Krishna, Rama, Shiva, Buddha, Kali und ich

  • Dienstag 1.11.2022


    Am späten Nachmittag geht mein Flug nach Kolkata. Ich habe im Hotel einen late Check-out vereinbart und kann daher den Tag noch bis nach dem Mittag hier genießen. Ich verbringe den frühen Morgen nochmals im noch ruhigen Mahabodhitempel.


    Im Allerheiligsten ein ins Gebet versunkener Lama in der Mitte zu Füßen der Buddhastatue, meditierende und rezitierende Mönche und Nonnen bescheiden an der Seite in dem engen Raum sitzend, die Mitte von einer riesigen Donationbox ausgefüllt. Ich drücke mich in eine Ecke und bin ergriffen von der ehrfürchtigen Atmosphäre.


    Dann passiert es: Laut schimpfend, vermutlich mit dem Inhalt, dass sie ihre Arbeit unter diesen Umständen nicht erledigen kann, kommt die Putzfrau rein, haut mir erstmal den Ellenbogen auf den Kopf, beginnt, den Teppich aus Blütenblättern zusammenzukehren, schlägt dabei das Tuch um, auf dem der betende Lama sitzt, kehrt verschiedene Mönchsknie und -hinterteile mal eben mit ab. Und der Lama betet und die Mönche meditieren und rezitieren und es liegen immer noch Blütenblätter auf dem Boden. Aber ich muss total lachen!


    Anschließend schüttele ich wieder meine “Freunde” der letzten Tage ab, die an mir kleben wie Pech, indem ich für den kurzen Weg zum Hotel eine Rikscha nehme. Auf dem Flug nach Delhi habe ich neben einer in den USA lebenden Inderin auf Heimatbesuch gesessen, die meinte, in anderen Ländern müsse man Angst vor Gewalt haben, in Indien werde man eher eingewickelt und charmant abgezockt. Das hat sie super auf den Punkt gebracht. Und genau das deutet sich hier mehr oder weniger professionell immer wieder an.


    Ich gehe am späten Vormittag zu Siddharths Shop und kaufe meinen Buddha und außerdem eine Silberkette, weil mein Band für mein “Om” vor ein paar Tagen gerissen ist. Siddharth bringt mich und meinen neuen Buddha zum Hotel und wartet vor dem Hotel auf mich, wir wollen noch zusammen Mittag essen. In dem einfachen Lokal nebenan bestellen wir Dosa. Ein Pilger stellt sich dazu und bittet um etwas Geld, er habe seit 3 Tagen nicht gegessen. Siddharth fragt ihn freundlich, ob er auch etwas essen will und bestellt ihm auch Dosa und Tee. Der alte Mann ist sehr dankbar und isst mit Appetit. Siddharth erklärt mir, man solle Bettlern in Indien kein Geld geben. Aber wenn jemand sage, er habe Hunger, könne man ihm etwas zu essen anbieten. Will er das nicht, dann könne es auch kein Hunger sein, sondern eher Geldgier. Die Pilger allerdings kämen tatsächlich oft ohne eine Rupie in der Tasche hierher, sodass es nie ein Fehler sei, eine Mahlzeit zu spendieren.


    Es bleibt noch etwas Zeit, in der mir Siddharth auf seinem Scooty noch ein paar Tempel zeigen will und wir machen noch eine sehr kurze Tour.


    Dann müssen wir uns leider verabschieden, denn ich muss noch die letzten Sachen packen und dann kommt schon mein Auto, das mich nach Gaya zum Flughafen bringen soll.









    In Kolkata angekommen, will ich ein Prepaid-Taxi zum Hotel nehmen. Aber für den niedrigen Prepaid-Preis zu fahren, ist wohl unbeliebt bei den Fahrern hier, sodass es eine ganze Weile dauert, bis mir ein Taxi zugewiesen wird. Der Fahrer rastet noch am Flughafen völlig aus und brüllt lautstark herum, dass er gar nicht wisse, wo mein Hotel sei und wie er da hinkomme und dass es sich nicht lohne. Der Fahrer wird aber gezwungen loszufahren und mir wird erklärt, ich solle mir keine Sorgen machen (ha ha ha). Wenn ich mich beschweren wolle, könne ich das dann unter der Nummer tun, die im Fahrzeug an die Innenseite der Tür geschrieben ist.


