Vierte Welle trifft Japan mit voller Wucht

  • Die Welt zu Gast im Corona-Hotspot? In zehn Wochen will Japan zu den Olympischen Spielen empfangen.

    Doch das Land wird gerade hart von einer neuen Corona-Welle getroffen. Pflegeverbände warnen: Das Gesundheitssystem ist längst zusammengebrochen.

    Zehn Wochen vor dem geplanten Beginn der Olympischen Spiele kämpft Japan mit einer mittlerweile vierten Corona-Welle.

    ......

    Erst 3,2 Prozent der Bevölkerung haben eine Impfung erhalten.....


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    :shock:

  • Wenn ich einen Tipp abgeben soll, würde ich meinen, die sagen die Spiele noch ab. Ich denke die Vernunft wird siegen. Warum die Impfquote in diesem sonst so vorbildlichen und hochentwickelten Land so niedrig ist, frage ich mich allerdings schon. Gerade wegen der Überalterung hätte ich eher auf eine hohe Impfquote gesetzt.

  • Warum die Impfquote in diesem sonst so vorbildlichen und hochentwickelten Land so niedrig ist, frage ich mich allerdings schon. Gerade wegen der Überalterung hätte ich eher auf eine hohe Impfquote gesetzt.

    Bisher ist japan eigentlich ganz gut durchgekommen. Ca. 11.000 Corona-Tote bei einer Gesamtbevölkerung von über 120 Millionen. Und das vor dem Hintergrund einer hohen Bevölkerungsdichte und einer überalterten Bevölkerung. Vielleicht ist man da der Meinung, dass man keine groß angelegte Impfkampagne braucht.

  • Wenn ich einen Tipp abgeben soll, würde ich meinen, die sagen die Spiele noch ab. Ich denke die Vernunft wird siegen.

    Das denke und hoffe ich auch!


    Bisher ist japan eigentlich ganz gut durchgekommen. Ca. 11.000 Corona-Tote bei einer Gesamtbevölkerung von über 120 Millionen. Und das vor dem Hintergrund einer hohen Bevölkerungsdichte und einer überalterten Bevölkerung. Vielleicht ist man da der Meinung, dass man keine groß angelegte Impfkampagne braucht.

    Das ist wirklich erstaunlich. Irgendwer irgendwo auf der Welt hat mit diesem Mistvirus immer mal die Nase vorn und erlebt dann einen herben Rückschlag. Wahrscheinlich sollte man sich nie zu sicher sein:


    Erst haben Deutschland, Neuseeland, Australien sich prima geschlagen.

    Dann war den Sommer über in Europa alles ruhig. Irgendwann ging es Indien gut und versinkt nun inklusive der Nachbarländer im Chaos.

    Zwischendurch tun sich GB und die USA hervor mit prima Impffortschritten, aber in den USA lässt die Impfbegeisterung nun nach und in GB macht sich die indische Variante breit.

    Und im Herbst und Winter, als es bei uns wieder rund ging, schauten alle neiderfüllt auf Asien, wo aber offenbar doch nicht alles richtig gemacht wurde, wenn man die aktuellen Berichte aus Japan liest und sich den Impffortschritt in einigen der Länder ansieht.


    Warum in Japan nicht schneller geimpft wurde, frage ich mich auch. Dass es in weiten Teilen Afrikas hinsichtlich der Infrastruktur und der Lagerung nicht leicht ist, systematisch zu impfen, dürfte klar sein. Aber warum liegen eher wohlhabende und moderne Länder wie Taiwan, Thailand, Malaysia, Japan, Südkorea immer noch bei unter 10 Impfdosen pro 100 Einwohner, während sie doch durch das ganze Jahr 2020 so gut wussten, was gut und richtig ist in der Pandemie?

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Aber warum liegen eher wohlhabende und moderne Länder wie Taiwan, Thailand, Malaysia, Japan, Südkorea immer noch bei unter 10 Impfdosen pro 100 Einwohner, während sie doch durch das ganze Jahr 2020 so gut wussten, was gut und richtig ist in der Pandemie?

