Krieg in Äthiopien

  • Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed facht den ethnischen Hass gegenüber den Tigrayern immer weiter an. Deren Verbände sind unterdessen auf dem Vormarsch. Der Krieg droht das ganze Land zu erfassen ....mehr hier....


    :confused:

  • Hmmm, ich registriere es seit Langem mit immer größerem Entsetzen. Den kriegerischen Konflikt verfolge ich seit November. Einiges dazu hatte ich bereits in meinem Reisebericht geschrieben. Es gibt nur sehr wenige Meldungen darüber in unserer hiesigen Medienlandschaft. Tigray ist physisch und medial abgeschottet, damit so wenig wie möglich nach außen dringt. Das Wenige, was es nach draußen schafft, verfolge ich fast täglich auf BBC-Amharic. Leider muss man sagen, dass ALLE beteiligten Parteien (Eritreamilitär, Tigray-Kämpfer, äthiopisches Federaltruppen und die amharischen Nationalisten-Milizen) sich einen Dreck um Völker- und Menschenrechte scheren. Das nun weitere Milizkräfte aus anderen Landesregionen dazu gezogen werden, wird es noch schlimmer machen. Ich bin inzwischen der Meinung, das wird sich noch lange hinziehen, wie damals der Grenzkrieg zwischen Äthiopien und Eritrea, weil keine Seite stark genug ist, um einen militärischen Sieg von Dauer zu erringen. Es wird auch die Abspaltungsbewegungen in den Regionen Somali, Oromia und Benishangul weiter anheizen. ;(<X;(<X

  • Ministerpräsident des Regionalstaates Amhara, Agenehu Teshager, ruft alle jungen Menschen zu den Waffen.


    In einer Erklärung des Präsidenten vom Sonntag beginnt die Kampagne am Montag (heute). Alle, die bewaffnet sind, ob mit Regierungswaffen oder mit persönlichen Waffen sind aufgerufen und "Jeder junge Mensch, der für die Kampagne in Frage kommt, muss fürs Überleben kämpfen."


    Jeder sollte positiv auf den Aufruf reagieren Das hat die Regierung laut Landesmedien betont.


    Einen ähnlichen Aufruf hat Regionalpräsident Awal Arba der Afar-Regionalregierung gestartet. "Jeder Afar sollte sein Land so gut wie möglich schützen. Sei es mit Kugeln, Stöcken oder Steinen".


    (Quelle BBC Amharic) Anmerkung: Eigene Übersetztung aus dem Amharischen


    Rekrutierungsprobleme scheint man in Tigray nicht zu haben. Das Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung dort, treibt die Tigrinya scharenweise in den Kampf.

    https://www.derstandard.de/sto…maximum-an-terror?ref=rec

    https://www.derstandard.de/sto…-soll-ausgehungert-werden

  • Die Tigray-Truppen haben offenbar die historische Stadt Lalibela besetzt.


    Nachdem in den vergangenen Tagen Rebellenaktivitäten in der Nähe der Stadt stattfanden, sind sie heute Nachmittag gegen 13.00 Uhr in die Stadt eingerückt. Das berichteten Einwohner der Stadt, sowie der stellvertretende Bürgermeister Manfredo Tadesse gegenüber der BBC. Die Stadt ist nach Angaben Tadesses kampflos an die Rebellen gefallen. Die Sicherheitskräfte seien zuvor geflohen.


    Auch Reuters berichtet unter Berufung auf Augenzeugen, Aufständische hätten die Kontrolle über die amharische Stadt übernommen.


    Quelle: BBC Amharic, aus eigener Übersetzung


    Eigene Anmerkung: Die Stadt ist berühmt für ihre Felsenkirchen, Weltkulturerbe. Der Verlust der Stadt ist eine herbe Niederlage mit Symbolwirkung für Abiy Ahmed und ein Zeichen der Schwäche der Zentralregierung.

  • Hallo Ingo,


    danke für die Info.

    Ich habe das heute leider auch schon gehört. Neben dem ganzen menschlichen Leid hoffe ich, dass jetzt die Felsenkirchen sowie weitere wichtige historische Kulturgüter diesen Konflikt überstehen.


    Wie ist Deine persönliche Einschätzung: Haben die Rebellen ein Interesse daran, diese zu erhalten oder eher nicht?


