Äthiopien - eine Völkerwanderung

  • Noch vor sechs Monaten hätte ich nicht gedacht, wieder hier zu sein. Nun bin ich froh und glücklich, meine Gastfamilie noch einmal in die Arme schließen zu dürfen. Wie es dazu kam? Eigentlich war ein Gegenbesuch meines Freundes Muller in Deutschland geplant, der aber am Unwillen unserer Behörden, ein Visum auszustellen scheiterte. Da der Berg nicht zum Propheten kam, musste der Prophet eben zum Berg gehen. Kurzentschlossen wurde eine weitere Reise geplant und angetreten. Und nun bin ich wieder in Addis Abeba, der neuen Blume. Vier Wochen Äthiopien liegen vor mir und natürlich hat Muller auch eine kleine Tour durchs Land geplant. Es gibt doch noch Ecken, wo ich nicht war. Aber erst einmal ist Familie angesagt.


    Die Anreise war wieder völlig unkompliziert und planmäßig. Der Flieger nach Addis war fast ausgebucht. Dreiviertel davon Weiße. Und der größte Teil davon älteren Semesters und so wie ich in Treckingschuhen. Nach Norden auf die historische Route kann noch niemand, die Provinz Tigray ist für Ausländer noch nicht freigegeben. Nach einer etwas komfortloseren Tour in den wilderen Süden sahen die aber nicht aus. Also fragen wir doch einfach. Und siehe da, die Silverager wollten weiter nach Südafrika, Namibia, Kenia und Tansania. Ethiopian Ailines wurde lediglich als Sprungbrett aus Kostengründen gebucht. Aber auch der Anteil derer Ferenjis, die nach Äthiopien wollen, ist wieder größer geworden. Es stehen doch so einige mit mir in der Einreisekontrolle. Es wird, es wird.


    Jetzt ist es mir auch gelungen, den Kindern "Schiffe versenken" beizubringen. Vor zwei Jahren war Jonathan einfach noch nicht so weit und kam auf dem Papier mit den Spielfeldern und den zu setzenden x und Punkten durcheinander. Beiden war damals das Spiel mit Kästchenpapier und Stift nicht bekannt. Bei meiner Frage, ob die das nun auch mit Freunden oder in der Schule spielen werden, sagte Muller, mit Sicherheit. Mal sehen, ob nach unserer Rundreise ein Brief von Direktorat für mich daliegt, ich solle doch bitte mal vorbeikommen, denn ich hätte einen schlechten Einfluss auf die Schüler und die Schule, weil das nun in allen Klassen gespielt wird.



    Der süße Drops auf dem Bild ist Josef, das neue Geschwisterchen von Redit und Jonathan.


    Ob ich unterwegs dazu komme, am Reisebericht weiterzuschreiben, weiß ich noch nicht. Wahrscheinlich wird es erst nach der Heimreise in aller Ruhe, um meinen eigenen Ansprüchen an Ausdruck, Qualität und Inhalt gerecht zu werden. Und wer quält sich als 10-Finger-Schreiber schon mit Smartphone oder Tablet, wenn zu Hause eine vernünftige Tastatur steht. Aber diesen Appetizer hier stelle ich zumindest schon mal online.


    Der Thementitel ist vorerst ein Arbeitstitel. Bin noch nicht so ganz zufrieden damit.

  • Hallo Felix, wollte mich längst melden, aber aus Gründen... nicht geklappt In Awassa war das Netz meist grottig. Sind seit 2 Wochen zurueck, aber nun kannst Du ja selbst schauen. Wir waren nur in ArbaMinch, sowie Langano. Meine Mutter war mit und teilweise eine Tochter. Die simple Tour zum Langano war nicht ohne, aber nicht wegen der Bauarbeiten...

    Zwai heisst jetzt Batu, ist aber per Highway zu erreichen. Einige wenige

    Touristen gab es, tatsächlich waren sie auch in Lalibela.Wir haben ja in den letzten 30 Jahren fast alles besucht, neues war zu aufwendig bis gefaehrlich. Alles andere dann vlt. gerne nach Deiner Rückkehr. Sind mit egyptair geflogen und waren die Ei

    nzigen ferendjis.

