Hallo Reiseliebende!
Bevor es losgeht, der Hinweis, dass der Bericht etwas länger ausfällt, als vielleicht üblicherweise. Wen also Ansammlungen von Buchstaben zu sehr überfordern, der klicke einfach auf das Video und lasse sich forttragen...
Für alle andern, Viel Spaß beim Lesen!
Island, ástin min. Island, meine Liebe
Island in zwei Akten - Fünf Wochen blanker Wahnsinn auf der vielleicht schönsten Insel der Welt (Juni bis August, so ungefähr )
Vier Jahre elendes Warten hatten endlich ein Ende. Es ging wieder los in Richtung meiner Traumdestination Island. Ursprünglich für 2021 geplant, dann aber wegen Corona um ein Jahr verschoben, buchte ich bereits Anfang Dezember mein Ticket für die Fähre, um mit genug Vorfreude durch den tristen Winter zu kommen. Eine knappe Woche vor Abfahrt daheim war das Mopped gepackt und das Gepäck verzurrt.
Am 20. Juni sprang ich nach unruhiger Nacht und wenig Schlaf mit einem guten Frühstück aufs Bike, startete den Motor und zuckelte die 800km nach Hirtshals (Dänemark), von wo am nächsten Tag die Norröna starten würde. Bei gemischten Wetterverhältnissen erreichte ich gegen 18Uhr einen schnuckeligen Campground, nur wenige Kilometer vom Fähranleger entfernt. Zelt aufgebaut, Kocher angeworfen, noch etwas in den Magen befördert und nach einem Verdauungsspaziergang selig in den Schlafsack gekuschelt, nicht, ohne vorher zwei Alarme zu stellen. Man könnte ja die Fähre verschlafen! Ja, ne, is´ klar:-)
Es kam natürlich nicht so. Ich erwachte zeitig bei sonnigem, aber windigen Wetter. Mir gegenüber standen zwei Typen mit VW Bus und Dachzelt.
Ich kam mit ihnen ins Gespräch mit der Frage, ob denn das Dachzelt schon Sturmerprobt sei. Noch nicht, war die Antwort. Dem Gespräch folgte eine Einladung ihrerseits zu einem gemeinsamen Bierchen an Bord, um die zwei Tage Überfahrt totzuschlagen. Das klappte dann auch ganz gut für diesen und den darauffolgenden Tag.
Naja, dann wurde es zum Abend hin hinter den Färöern etwas stürmischer und nachts tat ich dann kaum noch ein Auge zu, weil es mich mehrmals fast aus der Koje haute. An Nahrungsaufnahme war auch nicht mehr zu denken. Es galt zu verhindern, die aufgenommene Nahrung wieder abzugeben. Das gelang dann auch ganz knapp, auch weil ich mich die letzten 2h nur noch an Deck aufhielt und dafür betete, dass die Fähre schnellstmöglich von der offenen See in den Fjord hineinfahre.
Was für eine Erlösung, endlich in ruhigen Gewässern zu verkehren. Seydisfjördur kam dann auch bald in Sicht und es ging aufs Fahrzeugdeck. Ich verabschiedete mich von Robert und Thomas. Wir vereinbarten, dass, wenn es möglich sei, wir uns einen Abend mal zum Essen auf einem der unzähligen Campingplätze Islands treffen würden. Die beiden hatten leider nur zwei Wochen zur Verfügung. Sehr bedauernswert:-)
Es ging recht zügig hinunter vom Schiff. Ich studierte kurz die Wetterkarte und entschied, auf der Ringstraße erstmal Richtung Reykjavik abzubiegen. Auf der Passstraße hoch Richtung Egilsstadir merkte ich dann recht schnell, dass es doch verdammt frisch ist, was die Temperaturen angeht. Im nächsten Ort erstmal an der Tanke einen Burger mit Fritten (oh, hatte ich die vermisst!) einverleibt, dann mein Regenzeug drüber gezogen, um dem arktischen Wind zu trotzen, und fortan entspannt auf der Ringstraße entlang getuckelt. Irgendwann schaltete ich die Griffheizung ein. Junge, Junge, so kalt hatte ich das Inselchen gar nicht mehr in Erinnerung! Es sollte sich später herausstellen, dass ich den kältesten Sommer seit 30 Jahren erwischen werde. Gut, dass ich das zu diesem Zeitpunkt nicht wusste :lol:
An diesem Tag fuhr ich 190km bis auf einen niedlichen Campground (Berunes) , etwa 25km vor Breidalsvik.
Da das Wetter auch weiterhin sehr stürmisch vorhergesagt war und ich einen Monat Zeit hatte, blieb ich hier vier Nächte und genoss die Ruhe und wunderschöne, sich ständig im Licht verändernde Natur der Gegend in vollen Zügen. Einen Tag lang lief ich mit Kamera und Stativ einfach durch die Gegend und fotografierte alles, was mir vor die Linse kam. Ich hatte fast vergessen, wie beeindruckend die hiesige Vogelwelt doch ist.
Mein Rastplatz füllte sich nur abends leicht mit Durchreisenden, die dann meist spätestens um neun wieder verschwunden waren. Ansonsten hatte ich ihn für mich allein.