    Nun ja, Abenteuer pur. Der Fahrer fährt los und ich schwöre mir, mich gleich nach der Ankunft dann doch mit Uber zu befassen. Der Fahrer erklärt mir, dass er noch mindestens 300 INR Nachzahlung aufgrund der hohen Dieselpreise brauche und rastet gleich wieder aus, weil er umgehend im Stau steht. Vorerst teile ich meinen Standort mit Konsti und Sandeep und schreibe Sandeep, dass mir der Typ unheimlich sei und schildere in Stichworten die Situation. Er schaltet sofort, lässt sich von mir nochmals den Namen meines Hotels geben. Dann ruft er an und bittet mich, dem Fahrer das Telefon zu geben. Ich halte es ihm ans Ohr und höre, wie Sandeep völlig cool und beruhigend so etwas zu ihm sagt wie: “Ach, Bruder, wie schön, du sprichst Hindi.” Anschließend schreibt er mir, dass er dem Fahrer mit Google Maps den Weg zum Hotel erklärt habe und dass ich bei weiterem Fragen nach Geld einfach “ja” sagen, aber natürlich nicht zahlen solle. Immerhin wisse der Fahrer nun, dass er mich nicht verarschen könne, weil ich in Indien connected sei. Und ein Trinkgeld solle ich keinesfalls geben, denn so benehme man sich nicht einer Lady gegenüber, das dürfe ich nicht belohnen.


    Ich fühle mich im Auto trotz des gruseligen Fahrers ganz wohl, denn wir fahren nicht über die Schnellstraße, sondern nur durch belebtes Gebiet. Durch das offene Fenster nehme ich immer wieder Blickkontakt zu anderen Menschen auf, und ich weiß genau, dass ein lauter Hilfeschrei dazu führen würde, dass das Auto unmittelbar umringt wäre und der Fahrer auf seinen Platz verwiesen würde, dass man mir aus dem AUto helfen und dafür sorgen würde, dass ich ins Hotel komme. Ich verfolge die Fahrt auf Google Maps und muss dem Fahrer noch manchmal den Weg weisen.


    Dennoch bin ich froh, als ich endlich am Oberoi Grand in Kolkata angekommen bin. Etwas bescheidener geworden, fragt der Fahrer nach 100 INR “Nachzahlung” und bekommt 50 INR, die ich mir als Tip ohnehin vorgenommen hatte, was ihn wiederum zu einem weiteren wutentbrannten Aufschrei bringt. Aber ich bin schon samt Gepäck ausgestiegen und insofern soll er herumbrüllen, wie er will.


    Ich checke in diesen vornehmen Schuppen ein, werde von einer gepflegten Dame und einem mein Gepäck tragenden artigen Trainee, den diese als “nice child” bezeichnet, in mein Zimmer begleitet und breche fast sofort auf in die Stadt, um in der nahen Park Street ein Restaurant zu suchen. Ich esse sehr gut und gönne mir auch einen Cocktail und mache mich dann auf den verhältnismäßig kurzen Weg zurück zum Hotel.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Ufff...!

    Indien fasziniert mich keine Frage, aber es ist einfach nicht meine Mentalität.

    Es ist in jedem Fall eine wahre Wonne Deinen Berichten zu folgen und freue mich auf mehr! Man merkt absolut, dass Indien Deine Passion ist.

  • Indien fasziniert mich keine Frage, aber es ist einfach nicht meine Mentalität.

    Ich kann mir auch - abgesehen von der in beiden Ländern vorhandenen Spiritualität - auch keinen größeren Gegensatz vorstellen als den zwischen Indien und Japan!


    Es ist in jedem Fall eine wahre Wonne Deinen Berichten zu folgen und freue mich auf mehr! Man merkt absolut, dass Indien Deine Passion ist.

    Vielen Dank. Das freut mich sehr und ich kann das in Bezug auf deine Japan-Berichte nur zurückgeben.

    Mir macht es auch Spaß, über Indien zu schreiben, in Bezug auf Kanada und Jamaika (2021 und 2022) beispielsweise habe ich noch keinen Reisebericht fertig bekommen. Das war alles schön und interessant so, wie es war. Aber da bin ich einfach nicht so in den Erlebensflow gekommen.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Naja, ich denke, dass Du wesentlich mehr - wie Du irgendwo schön schriebst - Indien-connected bist, als es mir jemals mit Japan möglich wäre. Aber genau das macht Deine Berichte so wertvoll.

    Aber genug des Süßholz-geraspels.


    Ich hoffe ich komme demnächst mit meinem Japan-Bericht weiter. Zur Zeit macht mich die Arbeit fertig...