    Teils hatte man da wohl mit einer Abschottung die Sache gut im Griff. Längerfristig dürfte das eine Sackgasse sein. Aber vielleicht hängen die Länder gar nicht so sehr hinterher. Je mehr Impfstoff verfügbar ist, desto schneller dürfte auch eine gute Impfquote erreichbar sein, wenn die Logistik ansonsten stimmt. Und an der Logistik sollte es beispielsweise in Japan nicht scheitern.

  • Bei Japan verhält es sich schon ziemlich speziell. Schlagzeilen, wie "vierte Welle trifft Japan mit voller Wucht" und "Corona-Hotspot" erwecken Horrorvorstellungen, welche sich aber relativieren, wenn man die bloßen Zahlen mit Deutschland vergleicht, welches mehr als 50 Mio weniger Einwohner und nicht annähernd solche Ballungszentren besitzt.

    Während wir schon mit Abklingen der "3. Welle" auf neue Freiheiten fiebern, haben wir täglich noch deutlich mehr Neuinfektionen (Sonntag Deutschland: 8.500, Japan: 5.261). Die Inzidenz in Japan liegt gerade mal bei 36. Und dass alles ohne harten Lockdown. Ich habe erst letztens nachgeschaut, Flohmärkte finden ganz normal statt. Viele Restaurants haben unter Auflagen offen, genauso Geschäfte. Einzig diverse Museen haben seit Ende April wieder temporär geschlossen (Notstandserklärung ab 25. April in Osaka, Tokio und Hyogo). Gegenüber der 2020er Golden Week, bei der Japan de facto Stillstand, gab es 2021 ein vorsichtiges, aber merkbares Reiseverhalten der Japaner. Okinawa war wohl beliebtestes Ziel der Urlauber.

    Verglichen mit Deutschland sind die letzten beiden Japan-Wellen eher Wellchen.

    Was aber bemerkenswert ist - und ich fürchte, da bewegen wir uns auch langsam aber sicher hin - , dass das Gesundheitswesen, insbesondere die Krankenhäuser und Intensivstationen, nicht annähern die Kapazitäten besitzen um in der momentanen Situation adäquat leisten zu können. Das wirkt sich wohl auch auf die Impfsituation aus. Vorhandener Impfstoff kann organisatorisch nur sehr schleppend verimpft werden. Dass die Kampagne so spät anlief, hing auch mit den Zulassungsverfahren zusammen. Japan wollte eigene Studien auf Basis seiner Bevölkerung erstellen.

    Die Unzufriedenheit der Bevölkerung über den Umgang der Regierung mit der Pandemie wächst, was wahrscheinlich die Impfkampagne forcieren wird.

    Aber ich betone noch mal, aus eigener Erfahrung auf Basis unserer Kontakte mit der ehem. "Pflegefamilie" meiner Tochter - und auch wenn der von Erhard verlinkte Focus-Beitrag was anderes suggeriert. Aus Sicht der Japaner sind wir hier in Deutschland, bzw. in Europa coronatechnisch deutlich tiefer im A...;)

  • Danke für eure Meinungen und Kommentare.

    Wir werden uns erst heuer im Spätherbst entscheiden, ob wir im März/April 2022 nach Japan reisen. 2020 und auch 2021 ist ja leider Corona zum Opfer gefallen.

    Interessant wird auch noch, ob die Olympischen Sommer Spiele heuer in Japan stattfinden.

    Mein Bauchgefühl sagt mir eher nein.

    Der Artikel im Fokus ist natürlich schon etwas reißerisch. Aber so ist das heute eben, jeder braucht seine Schlagzeilen



    :thumbup:

  • Jetzt kurz vor Peng komplett die Spiele zu canceln wäre natürlich der Hammer. Denn hinter den Kulissen laufen ja sämtliche Zahnräder des riesigen Rattenschwanzes, der da dran hängt. Ich denke es ist nicht minder ein Politikum in Japan, dass bestimmte Interessensgemeinschaften jetzt erst recht noch mal in die Kontra-Kerbe hauen für etwas, was ohnehin nicht zu ändern ist und absehbar war.


