Mit meinem ersten Arbeitstag nach der Japan-Reise!
Voller Horror öffne ich das Postfach ob der zu erwartenden Flut angesammelter Mails. Eine der ersten, kurz nach meiner Abwesenheit: "...bitte testet Euch, wir haben einen Fall im Büro!"
Hätte ich die Mail ein oder zwei Tage vor meiner Abreise gelesen, ich wäre tausend Tode gestorben! Drei Jahre bangen und hoffen, und dann so etwas.
Es ist sicherlich ungewöhnlich mit dem ersten Arbeitstag nach der Japanreise zu beginnen, aber es beschreibt dieses seit der Pandemie über alles schwebende "Damokles-Schwert" am Besten.
Mit meinem "man kann ja mal träumen - Japan 2022-23-24?" versuchte ich meine Sehnsucht zu verarbeiten und etwas rumzuspinnen. Teilweise war ich schon sehr wütend, weil Japan sich einfach nicht öffnete. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Erst ging es darum die Flüge zu retten, ein Reisebüro mit Bürge-Funktion zu finden, Visa zu beantragen, ein Heiden-Aufwand und Mehrkosten. Dann die MySOS App mit einem Eid, den man leisten musste. Den internationalen Impfnachweis für JEDE der drei Impfungen.
Und über allem schwebte dieses Damokles-Schwert, und mit einem seichten Hauch könnte jederzeit der Faden reißen und drei Jahre "träumen" zunichte machen. Zu allem Überfluss verpasste ich dann noch die Frist für eine Reiserücktrittsversicherung.
Mittlerweile kannte ich keine Familie mehr bei Kollegen, Bekannten und Verwandten, welche nicht mindestens einmal Corona hatten - außer mich, meine Frau und meine Tochter (ihr Freund hatte bereits das Vergnügen). Und obwohl ich mir seit 2020 kaum Gedanken um eine Infektion gemacht habe, als es nun Ernst mit der Reise wurde, ich hatte die absolute Panik, dass es uns auf der Zielgeraden erwischt. Oder auch in Japan...
Auch deswegen habe ich versucht, die Vorfreude nicht zu nah ranzulassen, um nicht kurz vorher eine bittere Enttäuschung zu erleben.
Für den Taxi-Fahrer, welcher uns zum BER brachte, waren wir die ersten Fahrgäste nach seinem Urlaub auf irgendeinem Inselparadies. Mit Japan konnte er nicht viel anfangen, genauso wie ich mit seinen 3 Wochen Hängematte. Aber seine Verabschiedung "bleiben Sie mir bloß gesund!" war dann nochmal berühmte Finger in der Wunde. Aber nun gab es kein zurück mehr.
Allein schon als Berliner zum ersten Mal auf den berühmt/berüchtigten BER. Seid 2019 nicht mehr geflogen, und die erste Hürde: keine Schalter mehr zum aufgeben des Gepäcks! Das ganze Vertrauen schenke ich einen Automaten, und wie von Geisterhand verschwindet mein Rucksack auf dem Förderband um hoffentlich am andern Ende der Welt wieder aufzutauchen.
Die Flieger waren knacke-voll. 95 % der Passagiere waren "oben ohne". Lustig, wie sie dann aber in Japan bei der Einreise alle brav den Schnuten-Pulli anhatten. Jaja, die Dualität des Menschen...
Im Jumbo saßen viele aufgeregte junge Leute. Ein junger Mann hinter uns möchte das gleiche machen wie unsere Tochter 2018/19. Ein anderer junger Mann neben uns gehört zu einer Reisegruppe, welche in Yokohama unterkommt. Seine MySOS App ist noch rot, und ich sehe schwarz für ihn, denn ich kann ihn ohne Internet und greifbare Unterlagen nicht helfen. Hotel? Keine Ahnung wie das heißt, genauso wenig Adresse oder Telefon-Nummer. Die Jugend von Heute...
Ich werde zur gefragten Anlaufstelle aller Sitzreihen meiner Umgebung, was das korrekte Auszufüllen des weißen Einreisezettels und des gelben Zoll-Zettels betrifft, welche Lufthansa bereits nach 2 Stunden Flugzeit austeilte. Dass das gut war, sollte sich noch bei der Einreise herausstellen.
Ich hatte mit meiner Frau ausgehandelt, dass ich den ersten Teil der Reise am Fenster sitze, und sie dann eigentlich das Beste mit der Landung verfolgen kann. Doch ich habe nicht die Rechnung mit den geografischen Besonderheiten der südlichen Flugroute gemacht. War die sibirische Flugroute nur mit einer sehr kurzen Nacht versehen, so dass man viel die unendlichen Weiten Sibiriens aus großer Höhe bewundern konnte, wurde es schon auf Höhe des südlichen Ufers des schwarzen Meeres duster, und die Nacht dauerte ewig, bis endlich auf Höhe von Peking es hell am Horizont wurde. Süd-Korea war auf Höhe von Seoul schnell überflogen, mit Blick auf die Berge von Nordkorea.