  • Mittwoch 2.11.2022 Kolkata


    Irgendwie habe ich so gar keinen Plan, was ich hier wie erreichen will. Und irgendwie scheine ich die Entfernungen zu unterschätzen. Kolkata ist eine Stadt, in der Kali verehrt wird. Zum Glück gibt es hier eine Metro, die mich erstmal an mein erstes Ziel bringt, den Dakshineswar Kali Tempel. Aber irgendwie habe ich keine Meinung dazu. Wahrscheinlich ist es mir hier zu modern und irgendwie zu sauber und zu gepflegt. Das Fotografieren drin ist wieder mal verboten und einmal mehr muss ich meine Tasche abgeben.






    Es gibt noch einen anderen, deutlich düstereren Kalitempel, den Kalighat-Tempel, den ich von hier aus direkt mit der Metro erreichen kann. Bis heute werden hier, und das habe ich in Nepal schon gesehen, lebende Tiere geopfert. Früher waren es männliche Menschenopfer, die noch in den 1880er Jahren hier langsam stranguliert wurden.


    Hier muss natürlich ein Kalimurti her, wenn ich schon einmal in der Stadt der Verehrung Kalis bin. Meine Kali steht nun in meinem Büro kämpferisch neben Ganesh, der beleidigt ist, wenn er nicht als allererster verehrt wird und neben Laxmi, die Glück und Wohlstand ins Haus bringen soll.


    Ich mache mich mit der Metro so langsam wieder auf in Richtung Hotel und bummele noch ein bisschen durch die Park Street, halte mich eine ganze Weile in einem der Buchläden auf, von denen es in Kolkata, der Stadt der Literatur und der Bildung, eine Menge gibt.



    Als ich am frühen Nachmittag wieder ins Hotel komme, stehen meine verstaubten Sandalen auf einem Tuch. Und nachdem ich das Tuch ein bisschen schräg gezogen habe, liegt es abends nach dem Turn Down Service wieder gerade. Abends stehen mit einem handgeschriebenen Gruß des Zimmerservice ein paar Plätzchen auf dem Tisch. Außer dem üblichen Shampoo usw. gibt es Deo, Körperpuder und Nagellackentferner. Und neben meinem Laptop liegt ein Reinigungsset fürs Display. Und außerdem, und das gefällt mir so gar nicht, sind alle meine Ladekabel aufgewickelt und mit einem Band fixiert, wann immer ich das Zimmer betrete.


    Das Hotel jedenfalls ist super. Hier lerne ich Mishti Doi kennen, eine Süßspeise, die aus reduzierter Milch, Joghurt und Zucker besteht und stichfest und stark gekühlt aus kleinen Tonschalen serviert wird.


    Jedenfalls chille ich am gepflegten Pool, nachdem ich irgendwo außerhalb in einem Biryani-Lokal war. Nachdem ich Biryani jahrelang unspektakulär bis doof fand, esse ich es auf dieser Reise tatsächlich oft.





    Abends ziehe ich los an den Hooghli. Kalkutta liegt nämlich gar nicht am Ganges, egal, was deutsches Liedgut verkündet und so für geografische Fehlbildung bei uns sorgt.


    Es ist lebensgefährlich, hier durch die Straßen zu gehen. Und während ich dachte, ich laufe mal fix durch den großen Park beim Hotel, bedeutet dieses, wie ein Hase Haken zu schlagen auf einer mehrspurigen Straße, die den Park durchzieht. Auf dieser fahren Autos, Motorräder, Busse und LKW lautstark hupend unbarmherzig und mit unverminderter Geschwindigkeit ihrer Wege, Ampeln jedoch sind nicht zu finden.


    Am Hooghli ist ein Abschnitt, der ganz nett ist, wenn man ihn erstmal gefunden hat, an dem man ohne Straßen überqueren zu müssen, direkt am Ufer entlanggeht. In der einbrechenden Dunkelheit ist so ziemlich jede Bank mit einem vorsichtig händchenhaltenden Pärchen besetzt, das ist hier nämlich streng verboten. In Indien gibt es sogar selbst ernannte Milizen, die Pärchen teilweise auch mit körperlicher Gewalt auseinandertreiben und sie sogar öffentlich blamieren und anfeinden. Ich gehe davon aus, dass ein Großteil dieser Jungs und Mädels hier in einigen Jahren eine arrangierte Ehe mit einem anderen Menschen eingehen wird als dem, neben dem sie nun sitzen.