    Ich bin sehr traurig und sehe keine Zukunft, sehe keinen Plan bzw. Ziel. War trotzdem ein guter Aufenthalt und ich wuensche Dir eine gute Zeit. Bin gespannt auf Deine Eindruecke. Kannst ja mal kurz berichten, wo Ihr Euch rumtreibt. Bis dahin Grüße an Dich, Deine Lieben Gastgeber und meine Herzensheimat, trink einen Sprice fuer mich, bitte

  • Einer geht noch - bestimmt! Ihr werdet eine geile Zeit haben. Ich habe es ja gewusst, dass du 2020 nicht das letzte Mal dort warst.


    Der süße Drops auf dem Bild ist Josef, das neue Geschwisterchen von Redit und Jonathan.

    Der allercuteste Drops auf dem Bild ist eindeutig Muller - natürlich dicht gefolgt von dir!


    Ich freue mich von euch zu hören und zu lesen und Bilder zu sehen. Habe eine gute Zeit und du machst es richtig: Genieße lieber jede Minute Quality Time statt auf der Tastatur herumzuklimpern!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Danke dafür! Hoert sich gut an, bin schon sehr gespannt, aber ich uebe mich in Geduld. Der Bericht laeuft nicht weg.

    Geniesse die Zeit und jedes Erlebniss. und tanke Vitamine. Schoenes Foto, come to ethiopia an be 7 years younger..., erfüllt!! Viele Gruesse Jana

  • Ich freue mich für Dich, dass Du Deine Gastfamilie wieder siehst und durch Äthiopien reisen kannst. Ebenso hoffe ich, dass bei Deinen Freunden der Krieg keine zu tiefen Spuren hinterlassen hat.


    Da ich mich auch viel mit dem südlichen Afrika befasse, kann ich bestätigen, dass ich häufig lese, dass die Strecke Frankfurt - Windhoek via Addis geflogen wird. Ich sehe auch immer wieder bei Veranstaltern, dass die ihre Rundreiseziele in Ostafrika mit Ethiopian ansteuern.


    Hab‘ eine sehr gute Zeit!


    Viele Grüße

    Sabine

  • Hallo auch. Bisher alles gut verlaufen. Wollte mal ein kurzes Lebenszeichen geben aus ..... Ach, dass herauszufinden überlasse ich euch. Es sei dazugesagt, so ganz legal war es nicht.



  • Ward Ihr auf der anderen Seite? Wenn es die Grenzstadt ist, was ich vermute, krass wie sich alles ändert. Trotz"fokbetotsch"bleibt ja leider alles gleich und medizinische Versorgung, Schulen etc. bleiben so lala. Ich war im Nachbarland mal via Omorate... Lernst Du schon Oromia, ist das verwandt mit suhaeli, hoert sich manchmal so an! Schadet heutzutage nichts und entschschaerft manche Situation.

    Ich haette mal noch in Awassa bleiben sollen, hier sehr kalt, gefuehlt noch mehr, gestern sogar Schnee. Willst Du sicher nicht wissen.

    Passt auf Euch auf, Melkam guzo weiterhin. Gruss Jana

  • Ich freue mich für dich . Es geht eine ganze Menge, wenn man nach dem Motto lebt " Never give up" Ich bin jetzt zusammengerechnet fast 10 Monate in Tansania. Habe nur wenig Zeit weil ich permanent etwas zu tun habe. Vielleicht kann ich in 2 Wochen schon mehr sagen, aber es hat sich einiges ereignet. Dir alles Gute, es werden bestimmt noch mehr Reisen.