    Hast Du Nachricht von Muller und seiner Familie? Geht es Ihnen gut?


    Es ist alles so traurig und sinnlos.


    Viele Grüße

    Sabine

  • ...... dass jetzt die Felsenkirchen sowie weitere wichtige historische Kulturgüter diesen Konflikt überstehen.


    Wie ist Deine persönliche Einschätzung: Haben die Rebellen ein Interesse daran, diese zu erhalten oder eher nicht?

    Das glaube ich eher nicht. Die Tigrinya sind nicht die Taliban (zerstörten vor 20 Jahren sinnlos die großen Buddha-Statuen vom Bamiyan). Tigrinya teilen denselben Glauben und die gleiche religiöse Kultur. Sie werden daher nicht mutwillig die Kulturgüter in Lalibela zerstören. Denn sie würden dadurch ihren eigenen historischen Background angreifen. Axum in Tigray, sowie Lalibela und Gonder in Amhara, sind DIE drei historischen Königs-/Kaiserorte der über tausendjährigen Geschichte Äthiopiens. Eher wäre es denkbar, dass die Kulturgüter aufgrund von noch kommenden Kampfhandlungen Schaden nehmen oder Soldaten versuchen des persönlichen Vorteils willen Kulturschätze zu plündern.


    Nachtrag:

    Außerdem will es sich in dieser medial vernetzten Welt keine Konfliktpartei mehr leisten, vor der Weltöffentlichkeit als Bad Guy dazustehen. Jedenfalls keine, die nicht total verpeilt ist. Ein sinnloser Akt der Kulturbarberei würden dem Ansehen nur schaden, ohne irgendeinen militärischen oder politischen Vorteil zu bringen.

  • Nach Berichten auf BBC Amharic werden TPLF Truppen beschuldigt, in der Süd Gonder Zone umfangreiche Plünderungen und Zerstörungen an öffentlicher Infrastruktur wie Banken, Gesundheitseinrichtungen, Schulen, technischen Einrichtungen sowie privatem Eigentum begangen zu haben. Betroffen sind die Ortschaften Gayint, Nifas, Gobgob Salih, Guna, Gemdir und Farta. Im östlich davon gelegenen Debrezebit-Gebiet gebe es seit drei bis vier Tagen schwere Kämpfe. Nach Angaben von Einwohnern wird von etlichen Toten berichtet.


    Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Meldungen ist das allerdings sehr aufschlussreich. Gelang es doch den Tigray-Truppen, sich von Lalibela aus entlang der in Google-Maps als B22 ausgewiesenen Straße zumindest temporär bis auf gute 50 Kilometer auf Bahir Dar, der Amhara Provinzhauptstadt am Südende des Tanasees tief ins amharische Kerngebiet vorzukämpfen.


    Sollte es den Rebellentruppen gelingen, die von Bahir Dar nach Norden führende B30 (in Google-Maps) zu kontrollieren, wäre das nördliche Amhara-Gebiet mit Gonder abgeschnitten. Ob auch die Provinzhauptstadt selbst das Ziel der Tigray-Truppen ist, wird sich noch zeigen.

  • Die Bundesregierung hat gestern alle Deutschen aufgefordert Äthiopien zu verlassen. Zuvor gab es solche Aufrufe bereits seitens der USA und Großbritanniens. Erste Länder haben damit begonnen nicht essenzielles Botschaftspersonal abzuziehen. International geht man anscheinend von einem Kampf um die Hauptstadt aus.


    Die Rebellenarmee kämpft sich in Richtung Addis Abeba vor und ist entschlossen, die derzeitige Regierung zu vertreiben.


    An ein schnelles Ende des Krieges glaube ich nicht. Selbst wenn es den Aufständischen gelingt, die Regierung zu stürzen, denke ich es wird danach weiter zu Kämpfen um die Macht im Land kommen. Derweil befinden sich die Wirtschaft und die Währung des Landes im freien Fall.


    Anfang November wurde in ganz Äthiopien der Ausnahmezustand verhängt. Was der Regierung weitreichende Notstands- und Willkürvollmachten ermöglicht. :(

  • Das ist dramatisch!