    Aber von hier aus wieder auf die Straße zu finden, ist schon wieder ne Challenge, geschweige denn dann über die Straßen und durch den Park in die Nähe des Hotels. Ich nehme ein Taxi und lasse mich zur Sutter Street in der Nähe des Hotels fahren, ein ruhiges und ziemlich gepflegt wirkendes Traveller-und Backpackerviertel, wo ich noch eine Kleinigkeit essen will. Auf dem Display stehen angemessene 65 Rupees. Ich zücke einen Hunderter und akzeptiere ohne Groll, dass ich kein Wechselgeld erhalten werde. Aber der Fahrer ist der Meinung, er müsse 650 Rupees bekommen. Ich drücke ihm den Hunderter in die Hand und steige aus, sein Schimpfen ignorierend. Nun reicht es mir wirklich mit den Taxi-Abenteuern. Gleich nach dem Abendessen in der Park Street und nach der Ankunft am Hotel sehe ich mir die Uber-App genauer an und nutze sie auch ab sofort.

  • Donnerstag 3.11.2022


    Heute wird es besser, das Verhältnis zwischen Kolkata und mir. Vielleicht ist dieser Moloch auch einfach ein Platz, der ein längeres Warm Up benötigt, ähnlich wie Delhi.


    Das mit Uber klappt ganz gut, allerdings ist nur Barzahlung möglich, da ich hier in Indien keine Kreditkarte hinzufügen kann und Paypal nicht funktioniert. Man bekommt über die App den Namen des Fahrers und sein Kennzeichen mitgeteilt und eine PIN, die man beim Einsteigen dem Fahrer sagt, sodass beide wissen, dass der richtige Gast im richtigen Auto sitzt. Nur Englisch kann von den Fahrern, die ich ab jetzt nutze, nur einer wirklich, sodass kurze Telefonate über die App, sofern man sich nicht findet, kaum möglich sind.


    Es geht zum Flower Market am Fuße der Howrah Bridge. Es ist laut, geschäftig, dreckig und so gar nicht idyllisch. Ich bin nun auch nicht der Typ, der stundenlang wartet um ein heimliches Foto von Anwesenden machen zu können oder der einfach draufhält, sodass das heute tatsächlich lohnenswerte Fotografieren von Straßenszenen auch zu kurz kommt.





    Ich schaffe es tatsächlich, von hier ohne zum Roadkill zu werden, mich zum Univiertel durchzumogeln, wobei es beidseits der Straße immer wieder in Märkte geht, wo “Branchen” ihre Waren anbieten, beispielsweise Sarees ohne Ende.


    In einem unscheinbar versteckten Gurdwara sitze ich ein wenig, ruhe mich aus und kühle ab.


    Dann tauche ich ein in Marktszenen, die völlig ungeplant unvermittelt vor mir auftauchen: Tonnenweise Zitrusfrüchte wechseln hier den Besitzer.




    Ich komme im Univiertel an und finde mich zwischen einer unendlich langen Reihe von Buchverkaufsständen wieder.



    Ich bin eigentlich schon ziemlich knülle. Mutig geworden durch die ersten guten Uber-Erfahrungen und mehr Versiertheit im Kauf der Token für die Metro, beschließe ich aber, noch das Victoria Memorial anzusehen. Trotz Metro muss ich doch noch eine Weile laufen, denn das riesige Gelände hat nur 2 Eingänge. Und da ich einen davon verpasst habe, muss ich endlos außen am Zaun entlang und dann auf dem Grundstück nochmals um das Memorial selbst, da auch hier wieder nur ein Eingang vorhanden ist, das andere Tor ist nämlich der Ausgang und da darf ich nicht durch.


    Der schöne Garten bringt mich mit ein bisschen Abstand zum Straßenlärm wieder zur Besinnung.






    Ich finde ohne Umwege einen Ausgang und stehe in einem Geschäftsviertel. Ich reihe mich ein in die indische Art der Mittagsverpflegung, stelle mich an einen Bananenstand zu den ganzen Herren in Anzughose und Hemd und kaufe Minibananen einzeln, bis ich keine Bananen mehr mag. Das macht nicht zufrieden, sodass ich mich dann doch noch an einer Garküche anstelle und eine Portion Bratnudeln kaufe. Ich werde auf einem Hocker an einem Tisch neben andere platziert und esse meine Mahlzeit für 50 Rupees, umgerechnet 60 Cent.


    Nun ist aber definitiv wieder Ausruhen am Pool in der Hoteloase mitten im Zentrum angesagt. Souvik schickt mir einen Link, der besagt, dass es hier im Hotel spukt. Den Eindruck habe ich ja tatsächlich, so wie schon wieder mein olles Schlafshirt von der Stuhllehne auf einen Bügel in den Kleiderschrank geschwebt ist und das schiefe Läppchen unter meinen Schuhen nun wieder gerade gezuppelt ist.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • OK, wie verbringe ich den späten Nachmittag und den Abend? Hier gibt es einen Floating Market, ebenfalls praktisch nahe einer Metrostation. Dieser ist nun nicht sooooo spannend, vielleicht einfach, weil es kein Nachtmarkt ist, liegt aber in einem ruhigen und gepflegten Stadtteil, sodass ich wieder eine Facette Kolkatas kennenlerne.