  • felix2000

    Changed the title of the thread from “Äthiopien - einer geht noch (vielleicht)” to “Äthiopien - eine Völkerwanderung”.
  • 18. bis 21. Feb. Jimma - Bonga - Mizan Teferi


    All die Dinge, die mit müssen auf die Tour durchs Land stehen bereit zum Verladen. Wir haben einen neuen Fahrer. Daniel wird uns mit seinem Nissan-Jeep sicher durch die Lande fahren. Sisay kann leider nicht mit dabei sein. Er hat jetzt eine Arbeit als Fahrer außerhalb der Tourismusbranche.


    Alles ist im Jeep und los geht´s, raus aus der Hauptstadt in Richtung Südwesten. In Waliso erkenne ich den Abzweig zum Wenchi-Kratersee wieder. Wir fahren weiter geradeaus. Die heutige Etappe hat 350 km und führt uns bis Jimma. Ich nehme Quartier im Hotel Jimma, einem ansehnlichen Haus mit Pool, den ich auch teste.






    Nach einer Ankommens Pause zum Auspacken werde ich wieder abgeholt. Wir besichtigen den Palast des ehemaligen Kaffa-Königs Ras Abba Jifar II im ehemaligen Königreich Jimma und der späteren Kaffa Provinzregion Äthiopiens. Der Kaffakönig ging einen Deal mit König Menelik II ein, blieb als Landesfürst und Statthalter im Dienste Menelik II weiter an der Macht und bekam pro Jahr noch 65.000 Maria Theresa Silbermünzen. Er hatte 6 Frauen, davon 4 zur gleichen Zeit, die ihn mit 14 Kindern beglückten. Die Kaffa sind eine eigene Volksgruppe mit eigener Sprache, dem Kaffa.






    Am nächsten Tag fahren wir nach Bonga, das im Herzen der Kaffa-Region liegt und von fantastischem Bergregenwald umgeben ist. Die Strecke beträgt nur 125 km und wir beziehen Zimmer in einem Gästehaus.

    Bei einem Gang durch den Regenwald mit dem lokalen Guide Thares, werden wir auch zum Ursprung des Kaffees geführt. Die ganzen Geschichten mit den Ziegenhirten kenne ich bereits hinreichend. Hier haben sie ihren Anfang. Mitten im Wald, an einem "Buni" genannten Ort in der Kebele Makira.







    Naturbrücke Gurguto




    Der 20. Feb. hält eine Wanderung zu der heißen Quelle Dabiden bereit, die einem bei 55 Grad Wassertemperatur schön einheizt. Ich halte das jedenfalls immer nur kurz aus. Um da hinzugelangen, muss man zu Fuß eine Stunde durch den Regenwald einen gut zu gehenden, meist bergab führenden Weg folgen. Die Rücktour führt dann natürlich meist bergauf und dauerte bei uns zwei Stunden.




    An der Badestelle selbst gibt es keine Infrastruktur. Es ist eine reine Naturbadestelle mit steinigem Wasser, mit durch Algenbewuchs wirklich sehr glitschigen Steinen. Nur zwischen den Steinen finden die Füße Halt. Aber man ist auch nah an den lokalen Bewohnern, denn hier ist man als Ferenji selbst die Attraktion. Guide Thares weiß für den Rückweg eine Abkürzung. Doch nach 100 m muss er passen. Die ist so zugewachsen, dass der Weg gerade noch zu erkennen ist. Ohne Buschmesser hier kein Durchkommen. Wir kehren zerkratzt zum alten Weg zurück.



  • 18. bis 21. Feb. Jimma - Bonga - Mizan Teferi



    Die gute Seele des Gästehauses


    Am Morgen des 21. Feb. verlassen wir Bonga und fahren weiter nach Mizan Teferi. Die Kilometersteine an der Straße zeigen 580 Straßenkilometer von Addis.



    Teeplantage zwischen Bonga und Mizan Teferi


    Ich checke ins beste Hotel des Ortes ein, ins Salayish Grand Hotel.