    Vor einigen Wochen noch (oder ist es nur Tage her?) schrieb Muller, dass das Reisen im Süden Äthiopiens möglich und sicher sei. Abgesehen davon, dass ich an deine "Hitchhiker" denken musste, hatte ich ein bisschen den Verdacht, dass da bei Muller vor allem die Hoffnung eine Rolle spielte, dass alles wieder gut wird bei dem Statement.


    Das Land ist wirklich gebeutelt. Ich fürchte, es wird viele Jahre dauern, bis der Tourismus wieder auf dem Stand ist wie 2018/2019.


    Aber hierbei geht es ja nicht nur um Tourismus. Es beginnt ja beim täglichen Leben und der Angst schon beim Aufstehen, was alles den Tag über passieren kann, wie man die nächsten Wochen und Monate auf die Reihe bekommt.


    Ich kann bei solchen Nachrichten immer wieder nur dankbar sein, dass wir hier im Alltag nur Sorgen haben müssen, wie man über den kommenden Corona-Winter kommt. Da relativiert sich so einiges.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Die Macht der Taten, Bilder und Worte – Kriegspropaganda


    Ein weit bekanntes Zitat geht mir seit Monaten im Geist herum: „Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit“.


    Da ich nun schon seit über einem Jahr den Krieg und die Berichterstattung darüber im Netz verfolge, kann ich obigen Zitat vollauf zustimmen. Die Propagandamaschine beider Seiten läuft auf Hochtouren, es wird von tausenden von Toten Kämpfern berichtet, natürlich jeweils nur auf der Gegenseite, von Erfolgen im Kriegsverlauf und der unbedingten Zuversicht alsbald siegreich zu sein und von Gräueltaten und böswilliger Zerstörungen und Plünderungen der Gegenseite an Infrastruktur und privatem Eigentum im Konfliktgebiet.


    Unterstützend dabei wurde im Oktober die mediale Berichterstattung auf Seiten der äthiopischen Regierung per Regierungsproklamation gleichgeschaltet. Allein die Meldungen aus dem Propagandafilter sind zu berichten und als Wahrheit zugelassen. Gemäß Artikel 4, Unterartikel 10 der Proklamation, die für vorerst sechs Monate im ganzen Land umgesetzt wird, gibt es eine Bestimmung für Medien und Journalisten.


    Es gilt das „Verbot oder Verbreitung jeder Art von Rede, die der Ausrufung des Ausnahmezustands widerspricht und zum Erfolg terroristischer Gruppen beiträgt, terroristische Gruppen ermutigt und Zivilisten einschüchtert“.


    In der Proklamation heißt es, dass die Exekutive "die Suspendierung oder den Widerruf jedes Medienunternehmens oder Journalisten anordnen kann, von dem sie glaubt, dass es terroristischen Gruppen direkt oder indirekt moralische Unterstützung bietet". Wobei mit terroristischen Gruppen die Tigray-Rebellen TPLF sowie deren militärischer Arm TDF gemeint sind.


    Da kamen die Aufrufe u.a. Großbritanniens, der USA und Deutschlands an ihre Bürger, Äthiopien zu verlassen höchst ungelegen. Legten sie doch die Auffassung nahe, es sei nicht mehr sicher genug im Land. Dementsprechend verärgert reagierte man auch seitens der äthiopischen Regierung darauf.


    Einer der letzten Propagandaschachzüge war die Meldung, Premier Abiy Ahmed begebe sich persönlich an die Front, um die Truppen zu führen, wie in der Tradition der alten Könige. Es wurden Bilder und Videos veröffentlicht, in denen der Premier durch den Busch und in die Berge streift, mit Sonnenbrille den Horizont absucht und unter einem Baum mit Soldaten spricht. Die Botschaft, die Ahmed dabei im Gepäck hatte lautet: "Jeder, der eines der am meisten bewunderten Kinder Äthiopiens sein will, steht heute für sein Land auf; lasst uns von Angesicht zu Angesicht begegnen."


    Damit soll die Moral der Truppen und der äthiopische Nationalismus gestärkt werden, sowie Nationalhelden wie z.B. Langstreckenläufer Haile Gebreselassie ermutigt werden, den Krieg zu unterstützen.