    Ursprünglich sollte die Olympiade eine Generalprobe für eine vorsichtige Öffnung des Tourismus werden. Davon sind wir weit entfernt, denn die Japaner lassen ja nicht mal Touristen aus Ländern rein, welche kaum von der Pandemie betroffen sind.

    Und da die Japaner die Preußen Asiens sind und deshalb die Mühlen sehr langsam mahlen, gepaart mit dem Motto, wer nichts macht, macht auch keine Fehler, sehe ich selbst für 2022 recht schwarz...


    ...was aber nicht heißt, dass ich Euch ( Erhard) nicht kräftig die Daumen drücke!

  • Was aber bemerkenswert ist - und ich fürchte, da bewegen wir uns auch langsam aber sicher hin - , dass das Gesundheitswesen, insbesondere die Krankenhäuser und Intensivstationen, nicht annähern die Kapazitäten besitzen um in der momentanen Situation adäquat leisten zu können.

    Das hatte mich am meisten erstaunt. Ich war bisher fest davon überzeugt, dass Japan ausgesprochen gut versorgt und auf höchstem Stand sein müsste.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • @ Inspired, ohjeh, ich bin kein Kenner des jap. Gesundheitssystems, aber so wie ich das verstanden habe, laufen in Japan einige Uhren diesbezüglich anders.

    In Japan gehst Du zu keinem Hausarzt wie bei uns, sondern zum Arzt in eine Klinik. Neben den bei uns üblichen "großen" Krankenhäusern gibt es deshalb eine Vielzahl winziger Kliniken mit weniger als 20 Betten. Die werden überwiegend privat, aber gesetzlich verpflichtend gemeinnützig geführt. Dadurch hat in Japan de facto jeder Recht auf eine "private" Behandlung vom Arzt seiner Wahl. Und je nach Geldbeutel und Versicherung kannst Du auf eine bestimmte Behandlung bestehen.

    Im Verhältnis Einwohner/Krankenhausbetten ist Japan deshalb tatsächlich Weltspitze, aber was Intensivmedizinische Betten angeht (da habe ich Zahlen von 7 bis 13 pro 100.000 Einwohner gefunden), besitz Japan gerade mal ein Drittel der Kapazität Deutschlands. Entsprechend mager ist die Versorgung von Intensivmedizinern und Intensivmedizinisches Pflegepersonal.

    Das ist sicherlich verwunderlich, da Japan latent von Erdbeben, Vulkanausbrüchen und Tsunamis bedroht wird.

    Ein weitere Merkwürdigkeit ist, so habe ich das in einem Wirtschaftsmagazin noch zu Beginn der Pandemie letzten Jahres gelesen, dass die schwere der Covid-Erkrankung für die stationäre Aufnahme keine Rolle spielte, sondern schlicht der Umstand Infiziert zu sein. So waren viele Betten mit Patienten belegt, die diesen Platz im Grunde überhaupt nicht benötigten.

  • Nachtrag: bei der 2. Welle beschloss die Regierung Strafen bis zu umgerechnet EUR 4.000,00, für z.B. Restaurants, welche nicht wie verordnet 20:00 schlossen. Die gleiche Geldstrafe drohte Menschen, die trotz Infektion nicht in ein Krankenhaus wollten.

    Für Infizierte, leichte und minderschwere Fälle wurden Hotels eingerichtet. Man traut wohl den Leuten für Quarantäne zu Hause nicht übern Weg...

  • Und gerade wurde bei Spiegel ein interessanter Artikel veröffentlicht, allerdings hinter der Bezahlschranke. Da wird auch der politische Hintergrund beleuchtet. Premier Suga hält demnach stur an den Spielen fest, weil er sonst wenig vorzuweisen hat. Tokios Gouverneurin Koike könnte versuchen, sich mit einer Absage der Spiele im Hinblick auf die Neuwahlen im Herbst für das Amt der Premierministerien in Position zu bringen.