An Tag drei, es stürmte immer noch ordentlich, wagte ich mich wieder auf die BMW. Leicht bepackt ging es an die Erkundung der Umgebung. Ich wurde in einem langgezogenen, nicht enden wollenden Tal fündig. Über die 964 ging es das erste Mal auf Schotter auf meist bequem befahrbaren Pisten zum Flögufoss, einem beeindruckenden Wasserfall, der oben durch ein Felsauge hinab in die Tiefe fällt. Dort traf ich auf Jaqueline und Marcel, ein supernettes Schweizer Pärchen mit geländegängigem Jeep.
Ein Jahr zuvor waren beide auf Motorrädern hier unterwegs und von ihnen bekam ich dann auch den Tip, dem Tal weiter zu folgen. Sie betreiben für Interessierte einen sehr schönen Reiseblog mit tollen Bildern und Infos.
Ich wurde nicht enttäuscht und befuhr im Folgenden einen der steilsten Pässe Islands, den Öxi, mit 17% Steigung. Erschwerend kam hinzu, dass das Wetter sich rapide verschlechterte und der Regen in Böen fast waagerecht von links immer wieder versuchte, mich umzuwerfen. Zweimal hätte ich fast gelegen. Oben am Gipfel hörte es auf zu stürmen und Nebel, oder auch Wolken, erschwerten mir die Sicht. Kurz noch eine Rettungshütte inspiziert. Oh, die scheint für mich zu sein.
Stefansbud steht dran. Heißt Stefans Hütte. Also meins:-)
Die steht hier bei den sich schnell ändernden Bedingungen nicht grundlos in der Gegend herum. Ich musste nicht hier nächtigen und fuhr auf der 966 langsam bergab Richtung 1. Es klarte recht schnell wieder auf und ich erreichte bei windigem Sonnenschein Berunes. Nachts stürmte es dann weiter.
Boaah, war das anstrengend. Nur 5h mit 80km Schotter und nochmal soviel Asphalt unterwegs und komplett im Eimer. Das konnte ja heiter werden:-(
Am nächsten Morgen fuhr ich nach Breidalsvik, um die Maschine zu betanken und zu Mittag zu essen. Unterwegs entdeckte ich am Wegesrand mehrere Rentierherden, die hier wild leben. Man konnte sich auf gut 100m heranschleichen und das Tele erledigte den Rest.
Nachmittags fuhr ich nochmal den Öxi, diesmal bei schönem Wetter ohne viel Wind. Weiter ging es bis zum Hagafjall, einem wunderschönen See, eingebettet in der bergigen Landschaft.
Zum Abend hin wurde es windstill, aber für den morgigen Tag war Regen angesagt. Da sich das hier für die folgenden Tage nicht ändern sollte, entschied ich mich, weiterzufahren. Es regnete morgens in Strömen, ich zog dicke Sachen und mein Regenzeug über, baute das Zelt ab und packte es in meinen Packsack. Die ersten 35km waren dann so kalt, dass ich nochmal im Restaurant in Breidalsvik einkehrte, mich zwei Stunden aufwärmte und Kohlenhydrate tankte. Als ich gerade aufbrechen wollte, gesellten sich drei Biker zu mir, die ziemlich durchnässt und verfroren schienen. Sie kamen aus der Richtung, die ich nehmen wollte. Keine guten Aussichten also:-( Aber egal. Mein Regenzeug tat, was es soll. Das war die Hauptsache. Weiter ging es. Kurzzeitig kam sogar mal die Sonne heraus. Aber meist regnete es. Nach 120km suchte ich mir einen recht eintönigen Campground (Myllulakur), baute mein nasses Zelt auf, trocknete den Innenbereich, so gut es ging, und packte Isomatte und Schlafsack hinein. Danach erstmal heiß duschen und schon ging es wieder. Etwas auf dem Kocher heiß gemacht
und bald darauf in die Falle. Bei dem Wetter ging hier in der Gegend sowieso nix, auch wenn ich kurz von weitem einen mächtigen Gletscher zu Gesicht bekam.
An Tag 6 packte ich im Nieselregen wieder mein Zelt zusammen. Nasser Sack war die treffende Beschreibung für das Päckchen. Langsam machte ich mir Gedanken, wie das weitergehen soll, wenn der Regen nicht bald mal aufhört, um meine Klamotten trocken zu bekommen:-(
Ich biss auf die Lippen und fuhr weiter. Es wurde zwischendurch mal trocken, aber Sachen wie die berühmte Gletscherlagune versanken in Regenschleiern und ich motivierte mich nicht mal, kurz von der Maschine zu steigen, geschweige denn, sie auszumachen. Unterwegs wärmte ich mich im Cafe Vatnajökull bei zwei Stück leckerem Kuchen und zwei Tassen Kaffee eine Stunde lang auf, tankte nochmal auf und fuhr dann weiter bis nach Vik. Mit Regen kam ich dort an und erkundigte mich auf dem Campground nach einer Hütte mit Heizung, um meine Klamotten und das Zelt mal zu trocknen. Es gab welche für umme 250€ die Nacht. Ich verkniff es mir, baute mein Zelt für 12€ die Nacht unter einem mit nervenden, nistenden Möven drappierten Vogelfelsen auf. Irgendwie ist so ein Zelt ja doch recht kuschelig, wenn die Tropfen aufs Zeltdach pladdern Und nach einer heißen Dusche sieht die Welt sowieso immer etwas optimistischer aus. Auf selber kochen hatte ich keine Lust. Also suchte ich im Ort nach etwas Essbarem. Ein kleines Thai-Restaurant war dann die Rettung. Gegen elf erwischte mich der Schlaf der Gerechten.