. B. in Varanasi), Moscheen haben auch hin und wieder eigenwillige Regeln, buddhistische Tempel gehen in der Regel völlig relaxed mit Fotografen um - allerdings wird es oftmals nicht gerne gesehen, wenn eine Buddha-Statue als Hintergrund (als schmückendes Beiwerk) für Tante Erna im Vordergrund zweckentfremdet wird. Entweder Buddha als Hauptmotiv fotografieren oder gar nicht. Generell gilt: Einen "wichtigen Menschen" am Eingang des Heiligtums fragen, wie es sich mit der Fotografiererei in seinem "Machtbereich" verhält (das geht auch ganz ohne Worte mit einem Fingerzeig auf die Kamera und einem Achselzucken) und die Antwort bitte auch einhalten. Insider-Tipp: Wenn ein Inder den Kopf seitlich wippen läßt (Ohr Richtung Schulter) dann bedeutet das "ja", wie Nicken bei uns. Indisches Nicken kann durchaus "nein" bedeuten.


    Offizielle Menschen mit einer gewissen "Position" in offentlichen Gerbäuden (mit ist das z. B. im Palast in Jaipur passiert) verlangen für ein Foto etwas Bakschisch. Das bekommst Du aber schnell mit, wo man sich mit kommerziellen Absichten in Pose wirft.


    Ciao
    HaPe

  • ... Sadhus (sind ja auch ein Blickfang) sind immer gerne bereit, für Fotos zur Verfügung zu stehen, die meisten
    möchten Geld dafür und fordern dies dann auch mit Nachdruck ein, d.h. es kann durchaus sein, daß sie Dich sogar
    direkt auffordern, ein Bild zu machen ... ich weiß, ich weiß, die heiligen Männer sollten nicht so materiell denken,
    aber ich habe mal eine interessante Abhandlung gelesen, daß die meisten Sadhus einfach Aussteiger sind und
    auf diese Art und Weise ihren Lebensunterhalt bestreiten.


    Gruß,
    Wolfgang

    Wolfgang


    There's nothing like jumping on your bike and hitting the road. Whether you are heading across the country, ripping up the canyons or just taking a short spin around the neighborhood, it always seems to clarify things.


    https://www.youtube.com/user/3N82632

  • Hi,


    Sadhus sind (offiziell) Männer, die am Ende eines "normalen" Lebens mit Familie, Beruf, Wohnsitz und sozialen Kontakten aufgeben um ohne Besitz streng asketisch den Rest ihres Lebens zu verbringen. Manche schließen sich zu Gruppen zusammen, manche ziehen als Wandermömche von Ort zu Ort, manche leben alleine in den Wäldern oder in der Nähe von Tempeln, manche finden für sich völlig eigene Lebensumstände. Sahdus sind in der indischen Gesellschaft hoch angesehen - auch wenn wir den einen oder anderen Sadhu einfach als "Aussteiger" bezeichnen würde.


    Sadhus sind überall in den Städten zu finden - insbesondere in den religiösen Zentren. Sie geben fotografisch immer ein ganz besonderes und typisch indisches Motiv ab. Sie lassen sich meistens gerne fotografieren - trotzdem sollte man vorher fragen und respektieren, wenn sie es nicht wollen. Dass man einem Sadhu ein paar Rupies in die Hand drückt ist genau so selbstverständlich wie ein angemessenes Trinkgeld für jede beliebige andere Dienstleistung, die einem in Indien zuhauf angedeiht. In der Toilette eines Restaurants habe ich mal einen kleinen Jungen getroffen, der den Besuchern ein paar Blatt Toilettenpapier gereicht hat, damit sich diese die Hände trocknen können. Auch er hat für diese Dienstleistung ein paar Paise erwartet.