    Per Uber fahre ich zur South City Mall. Ich möchte irgendwie wieder mal eine cleane Umgebung haben, etwas Moderne, denn auch das ist ja Indien. Hier tauche ich ein in westlichen Kommerz mit jeder Menge amerikanischer Ketten und einem riesigen Foodcourt und vielen Restaurants. Ich esse in einem Restaurant aus der amerikanischen Systemgastronomie. Ich glaube, es ist ein Chili’s, und bekomme Fajitas mit Steak, von dem mir versichert wird, dass es Büffel sei und kein Rind.










    Anschließend wird es mit Uber etwas schwierig, weil ich nicht kapiert habe, dass es einen Meeting Point gibt, der Fahrer aber nirgendwo anders halten darf. Zu guter Letzt klappt es doch und ich komme wohlbehalten wieder am Hotel an, wo ich noch einen Cocktail als Absacker trinke.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Freitag 4.11.2023 Kolkata - Delhi


    Heute geht es nach Delhi zurück, aber erst am Abend, sodass ich noch den ganzen Vormittag Zeit habe mir etwas anzusehen. Ich darf etwas verspätet auschecken und bekomme die Erlaubnis es mir dann am Pool gemütlich zu machen.


    Ich frühstücke nochmals ausgiebig und lasse mir wieder eine der interessanten Eierspeisen hier zubereiten und genehmige mir gleich zwei der leckeren Mishti Doi.






    Dann mache ich mich auf den Weg. Zu Fuß gehe ich durch die Straßen zum Motherhouse, wo Mutter Theresa gelebt und gewirkt hat und bestattet ist. Interessant, es mal gesehen zu haben. Die weinenden Menschen an ihrem Marmorsarkophag allerdings kann ich nicht wirklich nachvollziehen.



    Durch Straßen mit Metzgern, die Tiere am Straßenrand häuten, vorbei an den eigentlich menschenverachtenden und eigentlich verbotenen handgezogenen Rikshas, vorbei an malerischen Häusern geht es noch mit einem Abstecher über die Hallen des New Market hinter dem Hotel zurück.









    Ich checke aus und kann mich noch 2 Stunden in der Sonne am und im Pool ausruhen, bevor ich dort noch einmal dusche und mich reisefertig mache.


    Einer der äußerst freundlichen Bewacher des Hotels hält mir die Tür meines Autos auf. Die Fahrt zum Airport zurück ist Dank Uber weniger aufregend als der Hinweg, allerdings auch langweiliger, da der Fahrer die Schnellstraße nimmt.


    Ihr erinnert euch nach der langen Reise, dass ich spontan am Abflugtag einen neuen Flug gebucht habe? Da Lufthansa nicht nach Kolkata fliegt, muss ich also nach Delhi zurück. Das das günstig funktionieren würde, war mir bei der spontanen Flugbuchung vor 3 Wochen klar, denn Kolkata - Delhi ist eine Rennstrecke, die mehrmals am Tag von verschiedenen Airlines bedient wird.


    Ich habe mich für den Flug für Vistara entschieden, einen Ableger der Singapore Airlines, und kann die Airline nur empfehlen. Die fliegen auch fast täglich zwischen Frankfurt und Delhi, auch die Langstrecke soll, insbesondere in der hier erschwinglichen Premium Eco äußerst komfortabel sein.



    Irgendwann nach 20 Uhr lande ich in Delhi. Die Luft ist inzwischen zum Schneiden hier und Airvisual zeigt an, die Feinstaubbelastung sei gefährlich. Es wirkt tatsächlich neblig hier. Wie gefährlich das ist, zeigen mir auch sofort Anzeigetafeln am Flughafen und Sandeep empfiehlt mir, eine Maske zu tragen.



    Ashoks beide Söhne holen mich ab und bringen mich zum Metropolitan und Spa Hotel in Delhi. Ashok selbst ist auf Tour. Seine beiden Söhne haben den Auftrag, mir Geld mitzugeben, denn in den letzten Wochen wurden E-Visa in erheblichen Größenordnungen nicht genehmigt, und auch einige von Ashoks Kunden sind betroffen. Ashok möchte gerne die Anzahlung erstatten, aber Indien erlaubt keinen Geldtransfer außerhalb des Landes. Und so bekomme ich einen Stapel Rupien in Hundertern in die Hand gedrückt. Hm, Euro hätte ich lieber, aber morgen habe ich ja noch den ganzen Tag zum Ausgeben und ich komme ja ganz sicher wieder, auch wenn es verboten ist, Bargeld außer Landes zu bringen.