    Das „nobel aussehen“ nicht „nobel sein“ heißt, merke ich recht bald. Da der Spülkasten klemmt, hat das bisschen Wasser nicht ausgereicht, die Hinterlassenschaften des Vorgängers zu beseitigen. Für den Reinigungsdienst aber offenbar kein Grund, noch einmal Hand anzuglegen. Eine Beschwerde an der Reception schafft Abhilfe. Jetzt ist zwar sauber, aber der Spülkasten klemmt immer noch. Durch leichtes Ruckeln am Deckel, springen die Knöpfe aber dann nach oben und der Kasten kann sich füllen. Ich hätte es ja dabei belassen und auch die kaputte Badezimmertür nicht weiter erwähnt, wenn da nicht noch ein kleines Problem gewesen wäre.


    La Cucarachas!


    Die kleinen flinken Krabbler entdeckte ich in der Nacht, als ich mal rausmusste. Eine sah ich noch über das am Bett angebaute Nachtschränkchen huschen, weitere im Bad. Die von der normalen Größe. Das darf in einem Haus mit solchen Ansprüchen nicht sein, meine ich und haue da jetzt auch drauf, indem ich die anderen Dinge auch noch erwähne.




    Am Abend gehen wir in die Stadt zum Abendessen in ein Straßenlokal. Dabei wird von Daniel und Muller auch Cassava bestellt. Eine leicht süßlich schmeckende und weißlich aussehende, gekochte und in Stücken servierte noch bissfeste Masse, offenbar von einer Stängel- oder Wurzelpflanze stammend. Ich lasse mich vom ersten Gedanken leiten und tippe auf Maniok. Damit können mein Freund und Daniel nichts anfangen. Ein Blick ins Internet sorgt für Klarheit. Wir meinen alle das Gleiche. Das Gewächs ist auf der Welt unter verschiedenen Begriffen bekannt.




    Anschließend kippen wir in einem nahe gelegenen „Trinklokal“ will ich es mal bezeichnen noch zwei Bierchen. Dabei tritt ein offenbar schon Angesäuselter an unseren Tisch und labert uns voll. Aber nicht lange, dann kommt die resolute Besitzerin, keift ihn an und haut ihm zwei runter. Weil er wohl nicht gleich reagiert, bekommt er noch drei eingeschenkt. Dann greift sie sich den Typen, klemmt ihn sich praktisch unter den Arm und bugsiert ihn nach draußen. 10 Minuten später ist er wieder da. Er will uns erklären, dass er keine Angst hatte, blickt dabei aber ängstlich aus den Augenwinkeln in die Richtung, aus der die Besitzerin kommen könnte, wie uns Muller erklärte. Sehr belustigend der Typ, wir amüsieren uns jedenfalls köstlich.



    Bejeaynet (mit einer Art von allem etwas) - bekanntes Gericht für die Fastenzeit



    Arm und wohlhabend dicht beieinander. Direkt hinter der Hotelmauer beginnt die Armut

  • Oh, wie schön, dass du ausführlich berichtest, nachdem ich in den letzten Wochen ja immer mal "Erlebnisschnipsel" bekommen habe!


    Nicht funktionierende Spülungen sind tatsächlich ein weit verbreitetes Phänomen, hatte ich auch schon in verschiedenen Ländern. In manchen Ländern (Indien) schaue ich mich dann immer schon mal um, ob ein Eimer im Zimmer ist oder zumindest ein wasserdichter Papierkorb...

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • 22. + 23. Feb. – bei den Surma (Suri) in Kibish