    Und so seltsam es auch aus zumindest meiner europäischen Sichtweise erscheinen mag, es scheint vorerst zu funktionieren. Tausende von Menschen wurden mobilisiert, sich der Armee und der Amhara-Miliz anzuschließen. Es gelang die Rebellen weiträumig zurückzudrängen. Dies bedeutet, dass die Rebellen wichtige eroberte Städte wieder verloren haben.


    Unter anderem tauchte dabei heute in diesem Zusammenhang in einem Artikel die Meldung auf, die TDF-Kämpfer befanden sich rund um Debre Berhan, nur noch 130 Kilometer östlich der Hauptstadt Addis Abeba entfernt, mussten aber 400 Kilometer nach Woldiya zurückweichen. Bislang wurde ja offiziell vehement bestritten, dass sich die Rebellen der Hauptstadt nähern. Derartige Meldungen seien böswillige Äußerungen und Einmischungen ausländischer Mächte. Auch die bislang noch nicht bestätigten Meldungen über Lalibela erscheinen nun gesichert. Die historische Stadt hat seit dem Sommer mehrfach den Besitzer gewechselt. Erst von Rebellen besetzt, dann von der äthiopischen Armee befreit und nun wieder unter Kontrolle der TDF.


    Quelle: BBC Amharic

  • Es ist schön, auch mal gute Nachrichten aus diesem Land zu lesen.


    Möglicherweise ein erster Schritt in Richtung Frieden.


    Erstmals seit Kriegsbeginn Nov. 2020 signalisieren beide Konfliktparteien einer Waffenruhe grundsätzlich zuzustimmen.


    https://www.nzz.ch/internation…waffenruhe-ein-ld.1676367


    In den letzten Wochen war es auffallend ruhig in der Nachrichtenlage über die Konfliktsituation, selbst auf der Plattform, wo noch die meisten News abzugreifen waren.

  • Bin gerade am Auffrischen meiner Ethiopian-Musik-Sammlung durch aktuelle neue Titel. Die Äthiopier veröffentlichen anders als hier in Europa einzelne neue Titel und keine ganzen Alben. Das Veröffentlichungsmedium ist dort wohl hauptsächlich das Musikvideo auf youtube. Gut für mich, komme ich doch so immer an die aktuellen Titel =), CDs oder Streams können sich die wenigsten leisten.


    Der Konflikt im Norden hat auch Einfluss auf die Musik bzw. die Musikvideos. Man ist gern patriotisch. Hier in D würde man nationalistisch dazu sagen. Man beachte die Bildsprache in den Videos.


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    Die Verfechter der Einheit Äthiopiens.


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    Die Vertreter der abtrünnigen Tigray Provinz.

  • Da folgender Spiegel-Artikel derzeit nur im Abo zugänglich ist, mir aber die pdf des Artikels zugeschickt wurde, hier die wichtigsten Inhalte:


    *******

    Seit dem 24. August sind in der abtrünnigen Tigray-Provinz wieder heftige Kämpfe ausgebrochen, wobei nach Schätzungen über 100.000 Tote zu beklagen sind.

    Der Krieg, der Ende Okt. 2020 ausbrach, gilt seither als einer der brutalsten weltweit in unserer Zeit.

    Samantha Power (Chefin der US-Hilfsorganisation USAID) warnte, dass auch die Flüchtlingslager angegriffen werden, Zufluchtsort für Millonnen von Kriegsvertriebenen. Power: »Die erschütternden menschlichen Kosten dieses Konflikts sollten das Gewissen der Welt erschüttern.«

    Die in Zentral-Tigray gelegene Stadt Shire, eine der größten in dieser Provonz, ist von äthiopischen Truppen und ihrer eritreischen Verbündeten eingenommen worden.

    Das Gesundheitssystem in Tigray ist völlig zusammengebrochen.

    Vergewaltigungen und Hunger werden gegen die Bevölkerung Tigrays großflächig als Waffe eingesetzt. Besonders schwere Kriegsverbrechen werden den Soldaten Eritreas und den amharischen Kämpfern vorgeworfen.

    Dabei hatte es im Sommer bei ersten von den Amerikanern vermittelten Friedensgesprächen noch so ausgesehen, als könne der Konflikt beigelegt werden. Aber Premier Abiy Ahmed hat sich für die Weiterführung des Krieges entschieden.