    Da es in der indischen Gesellschaft völlig selbstverständlich ist, dass die wohlhabenderen Menschen (auch ohne Spendenquittungen) den ärmeren Menschen unter die Arme greifen, wird es jedem Touristen passieren, dass man von ihm geradezu vehement ein Almosen einfordert. Das ist nicht bösartig gemeint, sondern völlig normal in Indien und es wird erwartet, dann man souverän, bestimmt und (ganz wichtig) immer freundlich darauf reagiert. Speziell in religiösen Zentren wie etwa den engen Gassen rund um die Ghats in Varanasi erlebt das der ungeübte Indientourist gerne mal als Spießrutenlauf. Wer sich auf die Reise ordentlich vorbereitet, weiß was ihn erwartet und kann darauf einstellen und das ganze sogar noch fotografisch nutzen.


    Viele Grüße
    HaPe

  • Hallo nochmal,


    sorry, ich nochmal, aber beides liegt mir nunmal am Herzen: Die Fotografie und Indien.


    Um nochmal direkt auf ...

    Quote from chickenherby

    Wenn man fragt werden viele Bilder gestellt und das möchte ich nicht unbedingt.


    ... einzugehen.


    Du wirst nach relativ kurzer Zeit ein Gefühl dafür bekommen, wie man sich mit der Kamera in der Hand in Indien verhalten sollte. Wie immer in der Fotografie ist es sehr hilfreich, wenn Du Dich primär um Deine Motive kümmerst und weniger um die Kamera und den technischen Kram (das ganz lange Teleobjektiv sollte erstmal in der Tasche bleiben). Dann merkst Du sehr schnell, wie die Menschen um Dich herum Dich einschätzen und mit etwas Fingerspitzengefühl ist dann auch das eine oder andere Bild ohne zu fragen erlaubt. Wer als gestresster Pauschaltourist von einer Attraktion zur nächsten hetzt, dem entgeht vielleicht manchmal die Magie einfacher Orte, Märkte, Parks. Ich habe es für die Portrait- und Street-Fotografie als sehr nützlich erfahren, an belebten Orten mit der Kamera in der Hand einfach eine halbe Stunde zu sitzen, zu warten und zu beobachten. Wenn es gut geht, wird man dann irgendwie zum Bestandteil dieses Ortes - für sich selbst, aber auch für die Menschen um einen herum. Wenn die erste Neugierde verflogen ist, wenden sich die Menschen wieder ihren Alltagsgeschäften zu und es werden wieder ungestellte Bilder möglich, da man inzwischen nicht mehr die absolute Attraktion ist.


    Es würde mich interessieren, welche Erfahrungen andere Indienreisende zu dem Thema gemacht haben.


    Viele Grüße
    HaPe

  • Hallo HaPe,


    danke für Deine ausführlichen Beschreibungen.


    Du hast natürlich recht mit dem Status der Sadhus, ich habe mich auch falsch ausgedrückt und daß es die meisten sind, ist sicher falsch.
    Dennoch haben wir an einigen typischen Sehenswürdigkeiten beobachtet, daß sich sog. Sadhus regelrecht für Fotos mit entsprechendem "Trinkgeld" angepriesen haben und das widerspricht sicherlich - soweit ich das gelesen habe in einem Buch ausschließlich über Sadhus - ihrem selbstgewählten, asketischen Lebensstil.


    Gruß,
    Wolfgang

    Wolfgang


    There's nothing like jumping on your bike and hitting the road. Whether you are heading across the country, ripping up the canyons or just taking a short spin around the neighborhood, it always seems to clarify things.


    https://www.youtube.com/user/3N82632

  • Danke für die netten Hinweise und Ratschläge.Werd mal alles auf mich zukommen lassen und schreib euch dann meine Erfahrungen.
    Gruss Herby

  • Bei mir ist es so, dass ich immer um Erlaubnis frage, wenn ich einzelne Personen fotografiere, allein schon wegen dem Personenrecht bzw. Recht am eigenen Bild. Bei Fotos mit vielen Menschen vor einem Motiv sieht es anders aus, da frage ich natürlich nicht.
    In Indien haben wir selten Probleme gehabt, ab und zu wird natürlich hinterher die Hand aufgehalten, aber das war schon recht selten.
    Viele Grüße
    Petra