    Für die ersten Campingtage kaufen wir in Mizan Teferi noch das Frischgemüse ein, bevor es weiter in Richtung Südwesten geht. Wir fahren auf der Asphaltstraße, die in Dima aufhört, dann geht es ewig auf Schotterpisten weiter, bis wir zu einer Bergkette kommen, auf deren Rücken die Piste verläuft. Wieder hinunter, noch einige ausgetrocknete Flussläufe durchquert, dann tauchen ein paar kleine Siedlungen auf. Wir sind bei den Suri. Da ich wissen will, wie die letzten 40 km Schotterpiste verlaufen, schaue ich in Maps nach, das auch hier funktioniert. Die Suchfunktion kibish camp ethiopia serviert mir aber immer wieder den gleichen Fehler und zeigt Kibish hartnäckig im Südsudan an. Ich frage Muller, wo wir sind und zeige ihm die Karte. Er sagt, genau da, wir sind hier im Südsudan. Ich glaube weder ihm noch der Karte, weil ich denke, er will mich veralbern. Es braucht einige Anläufe, bevor ich ihm das mit dem Südsudan abnehme. Auf meine Bemerkung hin, dass ich kein Visum für den Südsudan hätte, sagt er, keine Sorge, hier kommen keine Kontrolleure. Kulturell und sozial gehört die Siedlungsgegend der Suri zu Äthiopien. Da ich weiter nachfrage, kommt er zu folgender Aussage: De facto ist das hier Äthiopien, de jure der Südsudan. Weil ich viel zu sehr das Abenteuer liebe, beschloss ich es dabei zu belassen und vorerst nicht weiter darüber nachzudenken, sondern den Spaß zu genießen. Erst später las ich genauer nach. Das Dreiländereck Südsudan, Kenia und Äthiopien wird auch Ilemi-Dreieck genannt. Die genauen Grenzen sind unklar, verschieben sich je nach Ansicht. Da gibt es eine Maud-Line, die Blue Line, eine Red Line sowie eine Patrol-Line. Aber egal auf wessen Line man abfährt, der obere Teil, wo wir und gerade befinden ist immer Sudan - jetzt Südsudan. Dabei soll die Verwaltungshoheit für das ganze Gebiet bei Kenia liegen. Für mich klingt das eher so, dass der das Sagen hat, der die Gewehre mitbringt.



    Unser Fahrer Daniel


    Wir sind jetzt im richtigen Suri-Dorf und werden willkommen geheißen. Ein etwas verschrobener älterer Herr, der immer babbelnd wiederholt „Babei Atebabei“ scheint der Chef hier zu sein. Jedenfalls ist er mit 4 Frauen und 16 Kinder hoch angesehen, aber wohl dem Araqe, dem lokalen Blaumacher der hiesigen Völker hier zugetan. Da bin ich es zufrieden, dass er die obligatorische Kalaschnikow wenigstens gesichert mit sich herumschleppt. Wir bekommen unseren Platz für die Zelte zugewiesen und bauen auf. Auf einem Baumstamm sitzt ein Suri-Krieger in einer coolen Pose. Ich frage, ob ich ihn fotografieren darf. Ich darf und habe den Eindruck, er scheint auf die Frage regelrecht gewartet zu haben. Jedenfalls erhöht er den Coolnessfaktor noch einmal und posiert noch gekonnter. Der ist sich seiner Stolz ausstrahlenden Außenwirkung sehr wohl bewusst.




    Am 23. Feb. früh morgens, werden wir zu den eingepferchten Kühen gerufen. Auf dem Weg dahin, sehen wir eine gut 1,5 Meter lange Schlange, die von den Suri zuvor erschlagen wurde. Meine erste Schlange, die ich in Afrika überhaupt sehe. Ich weiß nicht recht, ob ich das gut oder bedauerlich finden soll. Daniel kommt mit dem Jeep vorgefahren, wir sollen einsteigen, der Weg scheint weiter zu sein. Ich nehme wie immer auf dem Beifahrersitz Platz, greife zu meiner Wasserflasche, die ich dort zwischen Sitz und Mittelkonsole zu stecken habe, nehme einen großen Schluck …. einen zweiten Schluck kann ich gerade noch verhindern, und überlege entsetzt und hustend, was für ein Lösungsmittel ich da gerade getrunken habe. Daniel nimmt mir die Flasche ab. Es ist seine und da ist Araqe drin, den er sich von den Dorfbewohnern besorgt hat. Allgemeines Gelächter, als sich die Sache aufklärt. Araqe, ein furchtbares Gesöff.