    Gut, für Ashok mache ich das, schließlich muss ich auch jetzt wieder meine Fahrt nicht bezahlen. Das finde ich sehr großzügig dafür, dass die beiden Jungs wegen mir nun 5 Stunden durch die Gegend kurven. Aber OK, es ist auch großzügig, über 200 Euro in einer Währung anzunehmen, die ich im Moment eigentlich gar nicht brauche. Sofort nach der Ankunft im Hotel schicke ich dem Unglückswurm, der daheim bleiben muss, sein Geld per Paypal, einen Dank bekomme ich allerdings nicht, weder direkt noch indirekt. Es ist spät, ich gehe direkt ins Bett.



    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Samstag 5.11.2022 Delhi - Deutschland


    Da der Flug nach Deutschland mitten in der Nacht geht und ich erst gegen 23 Uhr zum Flughafen muss, kann ich noch einen ganzen Tag durch Delhi streifen. Das Hotel habe ich wie immer für eine weitere Nacht gebucht, obwohl ich weiß, dass ich hier nicht mehr schlafen werde. Aber mir ist es wichtig, mich nochmals lang machen und duschen zu können und dass mein Gepäck sicher im Zimmer ist.


    Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es wieder… wohin wohl… zum Gurdwara Bangla Sahib. Nach 3 Wochen hier bin ich wohl wieder so weit eingeindischt, dass ich nicht mehr angesprochen werde. Dafür kann ich einen Yogi bei seinen morgendlichen Übungen mitten auf meinem Weg beobachten.





    Dann nehme ich eine Rikscha zum Main Bazar. Mein Ziel ist ein Silbergeschäft, wo ich zumindest einen Teil des Geldes in silberne Armreifen umwandeln will. In stundenlangem Palaver und Teegetrinke werden wir uns einig. In dem Fall weiß ich nicht, ob ich den Verkäufer mag, aber ich habe Spaß und finde den Preis, den ich letztlich bekomme, OK.


    Sandeep ist beeindruckt von meinem Erfolg beim Handeln und ich erkläre ihm, dass es mir eigentlich mehr um das Event geht als um den Deal. Ich frage ihn, ob seine Frau nicht mal mit mir shoppen gehen und mir noch ein bisschen das Handeln beibringen könne. Er meint, ich könne zwar sehr gerne mit ihr shoppen gehen, aber das mit dem Handeln beherrsche ich schon.



    Irgendwo noch etwas gegessen, dann ab ins Hotel, Packen, Nickerchen, abends nochmal in den Gurdwara, um ihn auch bei Dunkelheit einmal besucht zu haben.






    Dann geht es zum Connaught Place etwas essen, zurück zum Hotel, duschen, flugtauglich anziehen und das Uber bestellen zum Flughafen. Ashok ist besorgt um mich, hat aber keinen freien Fahrer. Manish will ich nicht wieder stundenlang durch die Gegend jagen. Ich soll ihm ein Bild vom Auto und vom Uber-Fahrer und das Kennzeichen und die Telefonnummer des Fahrers schicken und an Manish auch. Das mache ich natürlich nicht, sondern schicke einen Screenshot der Uber-Buchung. Aber obwohl es ihm so wichtig war, schläft er wohl schon und Manish auch (kein Wunder zu der Zeit). Beide sehen die Nachricht gar nicht.


    Da ich nun ja doch ein bisschen shoppen war und insbesondere auch Metallschälchen, Himalaya-Kosmetik und ohne Ende Räucherstäbchen gekauft habe, ist meine Tasche voll. Und wegen Buddha, Kali und eines Shiva Nataraj aus Bronze ist sie auch schwer und wird aufgegeben.


    Ich muss etwas an der Ausreise anstehen und setze mich dann in die gleiche Bar, in der ich 2019 schon so schmerzlich Abschied genommen habe, sitze auf demselben Platz vor dem gleichen Drink. 2019 hatte Sandeep mich genau hier zum Weinen gebracht, indem er schrieb: “You are always welcome, Mam. You know so much about our country. Thanks a lot.” Heute schreibe ich ihm meinen innigen Dank, dass er mich die ganze Zeit so lieb begleitet hat, mir so viel Rat gegeben hat, mir auch oft die Zeit auf langen Fahrten vertrieben hat, dass er mir vertraut hat, mich immer ermutigt und nie entmutigt hat, dass er ehrlich ist und auch sagt, wenn er denkt, dass mir etwas nicht gefallen wird und mir auch in sein Leben in unseren Chats Einblick gegeben hat, was für Inder nicht selbstverständlich ist.