  • Ich fliege auch in 4 wochen nach Indien...Mikado vlt erinnerst du dich, ich wollte danach ja berichten...
    Fotografieren will ich auch sehr viel, habe extra aufgerüstet: 2 neue Akkus, 8Gb neuer Speicher und einen UV Filter für mein neues Objektiv *Freu*
    Meine Frage, die ich dem Thema noch hinzufügen möchte, ist:


    Wie ist das eigentlich mit der Sicherheit der Kamera in Indien? Muss man immer auf der Hut sein vor Taschendieben? Etwa so wie in einigen Teilen Südamerikas? Oder ist es alles ganz locker ( so hab ich es in Vietnam erlebt...hatte nice Angst um meine Kamera)



    LG
    Alessandro

    Reisen können, ist eine der schwierigsten Künste. Eigentlich müßte man es im Hauptberuf betreiben.

  • Hallo,


    man ist geneigt zu sagen, dass Indien durchaus ein sicheres Reiseland ist. Wenn man sich aber besonders unvorsichtig verhält, dann kann es natürlich schon passieren dass jemand die Gelegenheit (bzw. die Kamera) ergreift. Mit den üblichen Vorsichtsmaßnahmen sollte man auf der sicheren Seite sein. Ohne den Südamerikanern zu nahe treten zu wollen, hat man dort meiner Erfahrung nach ein sehr anderes Verhältnis zu dem Eigentum anderer Menschen. Südamerika würde ich als wesentlich gefährlicher ansehen als Indien. In den indischen Großstädten dürften die Gefahren größer sein als auf dem platten Land.


    Ciao
    HaPe

  • Quote from Alessandro

    Muss man immer auf der Hut sein vor Taschendieben?


    Hallo Alessandro,
    klar erinnere ich mich und bin schon ganz gespannt, wie es Dir ergeht.
    Das einzige, was man uns während der diversen Indienreisen geklaut hat, ist der Sprit aus dem Tank :-/
    Ich hatte immer meine gute Kamera-Ausrüstung mit und nie ein ungutes Gefühl. Aber wie HaPe schon sagt, die normale Vorsicht sollte man schon walten lassen.
    Auch in Indien gibt es Gelegenheitsdiebe... Wir hatten für diverse Sachen z. B. unsere Hotelzimmer immer noch ein separates dickes Schloss mit ;)
    Viele Grüße
    Petra

  • Quote from Mikado

    Jupp, wo geht es denn hin?


    Hi Mikado,
    mein Sohn und ich fahren nur für eine gute Woche nach Kerala....
    Wir wollten wegen der Kürze der Zeit nicht so weit. :P

  • Quote from Mikado

    Wir hatten für diverse Sachen z. B. unsere Hotelzimmer immer noch ein separates dickes Schloss mit ;)


    Petra


    Ohhhh Ideeeee,
    welche Sorte Schloss sollte es dann sein?


    Nur Vorhänge oder gleich Fahrradschloß?

  • Für die Hotelzimmer hatten wir ein Vorhängeschloss und ein Fahrradschloss für andere Gelegenheiten, z. B. um die Mopeds oder die Koffer aneinanderzuketten, je nachdem :D
    Jupp, Kerala liegt ja auch gleich um die Ecke :P
    Viele Grüße
    Petra

  • Quote from Mikado

    Für die Hotelzimmer hatten wir ein Vorhängeschloss und ein Fahrradschloss für andere Gelegenheiten, z. B. um die Mopeds oder die Koffer aneinanderzuketten, je nachdem :D


    Danke für den Tip Mikado, werde Schlösser kaufen....... Heintje ja immer gesungen: Ich kauf mir ein Schloß.......:D

  • Hi,


    Quote from Mikado

    Wir hatten für diverse Sachen z. B. unsere Hotelzimmer immer noch ein separates dickes Schloss mit ;)


    Apropos Schloss ... eine kleine Anekdote am Rande: Wir hatten ein etwa 150 cm lange, stabile Metallkette mitgenommen und ein paar Vorhängeschlösser, mit denen wir unsere Rucksäcke auf dem Dach der Überlandbusse sichern wollten. Die Straßen sind in einem üblen Zustand und es war keine schlechte Idee, selbst auf die Dächer zu klettern und das Gepäck am Dachträger anzuketten.