    Die Suri trinken auf ihren Wanderungen mit den Herden als Nahrung das Blut der Rinder. Dazu wird mit einem Pfeil in die Halsschlagader des Rinds geschossen und das herausschießende Blut in einer Schale aufgefangen und getrunken. Das wollen sie uns zeigen.






    Anschließend gehen wir zu einer nahen Siedlung. Für einen gewissen Obolus dürfen wir Fotos machen. Geschäftstüchtig sind sie ja die Suri.












    Am Nachmittag fahren wir nach Kibish Village zum Markt, kommen aber zu spät, der Markt ist schon vorbei. Eine große Gruppe Marktbesucher sitzt aber noch herum, wertet den Tag aus, tauscht Neuigkeiten und trinkt dabei Borrdee, das lokal aus Getreide gebraute alkoholische Getränk des Südwestens. Natürlich muss ich auch so eine Trinkschale haben und schon haben die Marktbesucher ein neues Gesprächsthema und offenbar jede Menge Spaß, den Ferenji beim Borrdee trinken zuzusehen. Danach kippe ich in einem Lokal noch ein Bier, um die Borrdee-Krümel auszuspülen, dann fahren wir zu unserem Lager zurück. Am nächsten Tag wollen wir ganz zeitig aufbrechen. Offiziell hatten wir noch einen Tag länger geplant, aber hier in der Gegend ist es besser, wenn man seine Ankunft und Abfahrt möglichst unauffällig und unerwartet vollzieht und so wenig Leute wie möglich davon wissen. Lokale Kontaktpersonen vor Ort sind dabei hilfreich. Denn so ganz ohne Risiko ist das hier nicht und definitiv nichts für ängstliche Naturen. Solange man bei den Suri zu Gast ist, hat man nichts zu befürchten, denn man steht unter deren Schutz, es sei denn, man gibt durch ungebührliches Verhalten selbst Anlass dazu. Aber die 40 km Schotterpiste im Niemandsland, abseits von jeder Zivilisation bieten für potentielle Räuber Möglichkeiten zu Überfällen.


  • Die Suri trinken auf ihren Wanderungen mit den Herden als Nahrung das Blut der Rinder. Dazu wird mit einem Pfeil in die Halsschlagader des Rinds geschossen und das herausschießende Blut in einer Schale aufgefangen und getrunken. Das wollen sie uns zeigen.

    Also dick wird man von frischem Blut Trinken nicht ^^ .

    Interessanter Bericht, Felix! Da hat sich seit damals im ländlichen Afrika nichtr viel verändert. Vieles erinnert mich an meine Zeit in der zentralafrikanischen Republik (1986-88).


    war wohl der selbe Architekt am Werk wie in Äthiopien


    Ich wurde in der ZAR einmal von einem Trupp besoffener Soldaten angehalten, die mich "baten", sie auf meinem Pick-up truck bis zum nächsten Dorf mitzunehmen. Sie wollten auf dem dortigen Wochenmarkt die Bevölkerung vor Buschbanditen schützen. Ich weigerte mich, ihnen diesen Service gönnen. Der Anführer der Truppe war sofort auf 180 und zog mich aus der Fahrerkabine und droht mir, eine Ladung Blei in den Kopf zu schießen. Voller Wut drückte er mir seine Kalaschnikow in den Mund. Seine Augen drehten sich in unterschiedliche Richtungen, so besoffen war er. Ich sagte nur okay okay, viel mehr konnte ich mit dem Rohr im Mund auch nicht sagen. Die bande kletterte auf die Pritsche und ich fuhr los. Die Typen waren so beoffen, dass sie nicht bemerkten, dass ich Kehrtwende machte und zurück nach Paoua fuhr, wo ich her kam. Dort lieferte ich sie unter lautem Protestgeschrei vor dem Tor der Minikaserne ab. Meine Baustellenkontrolle in dem ca 120 km entfernten Bocaranga war damit abgesagt.



    Es ist nicht alles Gold was glänzt oder außen hui, innen pfui, was Hotels betrifft.