    Mit jeder Indienreise habe ich das Gefühl, ich rücke näher heran ans Land, mit jeder Indienreise lerne ich Menschen auf eine immer speziellere Weise kennen, die mir dadurch, dass sie sie selbst sind, zeigen, wie Indien ist, in allen Facetten des Landes.


    Es ist November, und als ich am Sonntag im kälter werdenden Deutschland mit der Energiekrise lande und sofort am Montag aufbrechen muss zu unserer Weiterbildung, werde ich von vielen meiner Kollegen und Kolleginnen gefragt: “Hast du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, ganz dort zu bleiben?” Bis hin zu: “Fast hätte ich vermutet, du wärst dieses Mal da geblieben, wenn ich deine Bilder und Postings so angesehen habe.” Nein, ich werde sicher nicht dort bleiben, aber ich werde immer wieder dorthin zurückkehren.


    Es ist November, die Urlaubsplanung für das kommende Jahr muss gemacht werden. Als erstes reserviere ich mir einen Slot im März, in den 2,5 Wochen vor Ostern und noch im November ist das Ticket gebucht für den nächsten Trip. Ich freue mich schon soooo sehr!


    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Das war er nun, der Trip an so viele heilige Orte und zu so vielen herzlichen Menschen, die mich willkommen geheißen haben und zu den Gottheiten Krishna in Vrindavan, Rama in Orchha und Ayodhya, Shiva in Varanasi, Buddha in Bodhgaya und Kali in Kolkata.


    Das war der Trip zum Abenteuer, in eine völlig andere Welt, raus aus meiner eingeengten Welt und zu mir.


    Ich freue mich, dass ihr mitgereist seid!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Es war schön, fremd, nervig, interessant - eine große Vielfalt an Eindrücken, positiven und (für mich zumindest) weniger angenehmen.

    Mir hat Deine Reise gefallen, vielen Dank für den lebensnahem Bericht.


    Anscheinend wirst Du sehr bald schon wieder in Deiner spirituellen Heimat sein - und vielleicht dürfen wir Dich wieder ein Stück weit begleiten.


    LG

    Gusti

    redfloyd.........................................................................................Gusti
    redfloyd.gifGusti.gif


    Heaven is where the police British, the cooks Thai, the mechanics German, the lovers Italian and it is all organised by the Swiss.
    Hell is where the cooks are British, the mechanics Thai, the lovers Swiss, the police German and it is all organised by the Italians.

  • Anscheinend wirst Du sehr bald schon wieder in Deiner spirituellen Heimat sein - und vielleicht dürfen wir Dich wieder ein Stück weit begleiten.

    Das parallele Reisen, Schreiben und Posten klappt ja offenbar nicht. Aber ich denke, ich werde immer mal die wichtigsten Szenen kurzfristig schriftlich festhalten und dann daraus im Nachhinein einen Reisebericht basteln!

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • So, jetzt habe ich die letzten Reisetage nachgelesen und zu dir aufgeschlossen.


    Ich habe selten einen so spannenden Reisebericht gelesen. Vielen Dank schon an dieser Stelle für die tollen detaillierten Eindrücke und Einblicke!

    Das habe ich mir, nach dem Lesen von Seite 1, auch gerade gedacht!

    So viele Informationen über das Alltagsleben und das Denken vor allem der Männer...


    2 Seiten habe ich noch vor mir :)

  • So viele Informationen über das Alltagsleben und das Denken vor allem der Männer...

    Tatsächlich ist es leider oft so, dass man weniger mit Frauen zu tun hat, bzw. auf eine andere Art. Frauen haben oft noch weniger Bildung, sodass es weniger Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Und Frauen arbeiten oft nicht im Tourismus, sodass die Grundwahrscheinlichkeit zum Knüpfen von Kontakten eher gering ist.


    Sandeep meinte beispielsweise, dass seine Frau sich im Englischen zu unsicher fühle und zu schüchtern sei, um mit "uns Westlern" viel KOntakt haben zu wollen.


    Umso mehr habe ich mich auf dieser Reise gefreut, mit der Frau von dem Teastall in Orchha, mit Rahuls Frau Shivani, mit der Mutter und der Schwester von Anurag in Orchha in Kontakt gewesen zu sein!