    Als wir eines Tages von Aurangabad Richtung Goa mit dem Zug fahren wollten, wurde uns mitgeteilt, dass ich die Fahrkarten frühestens eine Stunde vor Abfahrt kaufen könnte und dass der Zug nahezu ausgebucht sei. Abfahrt war nachts um 3 Uhr. So schlich ich also nachts um halb 2 durch die staubigen und stockdunklen Strassen von Aurangabad vom Hotel zum Bahnhof. Tagsüber sieht man in den Strassen viele einzelne streunende Hunde. Ausgemergelt und ausgesprochen feige. Ein böser Blick und sie ziehen den Schwanz ein und trollen sich. Nachts aber rotten sie sich zusammen, werden mutig und übernehmen das Regiment in der Stadt. Kurz vor dem Bahnhof wurde ich dann von etwa 12 bis 15 Hunden eingekreist. Tierliebe hin oder her, wenn man nachts von einem Dutzend vorrückenden Hundegebissen aggresiv angefletscht wird, die einem ganz klar signalisieren, dass ein Dutzend Hundemägen gesättigt werden wollen, dann nimmt sich die Tierliebe gerne eine kurze Auszeit und die Metallkette für die Busse, die ich gottseidank mitgenommen hatte, bekommt kurzfristig eine neue Aufgabe zugeteilt. Letztendlich ist alles gut gegangen. Der nächtliche Fahrkartenkäufer blieb unverletzt und die Hunde auch (weitgehend).


    Indien ist extrem. In jeder Beziehung. Nicht nur, dass Nachtspaziergänge extrem unangenehm sein können, das ganze Land kann extrem schön, extrem inspirierend sein. Zu jeder Tages- und Nachtzeit werden alle fünf Sinne extrem beansprucht. Wenn ihr aus dem Flieger aussteigt, achtet mal auf diesen schweren, süßlichen Geruch, der über dem ganzen Land zu liegen scheint. Und trotz aller Schwieigeiten: Wenn sich mit der Zeit alle unangenehmen Erfahrungen verklärt haben, dann bleibt eine unglaubliche schöne Erinnerung ... ein Leben lang. Die Erinnerung an Indien, dem erstaunlichsten Land auf diesem Globus.


    Ciao
    HaPe

  • Nette Geschichte und ich hoffe, dass jetzt nicht Extremhundeliebhaber hier den verbalen Hammer schwingen.


    Ich habe aber auch eine nette Geschichte.


    Als ein Freund erstmals in Äquatornähe kam (Colombo Ende der 70er) und hinten am Flugzeug die Gangway herunterging, dachte es die Hitze sei von den nachlaufenden Triebwerken des Flugzeugs. Erst einige Schritte weiter bemerkte er, dass die Hitze und die schwere Luft nicht aus dem Triebwerk kam, sondern Tropenluft war....:confused:

  • Ist in Indien nicht anders wie überall auf der Welt: In dem Moment wo Du um Erlaubnis fragst, kannst 90% der Bilder schon wieder vergessen, weil sie Dir in die Kamera starren und Habtacht stehen womit das Ganze gestellt ausschaut. Im Zweifelsfall frag ich daher nicht. Natürlich gibts auch Ausnahmen, etwa bei den Massai in Tanzania oder den Mursi in Äthiopien. Da wär Nichtfragen wahrscheinlich ungesund. Indien ist in dieser Beziehung ein ganz lockeres Land und ich habs nie erlebt, daß wer was gegen das Fotografieren gehabt hätte. Lediglich die Saddhus wollen eine "Spende".