    Für ca. 40 Euro sollte man was besseres erwarten.


    ich lesen mit Spannung mit!

    Viele Grüße

    horas

    Schulkinder in Uganda

  • war wohl der selbe Architekt am Werk wie in Äthiopien

    LOL.


    Ich wollte Deinem Beitrag eigentlich ein haha Smilie geben, fand das allerdings bez. Deiner Erlebnisse mit den besoffenen Soldaten dann doch nicht so angebracht. Aber Chapeau, Dein Coup, die Bande als Paket bei der nächstgelegenen Dienststelle mit hoffentlich nüchternem Vorgesetzten abzuliefern, war schon sehr mutig. Konntest ja nicht wissen, WIE besoffen die waren.


    Außer dem gleichen Brückenbauingenieur muss es bei Kibish auch einen deutschen Beamten aus dem Straßenplanungsamt gegeben haben.



    Oder wer sonst kommt auf die Idee, an einem Schotterweg, den am Tag vielleicht zehn Fahrzeuge befahren, so ein Schild zu planen und aufstellen zu lassen. Es gibt ja anscheinen nicht einmal genug Menschen hier, die das Ding demontieren oder klauen, wie man das sonst aus Äthiopien kennt.

  • Der Anführer der Truppe war sofort auf 180 und zog mich aus der Fahrerkabine und droht mir, eine Ladung Blei in den Kopf zu schießen. Voller Wut drückte er mir seine Kalaschnikow in den Mund. Seine Augen drehten sich in unterschiedliche Richtungen, so besoffen war er.

    :o :o :o :o :o :o :o :o


    felix2000 Das Bild mit dem Schild ist göttlich!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • 24. Feb – beim Volk der Dizi


    Eine Stunde nach dem Sonnenaufgang haben wir fertig gepackt und sind unterwegs. Erste Priorität, raus aus dem Niemandsland. Erst als Anzeichen von Zivilisation auftauchen, machen wir an einer Brücke halt und Muller bereitet das Frühstück vor.




    Ich nutze die Zeit, um den Staub und Schweiß der letzten beiden Tage im Fluss unterhalb der Brücke abzuwaschen. Danach fahren wir weiter bis Maji, einem relativ hoch gelegenen Ort. Ein bisschen erinnert er mich an Dorze. Kühler und feuchter ist es hier oben. Die Dizi sind mit 22.000 Angehörigen eine kleinere Ethnie mit eigener Sprache, die in dieser Bergregion leben und vorrangig Ackerbau betreiben. Ansonsten sprechen sie aber auch Amharisch und sind neutral gekleidet. Man könnte also vom Äußeren her nicht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie schließen.




    Unser lokaler Guide hier heißt Daniel. Mit ihm unternehme ich eine Ortsrundgang in Maji. Allerdings drehen sich unsere Gesprächsthemen weniger um die Dizi, sondern sind eher persönlicher Natur. Es macht einen Riesenspaß, sich mit Daniel zu unterhalten. Irgendwann kommen wir auch auf Borrdee zu sprechen. Als er mitbekommt, dass ich dem Zeug nicht abgeneigt bin, führt er mich zu einer Hütte. Drinnen ist es dunkel und voll, da setze ich mich doch lieber draußen hin. Wo immer ich als Ferenji einen Borrdeebecher in der Hand habe, errege ich Aufsehen. Man drückt mir eine Tomate ich die Hand, zum dazu essen. Eine grüne Paprikaschote, die ich dankend ablehne. Dann will mir jemand ein braunes Pulver geben. Da ich es für eine Droge halte, lehne ich ab. Hinterher stellt sich heraus, dass es Schnupftabak war. Auch nicht besser.











    Hier eine Araqe Destille - der Stoff entsteht in EINEM Brennvorgang. Es werden 4 hochmoderne Destillliergeräte gleichzeitig betrieben.


    Die Nacht verbringen wir wieder im Zelt, eingemummelt im Schlafsack, denn hier wird es des Nachts empfindlich kühl.