    Abiy Ahmed hatte bereits im Vorfeld der erneuten Kämpfe Truppen nach Eritrea verlegt und sich dort zusammen mit Diktator Afewerki auf den neuen Feldzug vorbereitet.

    Diplomaten berichten von brutalsten Greäueltaten, von Enthauptungen und auf Holzstöcke gespießte Köpfe. Als besonders brutal gelten dabei die eritreischen Soldaten.

    WHO-Chef Ghebreyesus warnte, dass es nur noch ein kleines Zeitfenster zum Verhindern eines Genozids gebe. Wobei schon jetzt gehäuft Berichte über Plünderungen, Massenvertreibungen, Massaker und Vergewaltigungen vorliegen. »Wir werden Zeugen eines Völkermords«, so de Waal. (Äthiopien-Experte Alex de Waal, Direktor der World Peace Foundation an der Tufts University bei Boston.) »Isaias (Afewerki) hat aus seinen genozidalen Absichten nie einen Hehl gemacht. Und Abiy ist bereit, mitzumachen.«

    An diesem Montag treffen sich die Kriegssparteien nun zu Gesprächen in Südafrika.

    ******


    Und in einem Bericht von BBC-Amharic ist folgendes zu lesen (auszugsweise übersetzt):


    *******Die Schlacht von Tigray. Wo Leichen zum Abendessen für Hyänen werden.


    Nach Schätzungen bisher starben 100.000de im Krieg.


    Vor dem Krieg war Tigray ein Touristenziel. Es ist die Heimat von Felsenkirchen, alten Moscheen und uralten in Geez geschriebene Aufzeichnungen. Heute ist Tigray zu einem Schlachtfeld geworden.


    Tigray wird seit 17 Monaten ohne Zugang zu Banken, Telefone, Internet und Medienberichterstattung belagert.


    Kürzlich eroberten die vereinten Kräfte Äthiopiens und Eritreas Gebiete von Tigray zurück, einschließlich der Schlüsselstadt Shiren. „Mindestens 500.000 eritreische und äthiopische Soldaten nehmen direkt am Krieg teil“, sagte Alex D. Waal, Geschäftsführer der World Peace Foundation in Amerika. „Es gibt 200.000 Soldaten auf der Tigray-Seite“, sagte er.


    Abdurrahman Said, ein in Großbritannien ansässiger Analyst für afrikanische Angelegenheiten, sagte dass 700.000 bis 800.000 Menschen in dem zweijährigen Krieg ihr Leben verloren haben. „Der Krieg ist der schlimmste in der Geschichte Äthiopiens“, fügte er hinzu.


    Faisal Roble, ein in den Vereinigten Staaten ansässiger Analyst am Horn von Afrika, schätzt die Zahl der Menschen, die im Krieg starben, in die Nähe von Abdurahmans. „Ungefähr 500.000 Menschen starben in den ersten beiden Teilen des Krieges. In der dritten Runde müssen 100.000 Menschen gestorben sein“, sagte er.


    Faisal sagt auch, dass das Kommando der äthiopischen Luftwaffe nach Asmara, der Hauptstadt von Eritrea, verlegt wurde. Wenn Kampfjets vom Sitz der äthiopischen Luftwaffe fliegen würden, würden sie in Asmara starten, das näher an Tigray liegt.


    Abdurahman sagt, dass der Krieg an vier bis sechs Fronten geführt wird und dass Zehntausende äthiopische und eritreische Soldaten in der Nähe von Adigrat stationiert sind. „Sie sind bereit, Adigrat und Mekele anzugreifen.“


    Quellen an vorderster Front sagten der BBC, Äthiopische und eritreische Streitkräfte haben begonnen, sich auf das historische Axum, Adwa und Adigrat zuzubewegen, ********


    Wobei lt. einer BBC Meldung von gestern Adwa inzwischen von Bundestruppen eingenommen wurde.


    Fazit: Ein Krieg, der mindestens genauso grausam und furchtbar ist, wie der in Europa, von dem man aber wenig hört.