  • Ich bin gespannt, ob sich Suga bis September halten kann. Die Umfragewerte sind ja massiv in den Keller gegangen.

    Zum Impfthema wollte ich nur hinzufügen, dass abgesehen davon, dass Japan, wie Sabiji schon erwähnt hat, erst spät angefangen hat zu impfen, morgen erst entschieden wird, ob man weitere Impfstoffe freigibt. D.h. bisher wurde nur mit einem Impfstoff (BioNTech) geimpft.

  • Naja, Premiers haben in Japan keine lange Halbwertszeit. Schaft Suga es noch über den Sommer, hat er fast die "normale Wirkungszeit" erreicht.;)

    bisher wurde nur mit einem Impfstoff (BioNTech) geimpft.

    Jupp, war mein wichtigster Grund, BioNtech zu bevorzugen (wenn ich endlich mal dran bin).

    Vor meinen geistigen Auge sah ich schon irgendwann mal bei der Einreise den Beamten stirnrunzelnd in den Impfpass schauen und hörte ihn sagen: "Alta damit kummst hier net rein! Mach ne Biege!":D

    Aber scheint ja jetzt egal zu werden...

  • Habe ich Erhards Beitrag im Mai noch relativiert, sieht es mittlerweile in Japan ganz anders aus. Auch wenn sich Berlin mit 3,5 Mio Einwohnern mitnichten mit Tokio messen kann, die Zahlen der täglichen Neu-Infizierten sind dort 10mal so hoch:

    https://stopcovid19.metro.tokyo.lg.jp/


    Gleichzeitig unterstreicht dieser Bericht das alte Problem, über dass was ich oben schon schrieb. "Krankenhäuser" sind auch Kleinstkliniken mit weniger als 20 Betten - oftmals ohne Intensivmedizinische Ausrüstung und geschulten Personal. Deswegen auch die hohe Anzahl von Krankenhäusern.

    https://sumikai.com/nachrichte…rona-patienten-ab-297551/

    Ebenfalls schrieb ich weiter oben, das es unter Strafe verpflichtend war, sich bei einer Infektion in ein Krankenhaus aufnehmen zu lassen, was bei den damaligen eher "niedlichen" Wellen zu Bettenknappheit führte. Dann mussten Infizierte ohne oder mit nur leichten Symptomen in umfunktionierte Hotels. Offensichtlich ist man nun dazu übergegangen, dass sich solche Fälle zu Hause auskurieren sollen. Und schon schlagen Berichte über einsam zu Hause Gestorbene hoch. Vorschläge, wirklich nur absolut notwendige Fälle stationär aufzunehmen, stoßen auf scharfe Kritik.

    Gleichzeitig wird die Debatte über einen echten Lockdown zu einem politischen Gefecht. Die Wirtschaft fürchtet in den Fall einen massiven Einbruch. Die Notstände bringen nichts, die Menschen sind den Beschränkungen müde. Der Blick nach Europa zeigt zu dem, dass Lockdowns die Fallzahlen zwar temporär bremst und abbaut, nach jedem Ende der Beschränkung jedoch wieder ansteigen lässt.

    Als einzig sinnvolle Maßnahme werden daher die Impfungen angesehen. Nur das eben die Japaner nicht sonderlich impffreudig sind, die Impfablehnung deutlich höher ist.


    Ich denke, dieser Herbst und Winter wird bei uns entscheidend sein, wie sich die Fallzahlen auswirken. Ob das Impfen tatsächlich die Schärfe aus der Situation nimmt. Daran wird sich auch Japan orientieren, und nur dann wird es einen Hoffnungsschimmer geben, in näherer Zukunft das Land wieder besuchen zu können. Aber momentan sehe ich ehrlich schwarz...