    Um ehrlich zu sein: Manchmal gebe ich mich der Idee hin, auf meine alten Tage nochmals ein Business in und für Indien zu starten: Indienreisen von Frauen für Frauen, das Aufspüren und Aufbauen von Unternehmen, die von Frauen geführt werden und wo nur Frauen arbeiten: Taxiunternehmen, Guesthouses, Guides, Rikshafahrerinnen, die alle miteinander zu vernetzen und ihnen ermöglichen Geld zu verdienen und als Geschäftsfrauen Selbstbewusstsein zu tanken und Vorbild für die nächste Mädchengeneration zu sein... Und das gleichzeitig damit, dass man für westliche weibliche Gäste eine sichere Umgebung schafft, die zudem ermöglicht, Indien durch die Augen der eigenen Geschlechtsgenossinen zu betrachten.


    Es ist zu schade, dass beispielsweise auch Ashok das Potenzial seiner aufgeweckten Enkelin nicht sieht. Er hat ihr verboten, mit einem gleichaltrigen deutschen Jungen (beide jetzt etwa 12) online in Kontakt zu sein. Und dabei sind seine Enkel (zwei Mädchen und ein Junge) seine Zukunft, wenn es darum geht, irgendwann das Unternehmen weiterzuführen, was die Kleine, sofern sie dort reinwächst, möglicherweise bereits aufgrund der besseren Bildung, die sie bekommt, besser kann als sein Sohn.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

    Edited once, last by Inspired ().

  • Ich denke, solche Kontakte erschließen sich erst, wenn man mehr als ein- oder zweimal ein Land bereist hat und auch willens ist, sich gezielt auf das Land mit seinen Strukturen einzulassen.


    Dass das mit einem wohlverdienten Erholungsurlaub, egal ob alleine oder mit Familie überhaupt nichts zu tun hat, ist mir klar!


    Deine und Ingos Äthiopienreisen sind ein weiteres Beispiel dafür.

    Ich habe das in Myanmar so erleben dürfen.


    Deine Idee finde ich großartig, aber im großen Indien sind meiner Meinung nach derzeit weder Männer noch Frauen bereit dafür:

    Vielleicht tatsächlich erst ein Projekt für Deine alten Tage?


    Denn Bhutan hat das inzwischen geschafft!

  • Deine Idee finde ich großartig, aber im großen Indien sind meiner Meinung nach derzeit weder Männer noch Frauen bereit dafür:

    Das ist leider wahr!


    Frauen arbeiten hart auf dem Bau und auf dem Feld, arbeiten bei Dienstherren der Oberschicht im Haushalt, machen nebenbei den eigenen Haushalt. Aber die Frauen, die Tatkraft auch gegen die Tradition entwickeln und sich trauen, Ideen zu haben, diese zu Ende zu denken und durchzusetzen, die müssen erst noch heranwachsen in einem Land, in dem es revolutionär ist, dass Frauen aus Protest abends spazierengehen um darauf aufmerksam zu machen, dass das nicht unanständig ist, sondern dass es unanständig von der Gesellschaft ist, dass sie dabei um ihre Sicherheit fürchten müssen.

    "Your soul was born in India!"

    (Vinod zu mir in Gujarat im März 2023)

  • Ich habe still und begeistert mitgelesen von Deinen Abenteuern, von Beginn an, wie Du es doch noch gemeistert hast mit der Einreise bis zu den vielen netten persönlichen und den spirituellen Begegnungen. Es ist schön, wie Du über die vielen Reisen solche Freundschaften aufgebaut und gepflegt hast.

    Ganz, ganz klasse, vielen lieben Dank für die ausführlichen Berichte und die Fotos.

  • Ich habe Deinen Bericht wieder verschlungen. So tiefe, so tolle Einblicke in Indien. Ich bin jedesmal total angetan, was Du zu erzählen hast. Und auch wie Du es erzählst!

    Vielen lieben Dank für den bunten, spannenden Bericht und die ebenso bunten Fotos (die mich immer ein wenig an meine Nepal-Reisen erinnern).

  • Auch von mir vielen Dank fürs Mitnehmen!


    Die Idee eines Netzwerks von Frauen, die Indienreisen für Frauen anbieten und die sich ihren Platz in der indischen Geschäftswelt erobern, finde ich wunderbar. Vielleicht lässt sich so etwas heute oder morgen noch nicht umsetzen, das weiß ich nicht, aber vielleicht kannst du tatsächlich dazu beitragen, die Saat dafür zu legen, dass sich ein solches Netzwerk bildet, einfach nur indem du in Indien eine solche Möglichkeit zur Sprache bringst.


    Ich wünsche dir alles Gute für die jetzige Reise und würde mich über einen Bericht freuen, egal ob live oder irgendwann später!

  • Hallo Birgit,

    das war ja mal wieder eine schöne Reise von Dir. Ach ja, Indien ist schon ein interessantes Land. Bin gespannt, wann wir es mal wieder schaffen.

    Viele Grüße
    Petra