Dann wieder Meer, und dann endlich Japan, die Inseln Nishinoshima, Nakanoshima, Okinoshima, Auf das "Festland" von Honshu treffen wir auf Höhe von Tottori, überfliegen Kyoto, vorbei am Biwa-See, Nagoya, Hamamatsu, am Horizont sind die südlichen jap. Alpen zu sehen. Wolkenfelder machen einen möglichen Blick auf den Fuji zum Lotto-Spiel. Shizuoka, die Bucht von Suruga, Izu in Sichtweite. Jetzt müsste doch irgendwo endlich der Fuji zu sehen sein?! Obwohl nun am Fenster sitzend, war der Rest eines Films meiner Frau wichtiger...
Und dann trifft einen der gewaltige Vulkan doch wieder unvorbereitet. Was für ein majestätischer Anblick! Bilder können das nicht widergeben. Einige Handys werden uns für Fotos von in der Mitte sitzenden Leuten gereicht. Ein kurzer Bogen übers Meer, und schon geht´s runter auf Haneda.
Und schon holt einen die Gegenwart ein. "Geehrte Fluggäste, bitte bleiben sie sitzen, bis die Gesundheitsbehörde den Ausstieg frei gibt". Was dahinter steckt? Nun, insgeheim zieht sich ein Schwarm "Raubfische" im Gate zusammen, der uns umzingeln wird und den man nicht entkommt! Nach wenigen wackligen Metern und zwölfeinhalb Stunden Flugzeit stoßen die Jäger gnadenlos zu: "MySOS-App! My SOS-App!" Mit meinem Trolley jonglierend und noch offenen Schuhen und meine Frau im Blick behaltend versuche ich irgendwie umgehend das Flughafen Wifi aktivieren um den "blauen Bildschirm" der App präsentieren, ansonsten geht es keinen Meter weiter. Ich schaffe es und bekomme ein Schildchen, was wie ein Backstage-Pass vor weiteren "Abfangjägern" schützt. Mit dem Schild geht es zu unzähligen Plätzen, an denen die App mittels QR Code eingelesen wird. Hier passiert man das erste Mal eine Fiebermessschranke, ohne dass es viele Passagiere überhaupt mitbekommen. Lustiger weise ist das Free-Haneda Wifi an dieser Stelle zu schwach. Zwar öffnet die App ihren blauen Bildschirm, der mich bis hier her gebracht hat, doch im zweiten Schritt kann ich nicht den QR öffnen. Die Dame hinter einer Plexiglass-Scheibe fordert diesen aber vehement ein und ich werde langsam ziemlich genervt, weil ich alles versuche, den QR Code zu zeigen. Über ein weiteres Wifi schaffe ich es endlich, und ich darf zur eigentlichen Einreise weiter. Über einen roten Zettel werde ich noch mal über sämtliche Verhaltensweisen zur Eindämmung der Pandemie ermahnt. In der Warteschlange zur Einreise laufen über Bildschirme weitere "Comics", wie man sich in Japan (z.B. im ÖPNV) korrekt verhält. Nirgendswo kann man sich hinsetzen um z.B. die Einreisezettel in Ruhe jetzt auszufüllen. Wer nun nicht alles korrekt fertig hat, bekommt so seine Probleme bei den Einreise-Beamten. Unseren jungen Sitznachbar mit der noch roten App sehe ich nicht wieder...
Endlich bin ich dran. Mit echtem Erstaunen nimmt der Beamte mein nun nicht mehr notwendiges Visum im Pass wahr. Er holt sogar einen zweiten Kollegen dazu. Die beraten und ich verstehe die Aufregung nicht, doch dann: Willkommen in Japan!
Das alles ging verflixt schnell, ohne dass man sich irgendwie sammeln konnte...
Der Zoll ist kein Problem, aber die Gepäckausgabe dauert ewig. Ein winziger Bonsai-Beagle umschnüffelt uns derweil -zig mal und unsere Kabinengepäck. Bei der fünften Runde des Zwergs während der Wartezeit zeigt er wohl bei uns (mir und meiner Tochter) an. Wir müssen mit meinem Trolley und Tochters Rucksack zur Sonderkontrolle. Die Beamtin findet ein leeres Sandwich-Papier bei meiner Tochter, welches noch aus Frankfurt stammt.
Am Ausgang erwartet uns ein junger Mann mit einem Schild und meinem Namen. Wir bekommen unsere Pocket Wifi, diverse Voucher für Railpass, Hakone Free-Pass, diverse Touren und die noch fehlenden Suicas. Ob wir noch Fragen haben? Er schnippt eine Große, schwarze Limousine am Ausgang heran, die entpuppt sich als Auto unseres ersten Hotels in Akasaka. Ich habe Angst um den schmächtigen, älteren Chauffeur wegen unserer schweren Koffer. Müde und erschöpft fahren wir in einen strahlenden Vormittag und werden mitten in einer geschäftigen und hippen Gegend von Akasaka vor dem Hotel ausgeladen. Wir kommen uns spontan wie Außerirdische vor. Es kann los gehen.
Fortsetzung folgt...