  • Update aktuelle Situation


    Nach monatelangem Waffenstillstand im August wiederaufflammenden Kämpfen und Einleitung der 3. Runde im gegenseitigen Morden, besann man sich Ende Oktober plötzlich eines Besseren. Unter Vermittlung der Afrikanischen Union unterzeichneten die TPLF und die Zentralregierung Äthiopiens in Südafrika ein Friedensabkommen und eine Umsetzungsvereinbarung darüber.


    Warum dieser plötzliche Sinneswandel, nachdem sich Ahmed erst Wochen zuvor für eine Weiterführung des Krieges entschieden hat? Im äthiopischen Parlament äußerte er sich am 15. Nov. so dazu: „Ein endloser Krieg ist Wasser in einem Sieb, man kann nicht nur kämpfend leben.“


    Meint er es ernst oder taktiert er?


    Jetzt trafen sich die Verhandlungsführer in bisher drei Gesprächsrunden über die Umsetzung des Friedensabkommens in Nairobi. Die wichtigsten Gesprächspunkte:


    Den Konflikt dauerhaft beenden,
    humanitäre Hilfe leisten,

    grundlegende Dienstleistungen gewährleisten (Strom, Banken, Telefon, Internet, Verkehrswege etc.)

    TPLF-Kämpfer entwaffnen und

    ausländische Streitkräfte aus Tigray abziehen.


    Inzwischen werden einzelne Punkte davon in Arbeit genommen. Erste Hilfslieferungen hat es gegeben, die ersten regulären Flugverbindungen nach Tigray soll es bald wieder geben, die ersten Bankdienstleistungen werden in drei Städten wieder angeboten, in Mekele gibt es wieder Strom.


    Das Land ist in einem Schwebezustand zwischen Nicht-Krieg und noch nicht Frieden.


    Was überhaupt noch nicht geklärt ist, wie der Abzug der eritreischen Armee gemanagt werden soll. Vertreter Eritreas saßen nicht mit am Verhandlungstisch in Pretroria. Ob Diktator Afewerki seine Soldaten freiwillig aus Tigray abzieht, unklar.


    Ebenso unklar, was ist mit den amharisch besetzten Gebieten in West-Tigray.


    Genau so schleierhaft wie der plötzliche Friedenswille Abiy Ahmeds ist mir die Zustimmung der TPLF zur Entwaffnung ihrer Rebellenarmee. Sind die seit August in derartig große militärische Bedrängnis geraten, um dieses Wagnis so unverhofft eingehen zu müssen? Wie wird Äthiopien mit den entwaffneten Kämpfern umgehen?


    Spannend, ob der Friede dauerhaft gelingt und wann die Touristen wiederkommen.

  • Eritrea ist doch wohl immer noch eines der ärmsten Länder auf unserem Planeten, Äthiopien ist vielleicht etwas besser gestellt was die Wirtschaftslage betrifft. Es kommen Jagdbomber, Panzer, anscheinen Gewehre etc. etc. zum Einsatz.

    Was sagen denn BBC und deine hier aufgelisteten Informationsquellen zu dem Thema Finanzierung des Krieges? das würde mich mal interessieren.


    Ich war in 1995 zum 2. Mal in Masawa, Eritrea und hatte beobachten können, wie ein großer Frachter im Hafen entleert wurde. Es handelte sich ausschließlich um militärische Fahrzeuge, die natürlich mit ihren welchen Waren beladen waren.

    Zufällig traf ich zwei Männer aus Hamburg in meinem Hotel. Sie wollten eigentlich nicht mit mir reden, aber ich wusste vom Hotelmanager, dass sie mit dem Frachter in Verbindung stehen und so ließ ich nicht locker. Ich wollte wissen, was das ganze zu bedeuten hat. Sie erzählten mir, dass es sich um gebrauchte Fahrzeuge und Maschinen aus Bundeswehrbeständen handelt, aber keine Waffen mit im Spiel seien.!? Ich hatte ein paar Tage später den sehr langen Convoy auf der Straße Richtung Asmara überholt. Wenige Wochen später erfuhren wir dann, dass der Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien wieder ausgebrochen war,


    Viele Grüße und geruhsame Feiertage

    horas

  • Ja, erstaunlich nicht. So arm manche Länder auch sind, Geld für Waffen und Munition sind doch irgendwie immer da und Wege, um sie ins Land zu bekommen auch. Runde 2 im Konflikt hat MP Ahmed im Sommer letzten Jahres auch mittels Einsatz von Drohnen türkischer, chinesischer und russischer Herkunft "für sich entschieden". Wie er diesen Krieg finanziert, würde mich auch interessieren. Es ist so verflixt schwierig, verlässliche Informationen darüber zu bekommen.


    Wie Eritreas Diktator diesen Krieg mitfinanziert? Zumindest einmal über eine von Auslandseritreern erhobenen 2%igen sog. Diasporasteuer. Aber auch über „Entführungen“ bzw. Festsetzungen. Zum Beispiel sollte mein in D lebender eritreischer Freund Mehrtab 3000 Euro für die Freilassung eines seiner Brüder bezahlen, der als in Tigray lebender Eritreaflüchtling von Militärs festgesetzt und verschleppt wurde.


    Interessant auch, die 2009 vom Sicherheitsrat der UN verhängten Sanktionen gegen Eritrea wg. dieser Diasporasteuer wurden im Nov. 18 auf Betreiben Abiy Ahmeds nach dessen Friedensschluss mit Nachbardiktator Afewerki aufgehoben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


    Dir auch ein friedvolles Fest bzw. መልካም የገና በዓል

  • Was in Mahibere Dego (Zentral Zone - Tigray) geschah. Ein Beteiligter filmte und berichtet.

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  • Da ich nicht weiß, inwieweit es die Infos überhaupt bis nach Deutschland geschafft haben, die Äthiopier haben offenbar noch nicht genug vom Krieg. Ein neuer Konflikt in der Amhara-Region ist vor einigen Wochen ausgebrochen.


    Der Hintergrund; grob gesagt ist es ähnlich wie bei dem Wagner Aufstand in Russland.


    MP Abiy sind die regionalen Milizen, mit denen er gemeinsam vor Monaten noch die Tigray-Separatisten bekämpfte JETZT zu eigenständig. Er sieht eine mögliche Gefahr für seine Macht darin, deshalb möchte er die Milizen gern in die regulären Truppen eingliedern. Daran haben die aber nun so gar kein Interesse. Man man man.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Amhara-Krieg

    https://www.zeit.de/politik/au…%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

  • In Lalibela wird gekämpft. Wieder mal. X( X(


    Seit gestern Morgen kommt es in der historischen Stadt Lalibela und ihrer Umgebung zu heftigen Gefechten auch mit schweren Waffen zwischen Regierungskräften und Fano-Kämpfern.


    Der Konflikt in der Amhara-Region zwischen den regionalen Einheiten sowie den Milizen und der Zentralregierung ist dabei sich auszuweiten.


    Anwohner berichteten von vielen Verletzten. Ein Diakon sagte, das einzelne verirrte Gewehrkugeln die metallischen Schutzdächer der historischen Kirchen getroffen hätten.


    https://www.bbc.com/amharic/articles/c4n8lpg25lko

  • Neue Unruhe am Horn von Afrika


    Gestern unterzeichneten Äthiopiens MP Abiy Ahmed und Moses Bahi, „Präsident“ von „Somaliland“ ein MoU - Memorandum of Understanding, welches Äthiopien für 50 Jahre einen 20 km langen Küstenstreifen sichert, zum Bau eines von Abiy Ahmed lange ersehnten Seehafens einschließlich einer Militärbasis.


    Somaliland ist ein international nicht anerkannter Teil im Norden von Somalia, welcher sich 1991 für autonom erklärt hat. Nicht zu verwechseln mit Somali, einer der Regionen Äthiopiens.


    Im Gegenzug erhält Somaliland einen Anteil an der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines UND die offizielle Anerkennung Äthiopiens als eigenständiger Staat.


    Somalia ist not amused und sieht das als Affront, als eklatanten Angriff auf die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität Somalias. Das Abkommen habe keinerlei Rechtsgrundlage. Niemand darf auch nur einen Zentimeter somalischen Landes berühren. Somalia sei bereit, Somalias Luft, Land und Meer zu verteidigen.


    https://taz.de/Kriegsgefahr-am-Horn-von-Afrika/!5979826/

    https://www.dw.com/de/somalia-…mit-somaliland/a-67878497

    https://www.derstandard.de/sto…mit-separatisten-erzuernt


    Hmm… :-/